Gottesfluch: Thriller (German Edition)
sah sofort, dass Margaret O’Connor keine besonders gute Fotografin gewesen war. Sie hatte einfach die Kamera auf alles gehalten, was sich bewegte, und auch auf die meisten Dinge, die sich nicht bewegten, und dann den Auslöser betätigt. Es waren typische Urlaubsbilder: Ralph am Flughafen, der am Förderband auf das Gepäck wartete; Margaret neben ihrem Mietwagen, bevor sie nach Rabat fuhren; der Blick durch die Windschutzscheibe, als sie Casablanca verließen, solche Sachen eben. Aber die Fotos waren sehr scharf und deutlich, weil die Hightech-Kamera die Unzulänglichkeiten der Person, die sie benutzte, auffing.
»Das ist der Souk hier in Rabat.« Kirsty deutete auf den Bildschirm. Sie nahm die CD aus dem Laufwerk, als der Kopiervorgang beendet war, legte sie in eine Plastikhülle und reichte sie Bronson. »Mom liebte ihn. Es war einer ihrer Lieblingsorte. Sie sagte, die Gerüche seien einfach berauschend und es würden dort die erstaunlichsten Waren angeboten.«
Sie klickte etwas schneller durch die Fotos. Dann sah Bronson plötzlich eine Reihe von deutlichen Fotos aus sehr merkwürdigen Blickwinkeln, die anscheinend vollkommen willkürlich aufgenommen worden waren, im Unterschied zu den Fotos zuvor.
»Was ist denn da passiert?«, wollte er wissen.
Kirsty lächelte. »Das war an dem Tag, bevor sie Rabat verließen. Sie hat mir gemailt, dass sie versucht hat, Fotos im Souk zu machen, aber die meisten Händler sich nicht so gern fotografieren ließen. Also hat sie die Kamera neben ihrer Handtasche versteckt, heimlich fotografiert und gehofft, dass irgendetwas Brauchbares dabei herauskam.«
»Was ist das?« Bronson deutete auf ein Foto.
»Es gab da eine Art Streit im Souk, als sie dort waren, und Mom hat etwa ein Dutzend Fotos davon gemacht.«
»Ach ja. Die Geschichte in der Lokalzeitung von Canterbury. Ich wünschte wirklich, Sie hätten mit jemandem von der Polizei gesprochen, bevor Sie sich an die Presse wandten, Mrs. Philips.«
Kirsty errötete und erklärte, dass ihr Ehemann David mit einem Redakteur bei der Lokalzeitung bekannt war und ihn gebeten hatte, die Geschichte zu schreiben.
Als Kirsty ihm sagte, was passiert war, wurde Bronson klar, dass nicht nur Margaret O’Connors Digitalkamera und ihr Memorystick fehlten. Abgesehen von der Tontafel, über die sie ihrer Tochter in der letzten E-Mail so aufgeregt und ausführlich berichtet hatte, waren auch ihr Ersatz-Memorychip und der Kartenleser verschwunden.
»Mein Ehemann ist davon überzeugt, dass es kein einfacher Verkehrsunfall war«, sagte Kirsty. »Wenn die Tontafel nach dem Unfall immer noch im Wagen gewesen wäre, dann hätte er sich zweifellos geirrt.« Sie sah Bronson scharf an. »Und – war sie im Auto?«
»Nein«, gab er zu und deutete auf die Inventarliste, die vor ihnen auf dem Tisch lag. »Ich habe den verantwortlichen Polizeioffizier danach gefragt. Außerdem muss ich Ihnen noch sagen, dass die Kamera und zwei oder drei andere elektronische Gegenstände Ihrer Mutter ebenfalls verschwunden sind. Sie können natürlich auch einfach von einem Taschendieb an ihrem letzten Tag hier gestohlen worden sein, und vielleicht hat sie beschlossen, das Risiko, die Tontafel mit nach England zu nehmen, nicht einzugehen. Es muss nicht sein, dass wir es hier mit einer Verschwörung zu tun haben.«
»Ich weiß.« Kirsty Philips klang resigniert. »Aber ich konnte Davids Meinung nicht ändern. Oh, und vermutlich wird es noch mehr Zeitungsberichte darüber geben. Davids Kontaktmann von der Zeitung in Canterbury hat mit einem Reporter der Daily Mail über die Geschichte geredet. Der hat uns gestern Nachmittag hier angerufen, um mit uns darüber zu sprechen. Ich glaube, in der heutigen Ausgabe erscheint sein Artikel.«
In diesem Moment tauchte ein großer, gut gebauter junger Mann mit lockigem braunem Haar im Foyer auf und steuerte geradewegs auf sie zu.
Kirsty stand auf, um die beiden Männer miteinander bekannt zu machen. »David, das ist Detective Sergeant Bronson.«
Bronson erhob sich ebenfalls, und die beiden Männer schüttelten sich die Hände. David Philips wirkte irgendwie angespannt und voller unterdrückter Energie, als könnte er sich kaum zurückhalten.
»Lassen Sie mich raten, Sergeant«, sagte Philips, während er sich auf das Sofa setzte. Seine Stimme klang leise und ärgerlich. »Ein Verkehrsunfall, richtig? Wie er alle naselang passiert, ja? Ein britischer Autofahrer in einem fremden Land, der zu dämlich ist, seinen Wagen um eine
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