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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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der nirgends die drei goldenen Streifen seines Grades sehen ließ.
    Aus seinem wohlausgestatteten Zimmer hatte Peschke, Leutnant Lartigues Ordonnanz, einen Klubsessel geschleppt, in dem der Leutnant mit langausgestrecken Beinen lag. Die weiße, gut gebügelte Uniform ließ seine massigen Glieder noch dicker erscheinen. Sein blondes Haar zitterte im Luftzug über der gelben Rundung seiner Stirne; Müdigkeit hatte rund um die Augen und um die trockenen, weißlichen Lippen Falten eingegraben. Am Morgen hatte er einen Fieberanfall gehabt und darum zwei Gramm Chinin geschluckt. Außerdem hatte ihm seine kleine arabische Freundin draußen im Dorf einen Aufguß von Hanfblättern bereitet. Deshalb glänzten seine starkvorgewölbten Augen im Flimmern der vielen Kerzen, die rings an den Wänden auf kleinen Holzbrettern brannten. Nur vorn an der Bühne waren Karbidlampen aufgestellt, deren Pfeifen in der bisweilen einsetzenden Stille deutlich zu hören waren. In einer Ecke, auch in der ersten Reihe, saßen, wie auf einer Insel, voneinander wie durch eine gläserne Wand getrennt, Leutnant Mauriot und Adjutant Cattaneo. Leutnant Mauriot, dessen glattes Bubengesicht vergebens versuchte, sich in verächtliche Falten zu legen – zu gespannt und jung war noch seine braune Haut – und des Adjutanten versoffenes Gesicht, das im gelben Licht grünlich leuchtete, wie das Gesicht eines Ertrunkenen, waren trotz dem Platzmangel von einem kleinen, leeren Raum umgeben, der unübersteigbar schien. Von Zeit zu Zeit warf Leutnant Lartigue aus seinen Kugelaugen einen spöttischen Blick nach den beiden, und ein andauerndes inneres Gelächter, das sich nicht entladen konnte, durchschüttelte seinen Körper.
    Endlich, nach einer langen Pause, erschien Sergeant Baguelin auf der Bühne. Um seine knochige Hüften hatte er ein buntes Tuch gewunden, und um den nackten Oberkörper, in der Höhe der Brustwarzen, ein gepolstertes Bändchen geknüpft, das wohl einen Büstenhalter vorstellen sollte. Eckig, mit den Hüften pendelnd kreuzte er über die Bretter, wobei die hölzernen Absätze, die er an seine Tuchschuhe geleimt hatte, im Steptakt klappten. Er sang mit hoher Stimme:
    »Et puis si par hasard,
Tu voyais ma tante…«
    Dazu zwinkerte er. Das Wort ›Tante‹ löste ein lautes Brüllen aus. Chabert beugte sich zu Lös, klopfte ihm auf die Schulter und kniff das linke Auge zu. Lös fühlte sich geschmeichelt; er war der einzige Unteroffizier, dem der Capitaine Freundschaft bewies, wahrscheinlich weil er kein Kommando hatte.
    Leutnant Lartigues Gesicht war naß. Das endlich ausgelöste Gelächter hatte einen Schweißausbruch zur Folge gehabt, und seine Haare waren strähnig geworden. Sein Gesicht schien nun eingefallen, alt und durchfurcht, der Nasenknochen trat deutlich hervor, schmal und spitz, unter der dünnen Haut.
    Aber der Lärm verstummte plötzlich, und eine schier ehrfurchtsvolle Stille legte sich auf die Köpfe der vielen, die wie abgelöste Kugeln auf der dunstigen Luft schwammen. Eine Frauengestalt stand auf der Bühne, in einem einfachen braunen Kleid, das von den Schultern geradlinig herabfiel. Die Haut, von einem warmen Braun, war wenig heller nur als die Augen, die ruhig und ein bißchen matt in die Ferne sahen.
    Erst stand die Gestalt reglos und ließ die Arme entspannt herabhängen. Der Scheitel, der ihr dunkles Haar auf der rechten Seite teilte, war ein sehr weißer Strich, das einzige Weiße an der Erscheinung. Und sie begann zu singen, in deutscher Sprache, ohne merkliche Bewegung, nur der Kopf schwankte sanft auf langem Halse im Takte der Melodie:
    »Wir sind die Dollarprinzessen,
Mädchen aus lauter Gold.«
    Deutlich war die Wirkung des Gesanges in der schweren Stummheit; die gespannten Körper der Lauschenden füllten den Raum mit einer harten Sehnsucht, und die Seufzer, die laut wurden, rissen bunte Fetzen aus den vielen Vergangenheiten und warfen sie in die Baracke, die umgeben war von einer hellen Nacht, einer fremden und feindlichen.
    Als sie geendet hatte, verbeugte sich die Frauengestalt leicht und bescheiden, und hielt dabei die Hände in ihrem Schoß gefaltet. Nun schwoll Klatschen an und Füßegetrampel, immer stärker wurde der Lärm. Pfiffe zerschnitten ihn und begeisterte Schreie; all dies schien die Gestalt nicht zu berühren. Sie verbeugte sich noch einmal und ging dann ab, mit leicht wiegenden Schritten. Aber der Beifall rief sie noch einmal hervor. Mit gut gespieltem Zögern betrat sie die Bretter von neuem,

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