Gottes kleiner Finger - [Thriller]
nicht lang.«
Lauri schüttelte heftig den Kopf.
»Das brauchst du nicht zu fürchten, ich hab viele neue Hobbys.«
»Wie zum Beispiel?«
»Zum Beispiel Teilzeitlandbau.«
Katharine konnte sich ein kleines Kichern nicht verkneifen. Es fiel ihr sehr schwer, sich Lauri vorzustellen, wie er den Acker bestellte.
»Lach nicht, das ist ziemlich kränkend«, bemerkte Lauri.
»Und was wirst du anbauen?«, fragte Katharine und bemühte sich, ernst zu bleiben.
»Zunächst einmal vor allem Äpfel. Diese Apfelbäume waren schon da, und sie haben den Vorteil, dass sie allein zurechtkommen, oder zumindest fast allein, ohne dass der Apfelbauer ihnen sofort zu Hilfe eilen muss, wenn ein Unkraut seinen furchterregenden Kopf aus dem Boden steckt.«
»Hast du die Sache nun auch ganz richtig verstanden?«, zweifelte Katharine laut. »Unkraut bekämpft man oft mit etwas anderer Logik als Gangster, die sich in eine Baustelle drängen, um sie zu sabotieren.«
»Mag sein. Aber das Mädchen aus dem Laden für Gartenbedarf hat mir gesagt, ich müsse mir einen kleinen Flammenwerfer besorgen, um das Unkraut in Schach zu halten. Das klang ja nun letzten Endes nicht so schrecklich anders. Flammenwerfer sind ja doch ziemlich militaristische Requisiten. Zumindest finde ich das.«
Beide schwiegen einen Moment, waren einfach still und genossen die Gesellschaft des anderen und das Wiedersehen.
»Zum Speiseplan nur so viel, dass ich heute sogenannte Heringsfilets nach Gentlemanart braten wollte«, sagte Lauri schließlich. »Das ist ein so einfaches Rezept, dass sogar du es lernen könntest. Vielleicht.«
Katharine runzelte die Brauen.
»War das eine Art Spitze gegen mich?«
»Keineswegs!«, beteuerte Lauri eilig.
»Wie geht das?«
»Komm, ich zeige es dir.«
Sie gingen in die Küche. Lauri nahm aus dem Kühlschrank einen großen Beutel Heringsfilets aus dem Laden um die Ecke und stellte den Backofen auf zweihundert Grad ein.
»Gebratene Filets von Ostseeheringen sind ein klassisches finnisches Traditionsgericht«, erklärte Lauri. »Eines der wenigen, die man auch noch im Restaurant bekommt. Auf Englisch heißt der Fisch Baltic herring , das ist nicht dasselbe wie der bloße herring, der in unserer Sprache silli heißt.«
»Sil-li«, sagte Katharine sorgfältig artikulierend. »Ich glaube, ich habe verstanden.«
» Silakka ist sonst natürlich genau dasselbe wie silli , dieselbe Art, nur dass die silakka in der Ostsee und die silli in größeren Gewässern leben, und die silli haben einen höheren Fettgehalt.«
»Ich werde versuchen, mir das zu merken«, sagte Katharine ernst.
Lauri nahm aus einer Schublade die Plastiktüte eines Supermarktes heraus, dessen Name mit großen Druckbuchstaben darauf stand: Siwa. Katharine lächelte, als sie das Wort sah. Dann kippte Lauri in die Plastiktüte Salz, Pfeffer und Roggenmehl.
»Normalerweise werden die Heringsfilets zum Braten vorbereitet, indem je zwei aufeinandergelegte, gewürzte Heringsfilets in Eigelb gewendet und dann in Semmelbröseln oder in Roggenmehl gewälzt werden. Ein sehr, sehr mühsames Geschäft. Ich mache es lieber so.«
Lauri schüttete die Heringsfilets in dieselbe Plastiktüte, in der sich schon Salz, Pfeffer und Roggenmehl befanden. Er hielt die Tüte zu und schüttelte sie eine Weile kräftig. Dann kippte er den ganzen Inhalt der Plastiktüte kalt und – wie Katharine fand, auch etwas – auf das Ofenblech. Er ebnete den Haufen ein wenig und schob das Blech in den Ofen.
»Voilà«, sagte er. »Ich finde diese Methode viel praktischer als die übliche.«
Katharine grinste.
»Jetzt verstehe ich, warum sie Heringsfilets nach Gentlemanart heißen.«
»Jetzt brauchen wir nur abzuwarten, bis die Filets knusprig gebraten sind. Ach ja, wir könnten auch Kartoffeln kochen. Obwohl zu gebratenen Heringsfilets eigentlich sogenannter Kartoffelbrei gehört. Finnish mashed potatoes .«
»Okay, du kannst mir auch das beibringen.«
Katharine stützte den Ellbogen auf den Esstisch, legte den Kopf schräg in die Hand und sah Lauri nachdenklich an.
»Möchtest du ein Glas kühlen Weißwein?«, fragte Lauri.
»Ist es dafür nicht noch etwas zu früh?«
»Die Deutschen sagen, vor Sonnenuntergang sollte man keinen Alkohol trinken. In Finnland funktioniert das nicht besonders gut, zumindest nicht in Lappland, wo die Sonne im Sommer überhaupt nicht untergeht und wo man, den deutschen Regeln entsprechend, im Winter viele Monate lang hintereinanderweg trinken könnte.
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