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Gott sacker Kriminalroman

Titel: Gott sacker Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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Grundstückes, wo zwei hohe Tannen und dichte Hecken die Grenze zum Grundstück
des alten Pfarrers markierten.
    »Schauen Sie sich das an!« Bei der Aufforderung beobachtete
sie mich genau mit ihren nussbraunen Augen.
    Die Aufforderung wäre nicht nötig gewesen. So einem Anblick
konnte man sich nicht entziehen.
    Müllers ›deutscher Schäfer‹ steckte bis zur Mitte seines
Körpers in der Erde, die wie ein kleines Grab um ihn herum unförmig angehäufelt
war. Der Kopf lag auf den Pfoten, die wie zum Gebet gefaltet worden waren. Das
Maul war weit aufgerissen und wurde von einem darin befindlichen
Aussegnungs-Kreuz, das Sterbenden ans Bett gestellt wird, offen gehalten. Die
bläulich verfärbte Zunge hing weit heraus. Zwischen den Pfoten lag als
makaberer Grabschmuck ein Büschel welker Gänseblümchen.

     
    »Was sagen Sie dazu?«, forschte die Kommissarin
mit misstrauischem Blick.
    »Jetzt weiß ich endlich, woher das Sprichwort kommt ›Hier
liegt der Hund begraben‹.«
    »Sehr witzig. Haben Sie heute Nacht etwas gehört oder gesehen?«
    »Nein, beim Schlafen habe ich gewöhnlich die Augen zu, und
wie das mit den Ohren beim Schlafen funktioniert, das weiß ich nicht so genau.
Die Augen kann man schließen, die Ohren haben seltsamerweise keinen
Verschlussmechanismus – aber ich habe auch nichts gehört.«
    »Reden Sie mir nicht die Ohren ab! Wann sind Sie nach Hause
gekommen?«
    »Da müssen Sie Frieda fragen.«
    »Wen?«
    »Die Ochsen-Wirtin.«
    Die Beamtin grinste mich provozierend an und meinte: »Aha,
zu viel Alkohol – und dann noch nach Hause gefahren. Wenn Sie nicht
kooperieren, werde ich Ihren Namen bei meinen Kollegen der Abteilung Verkehr
bekannt machen.«
    »Geschoben … Ich bin nicht gefahren.«
    »Das ist doch ganz schön steil vom Ochsen bis zu Ihnen.«
    »Männer sind kräftiger als Frauen.«
    Sie notierte sich mit dem Plastikzahnstocher etwas auf ihrem
albernen digitalen Notizblock und fluchte leise vor sich hin.
    »Funktioniert’s nicht?«
    Sie funkelte mich aus kabafarbenen Augen an.
    »Ich oder mein Kollege werden sich …«
    »Man sollte höflichkeitshalber sagen: ›Mein Kollege oder
ich.‹«
    Sie funkelte mich mit ihren Haselnussaugen noch gefährlicher
an.
    »… mit Ihnen, wenn nötig, wieder in Verbindung setzen.
Schönen Tag noch.«
    »Danke, wenn Sie wiederkommen, bringen Sie bitte Handschellen
mit.«
    Mit energischen Schritten, die ihrer Gesamterscheinung in der
Rückansicht gut standen, stapfte sie durch die Hecken von Müller auf mein
Grundstück zu und stieg in ihren laubfroschgrünen Beetle, um, ohne noch einmal
zu mir herzuschauen, mit nicht angepasster Geschwindigkeit aus dem verwirrten
Dorf hinauszufahren.

     
    Das Dorf war nicht mehr so, wie es noch vor
wenigen Tagen war. Überall redete man. Ältere Bauern in ihren karierten Hemden
und schwarzen Breitcordhosen mit Hosenträgern unterhielten sich mit alten
Bäuerinnen in geblümten weit ausgeschnittenen Kittelschürzen. Junge Bauern mit
ihren auf Jeansschick gestylten strapazierfähigen blauen Arbeitsanzügen stiegen
von ihren riesigen und unförmigen grünen 200-PS-Traktoren und unterhielten sich
mit den Töchtern der Altbauern und Altbäuerinnen, die niemals Bäuerinnen werden
wollten und enge Bluejeans und weiße Tops mit Spaghettiträgern trugen.
    Und weil meine Tagesplanungen eher einer freien Struktur
folgten, begab ich mich ins plötzlich kommunikative Dorf. An jeder Ecke standen
sie. Die Bauern hatten ihre Traktoren jeglicher Größe mitten auf der Straße
geparkt, die kleinen Traktoren gehörten den Alten und waren mattblau oder rot.
Die Hausfrauen schrien sich über die Gartenzäune hinweg gegen den Lärm der
laufenden Traktormotoren die Neuigkeiten zu. Die wenigen jüngeren Schüler des
Dorfes, die vor lauter Ferienlangeweile mit ihren Fahrrädern und Inlineskates
ziellos durch das Dorf rasten, bildeten spontane Grüppchen und plapperten wild
darauflos. Das häufigste Wort in ihrem lauten Durcheinander war ›geil‹, Rang
zwei belegte ›Mörder‹, gefolgt von ›brutal‹. Ein Fünftel ihres
Gesamtwortschatzes war somit verbraucht.
    An der Ecke Fliederweg und Riedblick, dort, wo die besseren
Leute wohnten, entdeckte ich Hildegard aus meiner Psychogruppe. Schnell wollte
ich in die Ernst-Filbinger-Straße einbiegen, um auf diesem kleinen Umweg ins
Unterdorf zu gelangen, als sie schon rief: »Hey, Dani, willst du auch
mitmachen? Die anderen machen alle

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