Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
habe es auch nicht verstanden, aber ich war bereit, alles für sie zu tun. Na ja nicht gleich. Anfangs hab ich natürlich gezögert und hoffte, dass ich ihr die Sache wieder ausreden kann.“
„Wie? Du sagst, du hast sie geliebt, und warst trotzdem nicht bereit, sofort alles für sie zu tun?“
Diese ironische Spitze, die mir schneller von der Zunge rutschte als dass ich bis Zwei hätte zählen können, sollte ein harmloser Scherz sein, doch ich war überrascht, was für eine offensichtliche Wirkung sie auf Herrn Luchterhand hatte. Er wurde puterrot, als hätte ich ihn gerade bei einer Lüge ertappt und begann sich stotternd zu rechtfertigen.
„Schon gut“, unterbrach ich ihn. „Ich fände es erschreckender, wenn du es wirklich ohne Nachdenken getan hättest.“
Herr Luchterhand sah mich an, als wüsste er nicht, was er von diesem Satz halten sollte und ich schätze, manch einem meiner Leser wird es genauso gehen. Sein Blick wurde unsicher und ängstlich, erinnerte mich an den eines Schülers, der vom Lehrer angesprochen wird und die Frage nicht verstanden hat. Endlich fing er sich, wiegte konzentriert den Kopf und versuchte sich zu erinnern, wo er in seiner Erzählung geendet hatte. Ich schwor mir, dass ich nie wieder solch eine Bemerkung machen würde, denn ohne das würde sich dieses Gespräch sicherlich erheblich verkürzen lassen.
„Also, kurz gesagt, sie eröffnete mir, dass im Westteil der Stadt ein stattlicher Rest des einstmals geraubten Zarengoldes läge und dass sie erst wieder glücklich werden könne, wenn sie es an sich bringen könnte, zumal es ihr, der Großfürstin Sophia Alexejewna eigentlich gehöre und nicht den jetzigen Besitzern, dreckigen Seeräubern und deren Nachfahren. Sie hatte sogar schon einen Plan und kannte fast sämtliche Details der Insel. Etliche Monate versuchte ich ihr beizubringen, dass dies eine Straftat an fremden Eigentum sei, aber gegenüber ihrem wahnhaften Argument, dass sie selbst die rechtmäßige Besitzerin sei, hatte ich keine Chance und irgendwann leuchtete mir diese Art von Logik ein. Nach einem Streit, als sie drohte, mich zu verlassen, willigte ich ein. Zur Vorbereitung besuchte ich zweimal unauffällig die Insel und suchte nach weiteren Details und Einstiegsmöglichkeiten. Die Sache schien ziemlich sicher, zumal es nicht viele Menschen auf der Insel gibt und die Alarmanlage des Hauses relativ rudimentär funktionierte, wie ich feststellte. Aber na ja, es kam dann doch alles anders.“
Ich schwieg und er fuhr fort, die grauen Augen angestrengt auf die Tischplatte gerichtet, in welcher sich eine blasse Herbstsonne fing: „Wir verabredeten, dass Olga auf das Boot aufpassen und es bereit halten würde, bis ich zurück bin. Es lief auch anfangs alles gut. Wir legten nachts unbehelligt an, ich fand den Weg durch den Eichenwald anhand vorher angebrachter Kreidemarkierungen in der Dunkelheit und gelangte unbemerkt durch ein Kellerfenster, nicht weit entfernt vom Tresorraum des Anwesens, in welchem der Schatz angeblich liegen soll. Ich war bereits drinnen, da machte ich einen Fehler, welchen weiß ich bis heute nicht, und löste die Alarmanlage aus. Natürlich türmte ich sofort, aber der große Nachteil dieser Insel ist, dass man lange durch den Wald laufen muss bevor man das Ufer erreicht und ohne Boot nicht mehr wegkommt. Leider war Olga mit diesem verschwunden, wahrscheinlich bekam sie es mit der Angst, als die Polizei auftauchte, und ich stand da. Eine ganze Einheit Beamter durchkämmte die Insel. Ich versuchte, ein Versteck im Wald zu finden, doch winterlich entlaubt hatte ich dort keinen Erfolg und barg mich am Ufer unter einer umgekippten Baumwurzel. Aber den Polizeihunden entging ich nicht. Sie schlugen an und völlig gedemütigt ergab ich mich. Das ist die ganze Geschichte.“
„Hm“, machte ich, „und danach?“
„Das Übliche. Verhöre, Gerichtsverhandlungen, Haft - die schlimmste Zeit meines Lebens und Olga ließ sich nicht blicken bzw. nur um mich in der Verhandlung zu beschimpfen. Ich war total geschockt und ging davon aus, dass sie mich nun wirklich verlassen hätte. Viele Male dachte ich in der Zelle daran, mich umzubringen, aber die Wärter waren zu wachsam und ich zu unkreativ. Doch der Gedanke an ihre Verachtung ließ mich wahnsinnig werden, zumal ich keine Möglichkeit hatte, sie zur Rede zu stellen und eine Erklärung zu erhalten. Die drei Jahre erschienen mir wie eine Zeit zwischen Leben und Tod, mehr tot als lebendig
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