Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
Bücherregal durch. Die Büchersammlung war nicht umfangreich, enthielt aber viel russische Literatur, sogar in Originalsprache. Schließlich durchleuchtete ich sämtliche Winkel des Kleiderschrankes und aller Kommoden, aber ebenfalls ohne Erfolg.
Die gleiche Prozedur erfolgte im Wohnzimmer, das Sofa und die Sessel wurden zur Seite gerückt, die Fächer der Anbauwand ausgeräumt bzw. durchleuchtet. Ich versuchte mir vorzustellen, wo ich so ein Tagebuch verstecken würde, fand aber trotzdem nichts. Flur und Balkon waren schnell durchstöbert, blieb nur noch die Küche. Wir durchsuchten sämtliche Küchenschränke und die Ritzen dazwischen und dahinter, dann resignierten wir. Herr Luchterhand griff zum Wasserkessel, um eine Kanne Tee aufzubrühen und ich betrachtete eingehend sein Bratkartoffellabor aus frischen Kräutertöpfen am Fenster, Unmengen an Gläsern und Dosen mit getrockneten Ingredienzien und einigen gefüllten Schmalztöpfen, aus denen ein aromatischer Duft stieg.
„Wie weit bist du denn auf der Suche nach der perfekten Bratkartoffel?“, fragte ich eher scherzhaft, wobei ich lässig an der Wand lehnte. Doch er erwiderte mir völlig ernsthaft, dass er kurz vor dem Durchbruch stehe. Er habe einen Plan für diverse Mischungen, die er noch ausprobieren müsse und darunter werde garantiert die eine sein, die er immer gesucht habe. Ich nickte interessiert und versuchte mir die Belustigung nicht anmerken zu lassen, die mich überkam, wenn er von seiner Leidenschaft für Bratkartoffeln sprach. Dennoch barg diese Belustigung durchaus auch Bewunderung für diesen Feuereifer, mit dem er sich dieser einzigen Aufgabe widmete. Während des Gesprächs klappte er die Herdabdeckung ein Stück nach vorne, um nach einem Topflappen zu greifen, als ich eine kleine Ecke Metall direkt aus der Tapete hinter der Herdabdeckung hervorragen sah.
„Was ist das denn?“, fragte ich neugierig und zeigte darauf.
„Ach, das ist so ein alter Lüftungsschacht. Den haben sie bei den Dacharbeiten zugemauert, aber das Loch ist noch da und die Metallabdeckung schließt nicht richtig. Lässt sich elendig schlecht übertapezieren.“
„Mach doch mal auf!“
„Wie? Ach nein, dann hab ich ja ein Loch in der Tapete.“ Er schüttelte energisch den Kopf.
„Also wenn ich ein Tagebuch hätte, dann würde ich es genau dort verstecken. Und kaputt ist die Tapete sowieso schon.“
Mein Vorschlag ging ihm gewaltig gegen den Strich, das merkte man. Trotzdem gab es etwas, das ihn drängte, es dennoch zu tun. Vielleicht der Wunsch, seine Vergangenheit wiederzufinden.
Er gab so etwas wie ein Pusten von sich und flüsterte fast wie zu sich selbst: „Na gut...“, griff auch gleich zu einem Messer und zerschnitt die Tapete an der Kante der Metallplatte, bis diese leicht in Form einer Tür zu öffnen war. Auf den ersten Blick sah man nur Geröll, Schutt und viel Dunkelheit.
„Sag ich doch, da ist nichts. Nur der Dreck, der den Lüftungsschacht heruntergepurzelt und liegen geblieben ist.“
Ich war zur gleichen Zeit schon im Flur, um die Taschenlampe zu holen, die wieder ordentlich an ihrem Platz hing. Als ich in den Schacht hineinleuchtete, fiel mir zuerst nichts auf, doch dann schien mir, als könne ein rotbraunes Ding, das unter dem Schutt hervorschaute, nicht zu einem Stein gehören. Ich bat Klaus Luchterhand, einen neuen Müllsack, Handfeger und Schaufel zu bringen und begann vorsichtig, den Schutt hinauszufegen, bis unter dem weißen Staub und den Mörtelklumpen tatsächlich so etwas wie ein Ledereinband zum Vorschein kam. Hinter mir hörte ich einen leisen Aufschrei. „Mein Gott!“ Irgendwie konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Herrn Luchterhand der Fund des Tagebuches mehr erschreckte als freute. Er sah sehr bleich aus, beteuerte jedoch auffällig laut seine Freude über meinen guten Einfall.
Ich reichte ihm das staubige Büchlein, aber er weigerte sich erst, es an sich zu nehmen, versteckte seine Hände in den Hosentaschen und ging mehrere Schritte zurück. Ich meinerseits weigerte mich umgekehrt, es zu lesen, bevor er einen Blick hineingetan hätte. Schließlich war es sein Tagebuch und ich wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen. Fast mürrisch nahm er es nun doch, machte jedoch keine Anstalten, hineinzuschauen.
„Na los! Was überlegst du noch lange. Jetzt hast du es.“
Er sah mich an mit einem Blick, der mir aus weiter Ferne zu kommen schien, kaute auf seinen Mundwinkeln und sagte
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