GOR-Zyklus 23 - Die Verräter von Gor
Vielleicht ließ man sie sogar nach einer gewissen Zeit wieder frei, wenn man zu der Ansicht kam, daß sie ihren Preis mehrmals eingebracht hatten und man außerdem der Meinung war, daß sie hart arbeitende und ausreichend fügsame Mustergefangene gewesen waren. Wegen des Sturms und des damit verbundenen Regens und Winds hatte keiner der Reisenden eine andere Art der Bestrafung vorgeschlagen, die man unter der Bezeichnung ›Wagengerechtigkeit‹ kennt und die durchaus auch Anwendung findet. Ich will hier nicht ins Detail gehen, aber man braucht dazu das Pech, den Talg und Feuer. Wie ich schon sagte, Goreaner haben nicht viel für Verbrecher übrig.
Ich holte mein Bündel von dem Wagen, neben dem ich herging, ließ ihn weiterfahren und eilte dann zur linken Straßenseite. Hinter mir fuhr das nächste Gefährt vorbei. Ich blickte in die Höhe. Beim nächsten Blitz sah ich das Felsplateau, das von der Herberge Zum Krummen Tarn gekrönt wurde. Wind und Regen stürmten gegen meine rechte Körperseite an. Ich verließ die Straße. Ein breiter, mit Schotter bedeckter Vorplatz grenzte an die Herberge. Er war mindestens je fünfzig Meter breit und lang, genug Platz, daß sogar ein von zehn Tharlarion gezogener Wagen wenden konnte. Vor mir an einem Pfahl hing eine Laterne. Ich hielt darauf zu. Im Licht der Blitze erkannte ich mehrere Wege, die sich über das Plateau zogen. Sie führten zu Rastplätzen, auf denen Wagen ihr Lager aufschlagen konnten.
Zu meiner Linken, auf der dem Wind abgewandten Seite, standen mehrere dicht zusammenstehende Wagen. Unmittelbar vor mir gab es noch mehr; sie waren aus dem Regen gedreht. Durch die Sohlen meiner Sandalen fühlte ich den Schotter des Wendeplatzes. Ich blieb bei einigen der Wagen stehen. Dann ging ich weiter auf die Laterne zu. Sie krönte einen Pfahl, der an der rechten Ecke der Wagenbrücke aufragte, die über einen Graben führte; auf der anderen Seite, ein Stück hinter der Brücke, befand sich das Herbergstor. Im Licht des nächsten Blitzes sah ich zwei Mädchen, die unter dem Rand der Segeltuchplane eines Wagens hervorspähten. Sie entdeckten mich ebenfalls, voller Angst. Als der Himmel das nächste Mal erleuchtet wurde, lag die Plane wieder gerade da. Ich hatte kaum mehr als ihre Augen gesehen, zweifelte aber keinen Augenblick lang, daß sie Kajirae waren. Sie hatten den Eindruck von Frauen gemacht, die gelernt hatten, daß der Mann ihr Herr war. Ich ging über den nassen Kies auf die linke Seite der Wagenbrücke zu. Dort blieb ich stehen, um über den Graben zu blicken. Seine Breite betrug etwa vierzig Meter. Der Boden bis zur Staumauer, die zu niedrig war, um einem Mann Deckung zu gewähren, war leicht abschüssig. Am Fuß der Mauer befanden sich ungefähr alle zwanzig Schritte Öffnungen, damit Regenwasser in den Graben abfließen konnte. Die Neigung des Bodens hätte es sehr erschwert, den Graben auszutrocknen. Natürlich wäre es zu schaffen gewesen, die Männer hätten eben unter einem Unterstand arbeiten müssen, der sie vor Geschossen wie Pfeilen oder von Schleudern abgefeuerten Stahlkugeln schützte; besser wäre es natürlich gewesen, diese Arbeit von Belagerungsingenieuren ausführen zu lassen, aus dem Schutz eines Tunnels heraus. Natürlich hätten beide Unternehmungen viele Männer und noch mehr Zeit erfordert; es wäre eine Ingenieurleistung von erheblichem Ausmaß erforderlich gewesen.
Natürlich gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten, eine solche Aufgabe zu bewältigen. Zum Beispiel konnte man versuchen, den Graben mit Hilfe von Pontons oder Flößen mit darauf befestigten Belagerungsleitern zu überwinden. Oder ihn einfach zuzuschütten. Das Aushungern einer Garnison ist für gewöhnlich keine besonders wirksame Methode. Das hat verschiedene Gründe. Normalerweise haben die Verteidiger große Mengen an Vorräten eingelagert, oftmals genug für ein oder sogar zwei Jahre; Wasser beziehen sie aus innenliegenden Belagerungszisternen oder durch Regen oder den Wassergraben. Meistens haben die Belagerer nach einiger Zeit die Lebensmittelvorräte der Umgebung erschöpft, und es kommt vor, daß sie lange vor den Belagerten unter Hunger leiden. Eine zeitlich unbegrenzte Belagerung erfordert eine weitreichende und leistungsstarke Logistik, Vorräte müssen erworben, transportiert und beschützt werden. Sicher hängt viel von der Anzahl der Belagerer und der Belagerten sowie der Art des Festungswerks und dergleichen ab. Falls die Belagerten nicht genügend Kämpfer
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