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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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verwundert den Mann, der mit seinen kurzen Armen eine kreisförmige Bewegung beschrieb. Sie sammelten sich, und ihr Geflüster raschelte.
    »Ich bin«, sagte der Unscheinbare, »euer Capitaine, meine Kleinen. Seid ihr gut gereist? Ja?« Erstaunte, fragende Blicke kreuzten sich. Wollte sich der Mann einen Spaß erlauben? Einen solchen Ton war man in der Legion nicht gewohnt. Als alle stumm blieben: »Ich möchte gern eine Antwort! Seid ihr gut gereist? Habt ihr eine Klage vorzubringen? Redet nur ruhig. Oder, wenn einer von euch nicht öffentlich reden will, so mag er sich melden und nachher zu mir ins Büro kommen. Ich bin da, um euch zu eurem Recht zu verhelfen. Nun, nochmals, seid ihr gut gereist?«
    Zögernd, im Chor, die Antwort »Oui, mon capitaine.«
    »So ist's recht. Ich merke, ihr müßt euch zuerst an meine Art gewöhnen… In Algerien, denk' ich, hat man euch nur angeschnauzt und sich dann nicht weiter um euch gekümmert. Nun, hier bei mir im Posten, ist das anders. Ich fühle mich verantwortlich für euch alle, ja für alle…« Wieder die kreisförmige Bewegung mit den Ärmchen. »Ihr sollt es gut haben hier. Wenn ihr euch Frankreichs Fahne verpflichtet habt, so sollen wir, eure Vorgesetzten, als Vertreter der großen Republik, euch Dank wissen dafür. Jawohl… Nun, heute habt ihr frei – ihr und meine Kompagnie… (das Wort ›meine‹ unterstrich der Capitaine mit stolzer Betonung und Gebärde)… Meine Kompagnie und ihr habt heute frei – der 14. Juli ist ein festlicher Tag, und feierlich wollen wir seinen Abend begehen. Was für ein Tag es ist – heut abend werd ich's euch erklären. Morgen wird der Chef eure Effekten nachsehen – jetzt könnt ihr abtreten.«
    Er fuhr mit seiner feisten Hand ganz scharf zur Stirne, die versteckt war unter dem resedagrünen Stoff der Policemütze – aber weder auf ihr noch auf den Ärmeln glänzten die drei goldenen Borten seines Grades. Und dieser ungewohnt korrekte Gruß (in Algerien hatten gewöhnlich die zwei Finger eines Offiziers Mühe, sich in Schulterhöhe zu heben) schien die Zuhörer des kleinen, unscheinbaren Mannes zu begeistern. Es knallten die Absätze, als sie aneinanderprallten, gestreckt fuhren die Hände zu den Korkhelmen und blieben dort, die Handfläche nach außen.
    Capitaine Chabert aber trollte sich wieder, ohne den Adjutanten beachtet zu haben.
    Die Leitung des abendlichen Festes hatte Sergeant Baguelin übernommen, ein rothaariger Südfranzose, dessen zarte, mit viel Sommersprossen übersäte Haut die Sonne auch nach sechs Monaten noch nicht hatte braun brennen wollen. Er gehörte nicht der Fremdenlegion an, sondern der Kolonialtruppe, besorgte die Post und bediente das Telephon.
    Mit Sergeant Hühnerwald von der Cooperative und Korporal Dunoyer (16 Dienstjahre, davon zwölf in den ›Travaux publics‹) hatte er am Nachmittag die Baracke der Mitrailleusensektion ausgeräumt und die Bühne auf zehn Fässern aufgestellt, die Korporal Lös von der Administration geliehen hatte. Wenig Sitzgelegenheiten: ein paar alte Feldbetten, deren Füße mit Draht befestigt waren. In der ersten Reihe standen drei wirkliche Stühle…
    Die Vorstellung begann nach dem Nachtessen, das überaus reichlich gewesen war. Vier Mundharmonikabläser eröffneten das Programm: sie spielten die Marseillaise und stampften dazu im Takt über die Bretter, die sich in der Mitte bogen. Die Zuschauer hatten sich erhoben, der Capitaine sang laut mit, einige brummten die Melodie, die andern standen schweigend und gelangweilt, mit gefalteten Händen, wie in der Kirche. Dann traten die Spieler ab, und alles ließ sich wieder nieder. Die Feldbetten aber konnten das schwere Gewicht nicht tragen, sie brachen zusammen, worauf sich die Versammlung verpflichtet fühlte, ein lautes Lachen erschallen zu lassen. Auch der Capitaine, bequem zurückgelehnt auf seinem Stuhl, ließ ein überzeugtes Wiehern hören. Er hatte in der ersten Reihe Platz genommen. Rechts von ihm hockte seine Ordonnanz, der ungarische Kommunist Samotadji, dessen blonder Bart am Gürtel spitz auslief; links saß der Korporal Hans Lös mit verschränkten Beinen, in einer Stellung, die er vom Scheich des nahen Dorfes gelernt hatte. In weitem Halbkreis umgaben den Capitaine noch etwa zwanzig Mann, als eine Art Leibgarde, und unter dieser befand sich ein einziger Gradierter, eben jener Korporal Lös. Die Vorliebe des Capitaines für den gemeinen Mann war allzu bekannt. Er trug noch immer seinen verwaschenen Khakianzug,

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