Golem - Golem - Genome, Inc.
nach.«
»Du schaust mal eben nach?«
Saxton musste nicht nachschauen. Er wusste genau, wie viel Geld sie in Bauchspeicheldrüsenkrebs investiert hatten. In seinem Kopf läuteten die Alarmglocken.
»Lösung?«
»Ich arbeite an etwas.«
»Ach ja? Das ist aber reichlich vage. Und wann werde ich dieses Etwas sehen?«
»Noch in dieser Woche«, antwortete Saxton. »Oder in zwei.«
»In fünf Minuten gehe ich bei CNN auf Sendung. Was ist mit meiner Glaubwürdigkeit?«
»Ich weiß.« Saxtons Blick schweifte wieder zum Kokain.
»Ich werde wie ein Amateur dastehen!«
»Wir sind nicht das einzige Unternehmen, das von dieser Entwicklung betroffen ist. Wie ich hörte, hat auch DNA Design kräftig eingekauft. Ich werde unseren Kontakt bei CNN anrufen, um sicherzustellen, dass die das wissen. Dann stehen wir nicht mehr in ganz so negativem Licht.«
Saxton Senior schüttelte den Kopf, wandte sich von der Kamera ab und sprach laut mit jemand anderem im Raum. Dann drehte er sich wieder zu seinem Sohn um. »Ich muss jetzt auf Sendung.«
»Okay. Ach ja, noch was, Dad.«
»Und was?«
»Alles Gute zum Vatertag.«
Der alte Saxton hielt kurz inne und legte die Stirn in Falten. »Vatertag war vor einem Monat.«
»Was?«
»Lass die Finger von den Drogen.« Dad klang verärgert. »Ich führe eine Maklerfirma, keinen Nachtclub.«
Saxton Seniors Bild verschwand; stattdessen erschien das AT&T-Logo auf dem Bildschirm. Nachdenklich starrte Saxton einen Augenblick lang auf die Buchstaben; dann beugte er sich vor und zog sich das weiße Pulver rein. Ungebeten schaltete ein Monitor um.
Der Bildschirm flackerte kurz; dann lief CNN Sampwatch. Saxton Senior erschien hinter seinem blank polierten Schreibtisch. Ein kahlköpfiger Mann in gestärktem Hemd und Hosenträgern interviewte ihn vor einem imponierenden Hintergrund mit Blick auf den Hudson. Saxton schaltete den Ton aus, um die Stimme seines alten Herrn nicht hören zu müssen, wischte das restliche Kokain in den Mülleimer, lehnte sich zurück und beobachtete eine Zeitlang, wie die Lippen seines Vaters sich bewegten.
Dann drehte er sich nachdenklich zum Fenster um und blickte auf die Stadt hinaus. So viele Leben da unten, so viel Krankheit, so viel Schmerz und Leid … und so viel Geld, das es zu verdienen galt. Vater hatte Genico gegründet, doch Saxton wollte mehr. Er verdiente mehr. Und warum sollte er nicht auch mehr bekommen? Er besaß das großartigste Produkt, das je entwickelt worden war. Die Menschen hatten Angst vor dem, was ihnen Schmerzen bereitete, und zahlten jeden Preis, um es sich vom Leib zu halten. Und die, die es sich nicht leisten konnten? Nun ja, dachte Saxton, ihr Tod würde die anderen nur umso stärker motivieren.
Mit dem richtigen Produkt konnte man unermesslichen Profit machen.
In den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts hatte das für die Aktienmärkte gegolten. Geldgierige Wall-Street-Firmen wie Salomon, First Boston, Goldman Sachs, Morgan Stanley und Shearson Lehman waren die geistigen Väter einer ganzen Generation gieriger Söhne. Skrupellose Typen und Finanzjongleure wie Ivan Boesky, Michael Milken, Ronald Perelman und Warren Buffet hatten die Achtziger in eine nie gekannte Ära der Gier verwandelt, bis 1987 jeder Wirtschaftsstudent in den Vereinigten Staaten Gordon Gekkos Credo aus »Wall Street« zitieren konnte:
Gier ist gut.
Ja, Gier ist gut, sehr gut sogar … oder besser gesagt: Gier war gut. Anfang der Neunziger waren die Salomons, Boeskys und Milkens erledigt gewesen, und ein Vakuum war entstanden, das andere hatten füllen müssen: Produzenten. Gier galt nichts mehr – echte Gier. An die Stelle der Finanzhaie traten Männer wie Ted Turner, Bill Gates und Larry Ellison, Chefs riesiger Unternehmen, die etwas produzierten und nicht nur mit Papierfetzen handelten und dabei gigantische Gewinne einstrichen.
Die Wall Street drohte an ihrem eigenen Erfolg zu ersticken.
Anstelle einer Handvoll Finanzgrößen, die den Markt diktierten, gab es nun Hunderte von Investmentbanken und Tausende von Brokern, die genau das Gleiche anboten.
Saxton vermisste die Milkens und Boeskys, die finanzpolitischen Visionäre, die die Märkte ihrer Zeit beherrscht hatten. Stattdessen war die Wall Street infolge des Internetbooms weich geworden, und Onlinehändler hatten entdeckt, dass sie ihre Portfolios genauso gut in den Halbzeitpausen der Footballspiele von zu Hause aus managen konnten, anstatt sich an Arschlöcher wie Phillip Saxton zu wenden.
Dann, im
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