Gorian 3
Übungskämpfen die Zeit vertrieb.
»Ihr werdet nichts tun, ohne dass ich es befehle«, stellte Gorian klar.
»Ruft meinen Namen, mein Fürst, und Ihr werdet nie wieder an unserer Loyalität zweifeln müssen«, behauptete Eldamir.
Gorian zog hingegen Sternenklinge. Der Zorn, den er empfand, war ihm deutlich anzusehen, als er sich zu den Maladran herumdrehte und rief: »Ich hoffe nicht, dass einer von euch irgendetwas tut, das meinen Anweisungen zuwiderläuft. Sonst wird er es mit mir zu tun bekommen!«
Die Maladran schwiegen. Nur der Blinde Schlächter äußerte sich, während sich sein Gesicht zu einem schiefen Lächeln verzog. »Ihr gefallt diesen Kriegern immer besser, mein Fürst. Wenn das Eure Absicht war, dann habt Ihr Euer Ziel erreicht.«
Gorian erwiderte nichts darauf. Stattdessen begab er sich wieder auf den Rücken des Leviathans. Er wollte sehen, was um ihn herum geschah und dabei nicht auf die Sinne des Riesenwurms angewiesen sein. Und er wollte ihn nicht zwingen, die ganze Zeit über das Maul geöffnet zu halten, denn es war unverkennbar, dass ihm dies nicht gefiel. Er hatte sich zwar Gorians Willen gebeugt, aber nur mit Widerwillen.
Gorian kletterte also wieder am Körper des Riesenwurms empor, und Sheera folgte ihm. Beliak war sogar schneller als die beiden. Ihm schien es überhaupt keine Mühe zu bereiten, den Rücken des Riesenwurms zu erklimmen; er nahm nur ein paar Schritte Anlauf und lief dann einfach am Leviathanen-Körper empor. Nur das letzte Stück musste er richtig klettern und mit seinen sehr kräftigen Adh-Händen Halt suchen.
Von den Maladran entschieden sich fast alle dafür, ihrem menschlichen Fürsten zu folgen. Nur gut eine Handvoll von
ihnen wollte bei den Vorräten und Waffen im Bauch des Leviathans bleiben.
Gorian ließ den Leviathan vorsichtig vorankriechen. Das Eis unter ihm war sehr glatt und das Gelände noch immer abschüssig.
Sie erreichten die ersten Wurzeln des Stadtbaums, die sich an verschiedenen Stellen durch die Oberfläche des umliegenden Eises hindurchgezwängt hatten.
Das Eis wurde offenbar durch Magie zurückgedrängt. Anders war das, was Gorian und Sheera sahen, nicht zu erklären. Und dieser Prozess war offenbar noch nicht abgeschlossen. Selbst die steinernen Wurzeln, die die Hafenmauern bildeten, erhoben sich aus dem Eis, obwohl das Hafenbecken und die Bucht mit einer dicken weißen Schicht überzogen waren. Doch die war kaum höher, als es dem Wasserstand des Meeres entsprochen hätte.
Gorian sah dort auch Schiffe liegen, und obwohl der Nebel die Sicht behinderte, erkannte er sie an ihren Silhouetten und den unbeweglichen Segeln, mit denen die metamagischen Raumzeitwinde eingefangen wurden, als caladranische Himmelsschiffe.
Er versuchte mithilfe seiner magischen Sinne zu erkunden, ob noch jemand an Bord war. Aber seine Magie wurde an diesem Ort auf irgendeine für ihn nicht erklärliche Weise gehemmt.
»Caladran-Zauber« , äußerte Sheera in einem Gedanken, in dem fast so etwas wie Ehrfurcht mitschwang. Diese erhabenen, uralten und fast unsterblichen Wesen schienen hier tatsächlich gegen alle Widrigkeiten eine Art Trutzburg gegen Morygors übermächtige Invasion geschaffen zu haben. Es war unglaublich.
Plötzlich stieg Misstrauen in Gorian auf. Er versuchte, mit
den besonderen Sinnen des Leviathans mehr zu erkennen. Aber das war aus irgendeinem Grund nicht möglich. Der Riesenwurm brüllte auf, weil Gorian ihn zwang, seine Sinne auf eine Weise zu konzentrieren, die für das gewaltige Geschöpf offenbar äußerst anstrengend und ungewohnt war.
Auf einmal lichtete sich der Nebel ein wenig. Die dichten Schwaden in unmittelbarer Umgebung des Stadtbaums und über dem Hafen lösten sich auf oder zogen sich ein Stück weit zurück, sodass man besser sehen konnte.
»Da ist sie!«, stieß Sheera hervor. »Die Hoffnung des Himmels , das Flaggschiff des Caladran-Königs Abrandir!«
Auch Gorian sah die Hoffnung . Sie war schon an der riesigen Rune auf dem starren Segel zu erkennen. Aber es befand sich offenbar niemand an Bord.
Dennoch schien es, als hätten es Meister Thondaril und die anderen geschafft, sich in Caladrania in Sicherheit zu bringen. Gorian versuchte über das Handlichtlesen mit dem zweifachen Ordensmeister in Verbindung zu treten, doch das gelang nicht.
»Vielleicht behindert die Magie, die den Stadtbaum von Caladrania vor dem Eis schützt, den Handlichtzauber«, vermutete Sheera.
»Möglich …«, murmelte Gorian.
Er spürte
Weitere Kostenlose Bücher