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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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erzählten die Geschichten vergangener Zeiten und jeder zerbröckelnde Stein war eine Chronik. Ich sehnte mich, auf der Schaubühne berühmter Thaten zu wandeln, – in die Fußtapfen des Alterthums, wenn ich so sagen darf, zu treten, – um die zerfallene Burg zu streifen, – über den einbrechenden Thurm mich in Nachdenken zu versenken, – mit einem Worte, der verbrauchten Wirklichkeit der Gegenwart zu entfliehen und mich in der schattigen Größe der Vergangenheit zu verlieren.
    Ich hegte überdieß den ernstlichen Wunsch, die großen Männer der Erde zu sehen. Wir haben allerdings unsere großen Männer in Amerika; es gibt keine Stadt bei uns, welche nicht eine beträchtliche Menge derselben aufzuweisen hätte. Ich habe mich zu meiner Zeit zu ihnen gesellt und fühlte mich durch den Schatten, in welchen sie mich stellten, fast verschrumpft; denn es gibt für einen kleinen Mann nichts schrecklicheres, als der Schatten eines großen, besonders des großen Mannes einer Stadt. Es trieb mich aber, die großen Männer Europa’s zu sehen; denn ich hatte in den Werken verschiedener Philosophen gelesen, alle Thiere arteten in Amerika aus, und somit auch der Mensch. Ich dachte daher, ein großer Mann Europa’s müsse über einen großen Mann Amerika’s wegragen, wie ein Alpengipfel über das Hochland des Hudson; und in diesem Gedanken mußte ich auch durch den Anblick verhältnißmäßiger Wichtigkeit und stolzer Erhabenheit vieler Engländer, die uns besuchten und welche, wie man mich versicherte, in ihrem eigenen Lande sehr kleine Leute waren, mich sehr bestärkt finden. Ich will dieses Land der Wunder heimsuchen, dachte ich, und das Riesengeschlecht sehen, das in mir ausgeartet ist.
    Mein Glücks-oder mein Unglücksstern wollte, daß meiner Reisesucht Genüge geschah. Ich habe verschiedene Länder durchwandert und viele der wechselnden Scenen des Lebens mit angesehen. Ich könnte nicht sagen, daß ich sie mit dem Auge eines Philosophen durchdrungen hätte; ich verweilte eher mit dem müßigen Blicke bei ihnen, mit welchem unbemittelte Freunde des Malerischen von dem Fenster eines Kupferstichhändlers zu dem eines andern schlendern und bisweilen durch das Abbild der Schönheit, bisweilen durch die Verrenkungen der Karrikatur, und bisweilen durch die Lieblichkeit der Landschaft gefesselt werden. Da es bei den Touristen der Neuzeit Mode geworden ist, mit dem Bleistift in der Hand zu reisen und ihre Mappen mit Skizzen angefüllt nach Hause zu bringen, so fühle ich mich geneigt, zur Unterhaltung meiner Freunde einige derselben auszustellen. Doch sinkt mir bei dem Durchblättern der Bemerkungen und Andeutungen, welche ich zu diesem Zwecke niederschrieb, fast der Muth, wenn ich sehe, wie weit mich meine müßige Laune von den großen Zwecken, welche jeder ordentliche Reisende, der ein Buch schreiben will, zu studiren pflegt, hinweg geführt hat. Ich besorge, ich muß das Loos eines unglücklichen Landschaftmalers theilen, welcher das Festland bereiste und, indem er seiner Schlenderlaune den Willen ließ, nur Ecken, Winkel und abgelegene Orte zeichnete. Demzufolge war sein Skizzenbuch mit einer Menge von Hütten, Landschaften und unbekannten Ruinen angefüllt; aber er hatte versäumt, die St. Peterskirche und das Coliseum, den Wasserfall von Terni und den Meerbusen von Neapel zu malen, und in seiner ganzen Sammlung war nicht ein einziger Gletscher oder feuerspeiender Berg zu finden.
    Die Seereise.

Ihr Schiffe, ich erspäh’ euch,
Auf der Flut –
Und ich komm’ und seh’ euch;
Sagt, was ihr beschützet,
Und was ihr nützet,
Wohin ihr geht, was ihr thut.
Eins segelt fort, in Handel und Verkehr,
Ein andres bleibt, des Landes sichre Wehr,
Ein drittes kömmt nach Haus, an Schätzen schwer.
Halt ein, mein Geist, wohin enteilest du?
Altes Gedicht .

    Für einen Amerikaner, der Europa besucht, ist die lange Seereise, die er zu machen hat, ein treffliches Vorbereitungsmittel. Der einstweilige Mangel aller weltlichen Auftritte und Beschäftigungen bringt einen Gemüthszustand hervor, welcher besonders geeignet ist, neue und lebhafte Eindrücke aufzunehmen. Der weite Wasserraum, welcher die Halbkugeln trennt, ist wie ein weißes Blatt im Leben. Hier ist kein allmähliger Uebergang, durch welchen, wie in Europa, das Aussehen und die Bevölkerung eines Landes fast unmerklich mit denen eines andern sich verschmelzen. Von dem Augenblicke, wo ihr das Land, das ihr verlaßt, aus dem Gesicht verliert, ist Alles ein leerer Raum, bis

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