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Goldener Sonntag

Goldener Sonntag

Titel: Goldener Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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beide bis in alle Ewigkeit um den Käfig herumrennen, der anscheinend unempfindlich gegen die Macht der Schlüssel war. Aber es blieb ja noch eine andere Richtung!
    »Woher soll ich wissen –«, setzte Arthur an, doch statt weiterzureden, sprang er aus dem Stand mühelos zwei Meter in die Luft und richtete einen weiteren Energiestoß auf den Schnitter.
    Selbst darauf war der Bürger gefasst: Er hechtete auf den Boden und rollte sich weg, und wenngleich ein kleiner Teil der Energie ihn erreichte, so wurde doch der Großteil von seiner Sense abgelenkt.
    Leichtfüßig kam Arthur wieder auf und rannte rechtsherum; der Schnitter sprang auf und rannte in dieselbe Richtung.
    »Was hast du Elefant angetan? Und wo ist Blatt?«, fragte Arthur.
    »Ergebt Euch, und ich werde es Euch sagen«, erwiderte der Schnitter.
    Arthur schaute auf den Käfig.
    Wenn ich da draufspringe, krieg ich ihn!, dachte er .
    Er hatte sich schon zum Sprung gespannt, als plötzlich die Stimme des Vermächtnisses in seinem Kopf dröhnte.
    Nein, Arthur! Der Käfig bringt dich um! Du darfst die Stäbe nicht berühren! So ist es auch deinem Elefanten ergangen!
    Arthur stolperte nach vorn und schaffte es mit knapper Not, anzuhalten, das Gesicht nur Zentimeter vom Käfig entfernt. Aus dieser geringen Entfernung sah er auf einmal, dass der Apfelbaum kein bloßer Baum war: Seine Rinde und Blätter und Apfel bestanden aus winzigen, sich bewegenden Lettern, die in Zeilen von Kleinbuchstaben angeordnet waren. Der Baum war Teil Sieben des Vermächtnisses.
    Arthur betrachtete ihn einen Moment zu lang und gab damit dem Schnitter seine Chance. Die Sense durchschnitt die Luft; Arthur sah ihren Schatten und wich aus, doch nicht schnell genug: Die Klinge schlitzte ihm den Arm von der Schulter bis zum Handgelenk auf, und er ließ den Sechsten Schlüssel fallen.
    Der Schmerz war heftig und hätte einen normalen Jungen außer Gefecht gesetzt, aber Arthur hatte schon seit Langem gelernt, mit Schmerz fertig zu werden. Er wirbelte herum und feuerte aus dem Fünften Schlüssel einen Energiestrahl auf den Schnitter ab.
    Diesmal verfehlte er sein Ziel nicht: Die weiß glühende Entladung durchschlug den Rock aus Herbstlaub und die grüne Weste darunter und dann die Brust des Bürgers, in die sie ein tellergroßes Loch brannte.
    »Autsch!«, sagte der Schnitter. Er taumelte ein paar Schritt zurück und setzte sich hin.
    »Was hast du mit Blatt gemacht?«, fragte Arthur noch einmal. Er versuchte, den Sechsten Schlüssel aufzuheben, doch sein Arm war unbrauchbar.
    Ungeduldig konzentrierte er sich auf den Fünften Schlüssel und befahl ihm, ihn zu heilen. Noch mehr Schmerzen peitschten durch seinen Körper, aber er biss die Zähne zusammen, während sein Fleisch in wellenartige Bewegung geriet und sich umformte. Binnen weniger Sekunden war sein Arm wieder heil. Arthur grunzte und nahm den Federkiel an sich.
    Die Sense des Schnitters lag neben dem Bürger; Arthur hob auch sie auf und warf sie über den Rand des Hügels. Sie flog mehrere Hundert Meter weit. Arthur sah ihr einen Moment lang nach und wünschte sich, er hätte nur einmal einen Ball so weit werfen können. Aber das hatte er nie gekonnt, und er wusste, dass es auch nie mehr dazu kommen würde.
    »Ich habe jetzt nicht mehr das Herz, gegen Euch zu kämpfen«, sagte der Schnitter und deutete auf seine hohle, ausgebrannte Brust. »In Wahrheit war es eine ausgemachte Sache, aber ich habe meine Rolle gespielt. Nun wird sich mein Gebieter mit Euch befassen.«
    Er zeigte auf etwas am Himmel.
    Arthur folgte seinem Blick. Eine Libelle war im Anflug; sie kehrte vom Turm und dem Rauch zurück und war im Moment noch weit entfernt, aber bis zu ihrer Ankunft konnte es sich nur um Minuten drehen.
    »Nicht wenn ich das Vermächtnis habe!«, entgegnete Arthur. Er drehte sich wieder zum Käfig um und kniete neben Elefant nieder. Dann senkte er den Kopf, flüsterte etwas, was niemand sonst je erfahren würde, und hob seinen ältesten Freund auf, wobei er äußerste Sorgfalt walten ließ, als er den Rüssel des Tiers zwischen den Käfigstäben herauszog. Danach brachte er ihn mit ganz langsamen Schritten zu der Quelle und legte ihn auf dem frischen grünen Gras nieder, gleich neben dem klaren Wasser.
    Der Schnitter sah ihm dabei zu, machte aber keine Anstalten, sich einzumischen.
    Arthur kehrte zum Käfig zurück und besah sich die rechteckige Tür auf der Vorderseite. Sie besaß eine briefmarkengroße Schlossplatte mit einem ganz kleinen

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