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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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heute«, antwortete trocken Agustín. »Aber dann werden Sie finden, daß Sie an der Seele des Generals noch eine ganze Menge zu arbeiten haben.« – »Es ist deine Schuld«, empörte sich Goya, »wenn ich nicht rechtzeitig abliefern kann. Ich hatte geglaubt«, höhnte er, »so viel Handwerk wenigstens hättest du dir zugelegt, daß du nicht eine ganze Woche auf einen Pferdearsch verwenden mußt.«
    Agustín nahm dem Freunde die Grobheit nicht übel. Was Francisco sagte, zählte nicht; es zählte nur, was er malte. Ins Bild malte er seine Empfindungen und Ansichten treu und wahr bis an die Grenze der Karikatur. Und die Bilder, die Francisco von ihm, Agustín, gemalt hatte, trugen nicht nur die Inschrift: »Dem Don Agustín Esteve sein Freund Goya«, sie waren in Wahrheit das Werk eines Freundes.
    Goya machte sich wieder an das Porträt, und wieder arbeiteten beide eine Weile schweigend. Dann klopfte es an dieTür, und herein kam ein unangemeldeter Gast, Don Diego, der Abate.
    Goya störte es nicht, wenn man ihm bei der Arbeit zuschaute; er war diszipliniert und verhöhnte jene Maler, die, wie Antonio Carnicero, der Nichtskönner, viel von Stimmung redeten. Franciscos Freunde und seine Kinder mochten jederzeit ins Atelier kommen, Fragen an ihn richten und nach Belieben schwatzen, während er malte. Versperrt war sein Atelier erst nach der sehr frühen Abendmahlzeit; dann ließ er nur zu, wen er sich selber aussuchte, einen Freund oder eine Freundin, oder er blieb auch allein.
    Er war also nicht eben ungehalten, als der Abate kam, beinahe war er ihm heute willkommen. Er spürte, er werde das, was ihm vorschwebte, heute doch nicht »sehen«, es gehörte zu dem wenigen, was sich durch Arbeit nicht erzwingen ließ, worauf man zu warten hatte.
    Müßig schaute er zu, wie der Abate im Atelier herumging. Der schwere Herr saß niemals still, auffallend leichten Schrittes ging er durchs Zimmer; er hatte, Don Diego, eine selbstverständliche Art, wo immer er war, alles zu untersuchen, es in die Hand zu nehmen, wieder hinzulegen, Bücher, Schriftstücke, Gegenstände jeder Art. Goya, der Menschen schnell durchschaute, kannte den Abate seit langem, aber er war sich über sein Wesen nie klargeworden, ihm war, als trüge der sehr intelligente Mann ständig eine kunstvolle Maske. Unter der hohen, schönen Stirn Don Diegos schauten kluge, lustige Augen, darunter war eine flache, gerade Nase; voll, überaus breit, genießerisch streckte sich der Mund. Das ganze Gesicht saß blaß, jovial, gescheit und sehr unpassend über der schwarzen geistlichen Gewandung. Der Abate war eher ungeschlacht, doch war alles an ihm gepflegt, und er vermochte selbst die geistliche Gewandung elegant zu machen; kostbare Spitzen schauten aus der schweren, schwarzen Seide, steinbesetzt glänzten die Schnallen der Schuhe.
    In dem großen Atelier umherwandernd, erzählte der Abate allerlei Klatsch, freundlich ironisch, manchmal auch scharf,niemals langweilig. Er war gut informiert, er war bei den Herren der Inquisition ebenso zu Hause wie in den Kreisen der Freigeister.
    Francisco zollte ihm wenig Aufmerksamkeit. Da aber hörte er ihn sagen: »Als ich heute beim Lever Doña Cayetanas war, –« Er zuckte hoch in jäher Erregung. Doch was war das? Er sah den Abate die Lippen bewegen, aber er hörte kein Wort. Ungeheurer Schreck faßte ihn. War jene Krankheit zurückgekommen, die er für immer überwunden glaubte? War er taub? Er schickte einen Blick des Grauens und der Hilflosigkeit hinüber zu dem alten Holzbild der Jungfrau de Atocha. Was die Jungfrau und alle Heiligen verhüten mögen, dachte er, er dachte es mehrere Male, es war alles, was er denken konnte.
    Als er wieder hörte, erzählte der Abate von dem Doktor Joaquín Peral, der offenbar auch bei dem Lever der Alba gewesen war. Doktor Peral war erst vor kurzem aus dem Ausland zurückgekehrt und über Nacht der Wunderarzt der Madrider Gesellschaft geworden; es hieß, er habe den Grafen Espaja vom Tode auferstehen machen. Überdies, erzählte der Abate, sei der Doktor beschlagen in allen Künsten und Wissenschaften und ein ausgezeichneter Gesellschafter, man reiße sich um ihn. Allein er sei verwöhnt und mache sich kostbar. Der Herzogin von Alba freilich warte er täglich auf, und sie schätze ihn außerordentlich.
    Francisco bemühte sich, den Atem ruhig zu halten. Hoffentlich hatten Agustín und dieser Don Diego nichts von seinem Anfall bemerkt; sie waren luchsäugig, beide. »Mir hat noch keiner

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