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Gottes blutiger Himmel

Gottes blutiger Himmel

Titel: Gottes blutiger Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fawwaz Hahhad
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Fußgänger dazu, ihnen den Weg frei zu machen.
    Den größten Teil der endlosen Fahrt über schlief ich. Wären die schmerzstillenden, ruhigstellenden und entzündungshemmenden Spritzen nicht gewesen, hätte ich wohl in einem der zahllosen Staus mein Leben ausgehaucht. Ich dämmerte im Rhythmus einer sich in brennender und feuchter Sommerhitze dahinschleppenden Zeit, begleitet vom Aufheulen des Motors.
    Als mich bei einem Zwischenhalt das Summen von Fliegen und grelles Mittagslicht weckten, erhob ich michschwerfällig, nahm den Serumbeutel, der an meinem Arm hing, in die Hand, stieg von der Ladefläche des Pick-ups und nahm wieder vorn neben dem Fahrer Platz. Vor uns erstreckte sich eine gleichförmige Ebene aus Sand, durch die eine endlose Straße schnitt. Die Fahrbahn war von einzelnen Palmen und zerstörten, in der Sonne glänzenden Militärfahrzeugen gesäumt. In der Ferne schimmerten Fata Morganas, falls ich nicht nur Halluzinationen hatte.
    Dann tauchte links, nein, rechts der Straße ein riesiges Gebäude auf, das nicht weniger unwirklich als eine Luftspiegelung aussah, aber schwer bewacht war. Es glich einer ganzen Ansammlung von Kasernen, Scharen von Soldaten standen davor, und Stacheldraht, hohe Mauern und befestigte Wachtürme, auf denen hinter Sandsäcken und Tarnnetzen Köpfe von Soldaten aufragten, umgaben den Komplex. Helikopter überwachten im Tiefflug die Umgegend. Ein Panoramagemälde auf der Außenmauer war überpinselt, Müllhaufen lagen herum, und übereinandergestapelte Betonbarrieren blockierten die Einfahrt in den Komplex, vor dem eine lange Reihe von Autos auf einer Sandpiste vorwärtskroch.
    »Das Abu-Ghuraib-Gefängnis«, sagte mein Fahrer. »Die Besucher verbringen hier den ganzen Tag, um ihre inhaftierten Verwandten zu besuchen. Wenn sie denn das Glück haben und sie dort antreffen.«
    Ich wollte endlich ankommen, aber wo eigentlich? Ich wünschte mich nur weit weg, weg von dieser Trostlosigkeit, irgendwohin, wo meine Schmerzen gelindert, aber auch nicht völlig verschwinden würden, wo ich vergessen und selbst entscheiden könnte, wann ich mich wieder erinnern würde.
    Unser Auto hielt am Straßenrand. Ein gutes Stück voraus stand eine Militärkolonne mit Ausrüstung und Nachschub.Auf die Humvees waren Kanonen montiert, dahinter stand jeweils ein Soldat mit Helm, amerikanische Flaggen flatterten an den Antennen. Infanterieeinheiten sicherten den Zug aus der Ferne, und Spähposten auf Hügeln und Brücken ringsum beobachteten uns. Man befürchtete, ein sprengstoffgefülltes Auto könnte versuchen, sich in die Kolonne zu drängen. Mein Fahrer wagte nicht vorbeizufahren. Auf einem Schild stand: »Halten Sie einen Mindestabstand von 200 Metern. Es wird scharf geschossen.« Darunter waren in roter Farbe ein Totenkopf und zwei gekreuzte Knochen abgebildet. Wir mussten lange warten. »Vielleicht entschärfen sie eine Straßenbombe«, meinte mein Fahrer. Irgendwann setzte sich der Konvoi ganz langsam in Bewegung.
    Wir seien unterwegs zur syrischen Grenze, dort werde er mich absetzen, und in Damaskus werde ich weiterbehandelt, erklärte mir mein Fahrer immer wieder. Offenbar hatte ich ihn wiederholt gefragt, wo wir hinfuhren. Der Fahrer war gleichzeitig mein Pfleger. Für ein Bündel Dollars, das die Amerikaner ihm gezahlt hatten, hatte er sich auf das Abenteuer eingelassen, mich lebendig oder tot außer Landes zu bringen. Er hatte drei Familien zu ernähren. Unbekannte hatten seinen Bruder und seinen Cousin zwei Monate zuvor aus ihren Häusern gezerrt. Todesschwadronen, Polizisten, Milizen oder Angehörige der Grenztruppen. Wo war der Unterschied? Seitdem hatte er nichts mehr von den beiden gehört.
    Gibt es auf der Strecke, auf der wir fuhren, eine Raststätte namens Kilometer 160? Die als ferner Punkt in der Mittagshitze auftaucht, mit Tankstelle, Restaurant, ein paar Läden und einer Teestube? Oder habe ich sie mir nur eingebildet? – Plötzlich stoppten uns vermummte Bewaffnete. Es waren Straßenräuber; der Fahrer hatte schon erwartet, dass sie irgendwann auftauchen würden. Er sagte ihnen, er seibeauftragt, mich zur syrischen Grenze zu bringen. Er musste aussteigen, und sie durchsuchten ihn, fanden aber nur eine Armbanduhr und ein paar hundert wertlose Dinar. Dann durchsuchten sie unser Auto, in dem sie auch keine Kostbarkeiten fanden. Einer beugte sich zu mir herein. Nur seine Augen waren zu sehen, und er schien enttäuscht zu sein von meiner schmächtigen Statur, meinem blassen

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