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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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die Familie genug gelitten hat, deshalb soll nicht auch das noch ins Scheinwerferlicht gezogen werden. Vor allem denkt er wohl an seinen Vater. Aber auch an den Ruf seiner Mutter. Und an sich selbst, glaube ich.«
    »Schwester«, sagte Yngvar nachdenklich. »Eine unbekannte Schwester passt eigentlich in diese Geschichte, aber sie ist …«
    »Das ist nicht möglich«, fiel Astrid ihm ins Wort und setzte sich gerade.
    Sie saß neben ihm wie eine Königin, angespannt, ohne den Rücken anzulehnen, mit geschlossenen Beinen. »Eva Karin hätte Lukas niemals eine Schwester verheimlicht.«
    »Das glaube ich Ihnen«, sagte Yngvar, ohne den Blick von dem Bild abzuwenden. »Denn diese Frau, wenn sie noch lebt, ist heute zu alt, um Lukas’ Schwester zu sein.«
    »Zu alt? Woher wissen Sie das? Auf dem Bild steht doch keine Jahreszahl, und …«
    Diesmal fiel Yngvar ihr ins Wort. »Wir sind ja auch selbst schon auf den Gedanken gekommen, dass es ein Kind geben könnte. Diese Geschichte, dass sie mit sechzehn Jesus begegnet ist, war für Eva Karins Leben offenbar entscheidend. Es ist durchaus denkbar, dass sie damals schwanger war und in diesem Zusammenhang bekehrt wurde. Das Übliche damals war, dass ledige junge Mütter ihre Kinder zur Adoption freigaben. Aber …«
    Er schüttelte kurz den Kopf. »Ich habe mir in diesen Wochen ein ziemlich gutes Bild der Bischöfin gemacht. Und ich muss Ihnen zustimmen. Wenn es ein Kind aus jener Zeit gäbe, dann hätte sie Lukas davon erzählt. Zumindest, als er erwachsen war. Heute würde man sie ja durchaus nicht mehr verurteilen. Im Gegenteil, eine solche Geschichte würde alles untermauern, was sie sagt … Alles, was sie in der Abtreibungsfrage gesagt hat.«
    Astrid griff nach dem Bild und hielt es vorsichtig hoch. »Die Ähnlichkeit kann ein Zufall sein«, sagte sie. »Ich war immer der Meinung, dass Lukas Ähnlichkeit mit Lill Lindfors hat, und sie sind bestimmt nicht verwandt.«
    »Lill Lindfors?«
    Yngvar lächelte, als er sich das Foto noch einmal ansah.
    »Diese Frau sieht ihr auch ähnlich. Und Sie haben recht, es trifft auch auf Lukas zu. Er ist eine dunkelhaarige männliche Ausgabe von Lill Lindfors.«
    »Und Sie haben Ähnlichkeit mit Brian Dennehy«, sagte Astrid lächelnd. »Dieser amerikanische Schauspieler, wissen Sie. Auch wenn er bestimmt nicht Ihr Bruder ist.«
    »Das habe ich schon oft gehört«, sagte Yngvar grinsend und setzte sich sehr gerade. »Aber ist er nicht dicker als ich, was meinen Sie?«
    Sie gab keine Antwort. Er nahm sich noch ein Brötchen.
    »Wieso glauben Sie, dass sie zu alt ist?«, fragte sie.
    »Eine Frau, die 1962 oder 1963 geboren ist, ist heute …«
    Er rechnete kurz. »Um die sechsundvierzig. Sechsundvierzig Jahre. Was glauben Sie, wie alt die Frau war, als das Bild gemacht wurde?«
    »Weiß nicht so recht«, sagte sie zögernd. »Dreiundzwanzig? Fünfundzwanzig?«
    »Vermutlich jünger. Vielleicht nur achtzehn. Früher sah man ein bisschen älter aus, wenn Bilder beim Fotografen gemacht wurden. Es hing sicher mit Kleidung und Frisuren und so zusammen. Ich bin 1956 geboren, und ich würde schwören, dass die Frau auf dem Bild älter ist als ich.«
    »Aber wieso … Sie können doch nicht …«
    »Erstens haben Sie die Papierqualität«, sagte er und berührte vorsichtig einen Rand des Bildes. »Wenn diese Frau wirklich zu Anfang der Sechzigerjahre geboren wurde, dann wäre das Bild …«
    Wieder rechnete er in Gedanken kurz nach. »Um 1980 aufgenommen. Finden Sie, dass dieses Bild auf irgendeine Weise danach aussieht?«
    Astrid schüttelte den Kopf.
    »Ich auch nicht«, sagte Yngvar. »Ich glaube, es stammt vom Beginn der Sechzigerjahre. Kann noch von 1965 sein, aber wohl kaum später. Sehen Sie sich die Kleider an! Und die Frisur!«
    »Ich bin 1980 geboren«, sagte sie kleinlaut. »Ich weiß nur wenig über die Mode aus den Sechzigerjahren. Aber das bedeutet doch, dass diese Frau … diese Dame … sie muss in Eva Karins Alter sein!«
    »Ja«, sagte Yngvar und ertappte sich dabei, dass er nach einem weiteren Brötchen greifen wollte. »Und dann …«
    Wieder legte er sich das Bild aufs Knie. Er beugte sich darüber und musterte jeden einzelnen Zug. Die feine gerade Nase. Die gewölbte, faltenlose Stirn. Die Wangen waren glatt, die Haare schienen angemalt zu sein, sie lagen in schönen Wellen, mit einem Schwung über den Schläfen. »Kann es eine Schwester sein?«, murmelte Yngvar. »Sie hat keine Ähnlichkeit mit Eva Karin, aber

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