GOR-Zyklus 09 - Die Marodeure von Gor
Gipfel des Torvaldsberges, in dem der legendäre Torvald schlafen sollte.
Lächelnd wandte ich mich zu Ivar Forkbeard um. Ich sah, daß seine Männer ihre Lasten in einer Ecke des Nebenraums abgelegt hatten.
Forkbeard grinste mich an. Er war bei bester Laune und kam mir ganz und gar nicht wie ein Geächteter vor.
»Wenn ihr gewaschen seid und eure Vorbereitungen getroffen habt«, sagte ein junger Thrall, der in der Tür erschien, »wäre es gestattet, vor den hohen Sitz des Hauses zu treten, vor meinen Herrn, Svein Blue Tooth, Jarl von Torvaldsland.«
»Es ist uns eine Ehre«, hatte Forkbeard erwidert und vier seiner Männer abgestellt, die unseren Schatz bewachen sollten.
Wir sahen uns an. »Ich habe das Gefühl«, sagte ich, »daß wir einem Larl vor die Fänge laufen.«
»Keine Angst«, sagte Ivar. »Ich, Forkbeard, bin ja bei dir!«
»Wärst du nicht bei mir«, sagte ich, »würde ich mich wohl kaum so elend fühlen.«
»Ich verstehe«, meinte Forkbeard.
»Könnten wir nicht einfach in eine Grube voller giftiger Osts springen oder vielleicht während eines Gewitters über die Ebene der Wagenvölker rennen, die Schwerter über die Köpfe erhoben?«
»Es geht nicht nur darum, einem Larl vor die Fänge zu laufen«, sagte Forkbeard. »Das kann jeder Dummkopf.«
»Das weiß ich auch.«
»Der Trick besteht darin, dem Larl heil wieder zu entkommen.« Und Forkbeard blinzelte mir zu, was mich aber nicht sonderlich beruhigte.
»Du hast also wirklich Hoffnung, diese Eskapade lebend zu überstehen?«
»So etwas gehört zu meinem Plan«, bestätigte er. »Und dann, wenn das nicht klappt, sterben wir natürlich ehrenvoll, gegen einen übermächtigen Gegner. Mein Plan ist also narrensicher.«
»Du hast dir alles gut überlegt«, räumte ich ein. »Geh voran.«
Forkbeard hob kühn den Kopf und trat lächelnd aus dem Nebenraum. Am Eingang zur großen Halle blieb er stehen und hob die Hände, um die Anwesenden zu grüßen. Die zahlreichen Krieger hießen ihn begeistert willkommen. Immerhin hatte er sechs Talmits gewonnen. »Forkbeard grüßt euch!« brüllte Ivar. Ich blinzelte. Es war hell in der Halle. Ich hatte nicht geahnt, daß sie so groß war. An den Tischen saßen über tausend Männer und hoben Forkbeard ihre Bierkrüge und Messer entgegen. Gemessenen Schritts näherte er sich zu der Bank gegenüber dem hohen Sitz, wobei er ab und zu stehenblieb, um mit den Männern Svein Blue Tooths freundliche Worte zu wechseln. Ich folgte ihm mit seinen Männern. Dabei stellte ich fest, daß Blue Tooth Forkbeards Beliebtheit bei seinen Leuten ganz und gar nicht gefiel. Neben dem hohen Sitz hatte Bera Platz genommen. Wieder war ihr Haar hochgesteckt. Ihr Rock bestand aus gelber Wolle, und sie trug einen roten Umhang aus See-Sleen-Fell. Um ihren Hals lagen zahlreiche goldene Ketten.
Wir hatten in der Halle Svein Blue Tooths vorzüglich gespeist. Svein war ein reicher Mann, so daß wir während des Essens durch Akrobaten, Jongleure und Sänger unterhalten worden waren. Die Männer hatten brüllend gelacht, als einer der Akrobaten in das lange Feuer gefallen war und sich gleich darauf kreischend im Lehm gerollt hatte. Zwei andere Männer hatten einen Streit beigelegt, indem sie ein Tauziehen mit einem Boskfell veranstalteten. Dabei lag das lange Feuer zwischen ihnen. Als einer der beiden ins Feuer gezogen worden war, hatte der andere das Fell über ihn geworfen und war auf ihm herumgetrampelt. Ehe sich der Unglückliche befreien konnte, hatte er schlimme Brandwunden erlitten. Auch diese Einlage sorgte für große Heiterkeit an den Tischen. Die Jongleure hatten es ebenfalls nicht einfach, weil sie auf ihre wirbelnden Teller und Tassen achten mußten und über mehr als nur ausgestreckte Beine stolperten. Auch so mancher Sänger wurde von niederprasselnden Knochen und Tellern aus der Halle gescheucht.
Forkbeard regte sich einmal so sehr über das Unvermögen der Musiker auf, daß er mir seine Absicht kundtat, selbst ein Lied zum Besten zu geben. Er war ungewöhnlich stolz auf seine Stimme. Ich flehte ihn an, auf dieses Vorhaben zu verzichten. »Du bist hier Gast«, sagte ich. »Es wäre unschicklich für einen Mann deiner Talente, die Unterhalter zu beschämen und damit vielleicht die Ehre deines Gastgebers anzukratzen, der zweifellos die besten Künstler hat auftreten lassen, die er finden konnte.«
»Da hast du recht«, erwiderte Forkbeard, und ich atmete auf. Hätte Ivar Forkbeard zu singen begonnen, wären unsere
Weitere Kostenlose Bücher