Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
Vom Netzwerk:
erging. Dann schüttelte sie den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben.
    Die Palette kam näher, doch die Schlaufe, die Newkirk erwischen sollte, hob und senkte sich mit dem wankenden Lauf des Riesenbären. Newkirk senkte den Haken und versuchte ihn, mit Schwung näher ans Ziel zu bringen. Einer der Russen kletterte auf die Frachtpalette und streckte den Arm aus.
    Deryn legte die Flügel einen Micker schräger und brachte Newkirk noch weiter nach Backbord.
    Er schob den Haken vor, Metall schlug gegen Metall, und im kalten Wind klapperte und rasselte es laut – dann war der Haken in der Schlaufe eingeschnappt!

    »Das Paket auf den Haken nehmen.«
    Die Russen schrien und begannen damit, die Riemen zu lösen, mit denen die Palette auf der Ladefläche befestigt war. Der Bärenlenker winkte mit der Peitsche vor und zurück, das Signal für die Steuerleute auf der Leviathan , wieder in den Steigflug überzugehen.
    Das Luftschiff hob die Nase, und der Haken zog sich in der Schlaufe fest. Neben Deryn spannte sich das dicke Tau. Natürlich löste sich die Palette nicht vom Rücken des Kampfbären – noch nicht. Man konnte einem Luftschiff nicht zwei Tonnen zusätzlicher Ladung aufbürden und erwarten, dass es senkrecht in die Höhe stieg.
    Aus den Luken der Leviathan floss Ballast. Aus dem Verdauungstrakt gepumpt fühlte sich das Brackwasser warm wie Pisse an. Aber im sibirischen Wind gefror es augenblicklich und lag wie ein glitzernder Eisnebel in der Luft.
    Im nächsten Moment stachen diese Eiskristalle Deryn wie Hagel ins Gesicht und prasselten gegen ihre Schutzbrille. Sie biss die Zähne zusammen, aber trotzdem musste sie lachen. Sie hatten es beim ersten Versuch geschafft, und in Kürze würde die Fracht in der Luft sein. Und Deryn flog!
    Doch während ihr Lachen noch verklang, dröhnte ein tiefes Knurren durch die Luft, ein überhebliches und ärgerlicher Laut, der Deryn schlimmer in die Knochen fuhr als der sibirische Wind.
    Der Kampfbär gebärdete sich störrisch.
    Und zwar nicht ohne guten Grund. Der gefrorene Schiet von tausend Tierchen regnete auf seinen Kopf nieder und trug den Geruch von Boteneidechsen und Glühwürmchen, Huxleys und Wasserstoffschnüfflern, Fledermäusen und Bienen und Vögeln und natürlich den des großen Wals selbst heran – hundert Spezies, die der Kampfbär nie zuvor gerochen hatte.
    Er warf den Kopf zurück und brüllte erneut, schüttelte voller Ärger die großen braunen Schultern und schleuderte die russische Mannschaft in die Luft. Die Männer landeten jedoch sicher wie Flieger bei Sturm wieder auf ihren Plätzen.
    Der Haken klirrte in der Öse, als der Bär sich hin und her warf, und das dicke Tau für die Fracht knallte und zitterte neben Deryn. Sie lehnte sich weit nach links und versuchte, sich und Newkirk in Sicherheit zu bringen.
    Der Lenker schlug einige Male mit der Peitsche zu, und der Bär beruhigte sich ein wenig. Während oben in der Luft immer mehr Ballast glitzerte, kam die Fracht endlich in die Höhe.
    Der letzte von der Mannschaft des Kampfbären sprang von der Palette und winkte ihnen zu. Deryn salutierte, derweil der Bär langsamer wurde und stehen blieb. Die Fracht drehte sich jetzt in der Luft und schwebte nur knapp über dem Boden.
    Deryn runzelte die Stirn. Warum stieg die Leviathan nicht schneller? Es blieb nicht mehr viel Zeit bis zur nächsten Kurve in der Schneisenbahn, und sie und Newkirk sowie die Ladung befanden sich noch unterhalb der Baumwipfel.
    Sie blickte nach oben. Der Ballastregen hatte aufgehört. Die Mechanistenmotoren dröhnten, spuckten Rauch und versuchten, durch Aerodynamik Auftrieb zu erzeugen. Aber das Luftschiff stieg zu langsam.
    Die Falten auf Deryns Stirn vertieften sich. Dr. Busk, der Obereierkopf persönlich, hatte die Berechnungen für diese Frachtaufnahme vorgenommen. Er hatte bestimmt sehr genau gerechnet, denn schließlich lag noch eine lange Reise vor ihnen. Aber Deryn und Mr. Rigby hatten den Abwurf von Ballast über der Tundra überwacht, wo man das Schiff exakt auf das richtige Gewicht gebracht hatte …
    Es sei denn, die Palette mit der Fracht war schwerer, als im Brief des Zaren angegeben worden war.
    »Brüllende Könige !«, schrie Deryn. Gottesgnadentum änderte nichts an den Gesetzen von Schwerkraft und Wasserstoff, daran ließ sich nicht rütteln.
    Sie hörte den schrillen Ballastalarm von oben und fluchte. Was auch immer durch die Luken abgeworfen würde, sie und Newkirk wären genau im Weg.
    »Wir sind zu schwer!«,

Weitere Kostenlose Bücher