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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Scholz
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er weit in den Nacken gelegt. »Nimm mal«, sagte Maria zwischen den Zähnen hindurch, »was ist denn mit dir los?«
    » Entschuldige«, sagte Karl und nahm Maria die Tüte und einen Becher ab. »Danke.«
    Sie gingen einen schmalen Sandweg entlang, bis sie auf das Rollfeld des Flughafens sehen konnten. Gerade startete eine Maschine und flog glitzernd g eradewegs auf die aufgehende Sonne zu.
    »Was ist los mit dir und Klara?« fragte Maria.
    Karl zuckte die Schultern. »Sie ist unerträglich. Sie spricht kaum, und immer wenn ich zu dir gehe, denke ich, sie weiß es ganz genau, aber sie sagt nie etwas, und wenn ich mit ihr rausgehen will, schüttelt sie nur den Kopf. Ich glaube, sie ist nur richtig zufrieden, wenn sie mich endlich vertrieben hat und sie in Ruhe vor sich hinstarren kann, oder was weiß ich, was sie macht. Sieh mal, was ich in ihrer Tasche gefunden habe.« Karl zog ein paar zerknitterte Blatt Papier aus der Tasche und reichte sie Maria. Maria nahm sie und überflog den Text.
     
     
     
    In meinem Kopf braust ein Wirbelsturm . Mir ist so kalt, mein Liebster. Ein silberner Salamander sitzt drüben auf dem Vorhang und grinst mich an. Es ist ein Salamander aus echtem Silber. Mit Silber kann man Vampire töten, hast du das gewusst, Liebster?
    Vielleicht sollte der silberne Salamander das grüne Papierherz fressen, dass du mir geschenkt hast, d amals nachts, weißt du noch, Liebster? Du nahmst das Papierherz aus dem Becher auf der Theke und legtest es in meine Hand. Ich fand es erst am nächsten Morgen wieder, es klebte an deiner Schulter als ich erwachte, im Sand, als die Möwen zu schreien begannen und der Bagger kam, um den Strand für den Tag zu bereiten. Es war kalt, aber nicht so kalt wie jetzt. Jetzt ist es, als wäre ich tot, so kalt. Damals war es kalt, aber du warst bei mir. Ich musste dich nur ansehen, du warst echt, du löstest dich nicht in Luft auf. Auch nicht, als ich das grüne Papierherz von deiner Schulter nahm und es in meiner Hand versteckte. Vorsichtig, um es nicht zu zerstören. Ich musste dich nur ansehen und mein Herz wurde so warm. So heiß. Heiß wie der Kaffee, den wir dann getrunken haben, aus kleinen Tassen. Du bestelltest immer gleich vier davon, weil sie so klein waren.
    Vier für jeden von uns, und ich liebte es, acht kleine Ta ssen mit dampfendem Kaffee vor uns auf dem Tisch stehen zu haben, und die Blicke der Kellner dazu, die lachten mit den Augen. Auch du hast gelacht, mit den Augen. Deine blauen Augen über dem weißen Sand und dem gleißenden Meer, und dein immergleiches Lied, whole lotta love,
    ich lachte über dich, doch du legtest es nur noch einmal auf, und dann noch einmal, immer wieder und wieder.
    Mir ist so kalt, Liebster. Ich habe keine Kraft mehr. Etwas saugt mich aus. Meine Lippen sind blau. Der Salamander ist silbern und das Herz ist immer noch ein bisschen grün. Es scheint mir sehr bleich geworden zu sein, bleich wie die Knochen, die ich an jenem Tag am Strand gefunden habe. Sie waren von einem Vogel. Vielleicht von einem Brathähnchen? Ich weiß nicht, warum ich glaube, dass das Hähnchen ein Brathähnchen war. Vielleicht weil ein Brathähnchen es wenigstens warm gehabt hat, bevor es zu Knochen zerfallen ist, ein bisschen zu warm vielleicht. Ich hätte es auch gern ein bisschen zu warm, das wäre besser als diese Kälte, und dann würde ich aufgefressen von hungrigen Mündern, die ins Fleisch beißen würden, das Fleisch und die Haut von den Knochen reißen und es verschlingen mit schmatzenden Lippen und fettigen Fingern, ja das wäre besser als diese Kälte, das wäre ein Fest. Das wäre besser als so langsam ausgesaugt werden, von innen heraus alles ausgesaugt, bis man sich nicht mehr bewegen kann, bis man ganz steif wird vor Kälte und Schwäche, bis man blau und bleich und wächsern ist.
    Die Geigen spielten dazu eine traurige Weise, und ich erzählte dir nichts von den Knochen, denn ich wollte dich nicht an den Tod erinnern, ich wusste es schon, man sollte dir lieber nicht von Tod reden. An meinem Hals klaffte die Wunde, die du mir gebissen hattest, und ich war so stolz darauf. Wir tranken den Kaffee und dann gingst du zu Bett, du hattest die Nacht wach gelegen.
    Ich ging an den Strand und fand diese bleichen Knochen. Die Sonne schien heiß, und ich war so froh und so traurig zugleich. Es zerriss mich, denn die Menschen müssen sterben, genau wie die Hühnchen und die Hähnchen und alle anderen.
    Maria hat immer gesagt, die Katzen müssten nicht

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