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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Mast, außerhalb der Reichweite einer Pistole, ganz gleich aus welcher Richtung, und er wartete. Er umkreiste den Mast vorsichtig, drehte den Kopf in langsamen, gleichmäßigen Bewegungen. Er war hellwach, sämtliche Sinne geschärft, für alles bereit.
    Hunter handelte unvernünftig: Er stürmte vor und feuerte beide Pistolen ab. Eine Kugel riss Splitter aus dem Großmast und die andere traf Sanson in die Schulter. Der Franzose knurrte, schien die Verletzung aber kaum zu bemerken. Er fuhr herum und schoss die Armbrust ab. Der Pfeil zischte an Hunter vorbei und bohrte sich hinter ihm ins Holz.
    Hunter flüchtete zurück zu dem Niedergang, und als er die Stufen hinuntersprang, hörte er schon Sansons laufende Schritte. Er sah noch mit einem flüchtigen Blick, dass Sanson, beide Pistolen gezückt, hinter ihm her stürmte.
    Hunter versteckte sich unter der Niedergangstreppe und hielt den Atem an. Er sah Sanson direkt vor sich, wie er hastig die Leiter heruntergeklettert kam.
    Als Sanson schließlich auf dem Kanonendeck stand, mit dem Rücken zu Hunter, sagte Hunter mit kalter Stimme. »Keine Bewegung.«
    Sanson war blitzschnell. Er schnellte herum und feuerte beide Pistolen ab.
    Die Kugeln pfiffen Hunter, der sich tief geduckt hatte, über den Kopf hinweg. Jetzt richtete er sich auf, die Armbrust im Anschlag.
    »Es ist nicht immer alles so, wie es scheint«, sagte er.
    Sanson grinste, hob die Arme. »Hunter, mein Freund. Ich bin wehrlos.«
    »Rauf an Deck«, sagte Hunter mit ausdrucksloser Stimme.
    Sanson stieg die Stufen hoch, die Hände noch immer erhoben. Hunter sah, dass der Franzose einen Dolch im Gürtel hatte. Seine linke Hand senkte sich langsam.
    »Lass das.«
    Die linke Hand erstarrte.
    »Rauf.«
    Sanson stieg hoch, gefolgt von Hunter.
    »Ich krieg Euch trotzdem, mein Freund«, sagte Sanson.
    »Das Einzige, was du kriegst, ist ein Pfeil in den Arsch«, versprach Hunter.
    Beide Männer waren jetzt auf dem Hauptdeck. Sanson wich rückwärts Richtung Mast.
    »Wir müssen miteinander reden. Wir müssen vernünftig sein.«
    »Warum?«, fragte Hunter.
    »Weil ich den halben Schatz versteckt habe. Seht«, sagte Sanson und befingerte eine Goldmünze, die er um den Hals trug. »Hier habe ich die Stelle markiert, wo der Schatz zu finden ist. Der Schatz von der Cassandra. Das möchtet Ihr doch bestimmt gern wissen, oder etwa nicht?«
    »Doch.«
    »Na, dann haben wir einen Grund zu verhandeln.«
    »Du hast versucht, mich zu töten«, sagte Hunter, die Armbrust ruhig auf Sanson gerichtet.
    »Hättet Ihr das nicht auch versucht, an meiner Stelle?«
    »Nein.«
    »Natürlich hättet Ihr«, sagte Sanson. »Es ist blanker Unsinn, das abzustreiten.«
    »Vielleicht hätte ich«, sagte Hunter.
    »Wir mögen einander nicht.«
    »Ich hätte dich nicht hintergangen.«
    »Oh doch, wenn Ihr die Möglichkeit gehabt hättet.«
    »Nein«, sagte Hunter, »ich habe so etwas wie Ehre –«
    In diesem Augenblick ertönte hinter ihm eine helle Frauenstimme: »Oh, Charles, Ihr habt ihn –«
    Hunter wandte nur ein klein wenig den Kopf, um zu Anne Sharpe zu schauen, und in dieser Sekunde sprang Sanson vor.
    Hunter feuerte unwillkürlich. Mit einem Wusch! schnellte der Armbrustpfeil heraus. Er zischte über das Deck, traf Sanson in die Brust, hob ihn von den Füßen und nagelte ihn an den Großmast, wo er mit hilflos zuckenden Armen hängen blieb.
    »Ihr habt mich hintergangen«, sagte Sanson, dem Blut von den Lippen tropfte.
    Hunter sagte: »Du hattest deine Chance.«
    Dann starb Sanson, und der Kopf sank ihm auf die Brust. Hunter zog den Pfeil heraus, und der Körper sackte auf die Planken. Er nahm Sanson die Goldmünze mit der eingeritzten Schatzkarte ab. Anne Sharpe hatte eine Hand an den Mund gehoben, während sie zusah, wie Hunter den Körper zur Reling schleifte und über Bord bugsierte.
    Er trieb im Wasser.
    Die Haie umkreisten ihn argwöhnisch. Dann kam einer näher und zupfte an dem Fleisch, riss ein Stück heraus. Dann ein weiterer und noch einer. Das Wasser brodelte auf und schäumte blutig. Es dauerte nur wenige Minuten, dann verblasste das Rot und das Wasser war wieder still und Hunter wandte den Blick ab.

EPILOG
    Charles Hunter suchte das ganze Jahr 1666 vergeblich nach Sansons Schatz, wie aus seinen Memoiren mit dem Titel Ein Leben unter den Freibeutern der Karibischen See hervorgeht. In der Goldmünze war keine Karte eingeritzt, sondern eine seltsame Reihe von Dreiecken und Zahlen, die Hunter nie enträtseln konnte.
    Sir James

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