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Gondeln aus Glas

Gondeln aus Glas

Titel: Gondeln aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Tron?»
    Tron zog unwillkürlich den Kopf ein. «Wir hatten ein Gespräch darüber. Ich habe ihr einen entsprechenden Vorschlag gemacht.» Himmel, wieso hatte er sich das Grinsen eben nicht verkneifen können?
    «Und?»
    «Sie hat gesagt, sie würde es gerne noch einmal mit dir besprechen. Weil sie sich nicht sicher sei, ob es dir recht wäre. Und daraufhin habe ich einen Rückzieher gemacht.»
    Die Principessa richtete sich mit einem Ruck auf ihrer Récamiere auf. Ihre grünen Augen sprühten Funken. «Hast du den Verstand verloren? Du wolltest ein junges Mädchen zum Taschendiebstahl anstiften!»
    Tron hob beschwichtigend die Hände. «Es wäre ihr absolut nichts passiert. Bossi hätte sich in der Nähe aufgehalten und ich auch. Notfalls hätten wir sie mit auf die Wache nehmen müssen. Niemand wäre in Gefahr geraten. Außerdem hätte diese Potocki nichts gemerkt. Angelina ist viel zu gut. Aber es ging auch anders.»
    «Wie?»
    Tron zuckte die Achseln. «Ein Bursche aus Castello konnte uns behilflich sein.»
    Wieder zog die Principessa an ihrer Zigarette und stieß dünne Rauchfahnen aus. Trons Blick folgte den aufsteigenden Spiralen. Als sie wieder sprach, klang ihre Stimme versöhnlich. «Dass Angelina mich erst konsultieren wollte, finde ich sehr vernünftig.»
    «Sie vertraut dir blind, Maria», sagte Tron, froh darüber, dass das Gewitter über seinem Kopf sich verzogen hatte.
    Die Principessa lächelte. «Sie vertraut uns beiden.»
    Tron seufzte. «Wann genau geht sie nach Florenz?»
    «Am zweiten September.»
    «Muss das wirklich sein?»
    «Es ist das beste Internat Italiens. Und sie will dorthin, weil ich dort war.»
    Tron nickte lächelnd. «Sie möchte so sein wie du.
    Sie redet auch schon so wie du. Irgendwann bin ich hier der Einzige, der Veneziano spricht. Ich werde sie schrecklich vermissen.»
    «Die Contessa auch. Ganz zu schweigen von Alessandro. Dem wird es das Herz brechen», sagte die Principessa.
    Sie ließ das Blatt mit dem Programm auf das  Tischchen flattern und erhob sich. Die Fenster zum Canalazzo standen offen, und sie blieb neben dem Vorhang stehen und blickte hinaus in die Dunkelheit.
    Als Tron neben sie trat, sah er die erleuchteten Fenster der Palazzi auf der anderen Seite des Wassers.
    Nach einem regnerischen Abend hatte es aufgeklart, und ein paar Möwen flatterten kreischend über den Nachthimmel, als verfolge sie das Mondlicht. Zwei Gondeln bewegten sich langsam den Canalazzo hinab, und Tron konnte die kleinen Laternen am Bug erkennen, die wie Glühwürmchen in der Dunkelheit leuchteten. Plötzlich fühlte er sich so vollkommen eins mit dieser unglaublichen Stadt, dass er hätte weinen mögen. Er zog die Principessa vorsichtig an sich, und die ließ ihren Kopf an seine Schulter sinken.
    «Alvise?»
    «Ja?»
    Die Stimme der Principessa klang weich und  amüsiert zugleich. «Hast du wirklich gedacht, dass ich auf diese Potocki eifersüchtig bin?»
    Nein, das hatte er eigentlich nicht. Oder hatte er es doch gedacht? Oder hatte er es denken wollen?
    «Also, ich hatte …»
    Die Principessa, den Kopf immer noch an seiner Schulter, lachte leise. «Du hast dich vernachlässigt gefühlt. Weil du dachtest, ich interessiere mich nur noch für das Tron-Glas. Richtig?»
    Richtig. Tron nickte. «Diesen Eindruck konnte man allerdings haben.»

    «Und da hast du gedacht, wenn du fleißig die Potocki besuchst und ein bisschen von ihr schwärmst, erregst du meine Aufmerksamkeit.»
    Ja, das ungefähr war die Idee gewesen. Nicht sehr originell, offenbar.
    «Du bist ein Kindskopf, Alvise.»
    Wie? Hatte sie eben Veneziano gesprochen? Ja, hatte sie tatsächlich. In einem schnurrenden Tonfall, der die slawisch-sentimentale Seite der Principessa zum Vorschein brachte, die sie gewöhnlich sorgfältig versteckte. In einem verheißungsvollen Tonfall.
    Tron legte lächelnd die Hände um die Taille der Principessa, bog den Oberkörper etwas zurück und bewunderte ihre Verwandlung in ein grünäugiges Kätzchen, das jetzt die Augen schloss und dessen Gesicht so dicht an seinem war, dass er jede einzelne Sommersprosse auf der Nasenwurzel erkennen konnte. Und offenbar darauf wartete (ihre Lippen waren leicht geöffnet), dass er …
    Das Geräusch kam von der Salontür – eine sich quietschend herabsenkende Klinke, gefolgt von einem diskreten Räuspern. Tron fuhr mordlustig auf dem Absatz herum.
    Massouda oder Moussada, einer der vier (für Tron absolut gleich aussehenden) äthiopischen Diener der Principessa,

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