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Grabkammer

Grabkammer

Titel: Grabkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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zusammen«, sagte Robinson. Er ging zum Kopfende, während Pulcillo sich am Fußende postierte. »Wir müssen den ganzen Körper stützen und darauf achten, dass er an keiner Stelle zu stark belastet wird. Also, wenn wir vielleicht alle vier mit anpacken könnten?«
    Maura schob ihre behandschuhten Hände unter die Schultern der Mumie und sagte: »Detective Frost, könnten Sie das Becken stützen?«
    Frost zögerte und beäugte skeptisch die fleckigen Leinenbinden. »Sollten wir nicht lieber Masken aufsetzen?«
    »Wir drehen sie doch nur um«, erwiderte Maura.
    »Ich habe gehört, dass Mumien Krankheiten übertragen. Man atmet diese Sporen ein, und davon bekommt man eine Lungenentzündung.«
    »Herrgott noch mall«, rief Jane. Sie streifte sich Handschuhe über und trat an den Tisch, um die Hände unter das Becken der Mumie zu schieben. »Ich bin so weit«, sagte sie.
    »Okay, anheben bitte«, sagte Robinson. »Jetzt umdrehen.
    So, das war’s schon…«
    »Wow, die wiegt ja praktisch gar nichts«, meinte Jane. »Ein lebender Körper besteht hauptsächlich aus Wasser. Wenn man die Organe entfernt und den Leichnam austrocknet, reduziert man damit das ursprüngliche Gewicht auf einen Bruchteil. Sie bringt wahrscheinlich gerade einmal zwanzig bis fünfundzwanzig Kilo auf die Waage, mit Binden und allem Drum und Dran.«
    »So was Ähnliches wie Dörrfleisch, hm?«
    »Ja, das trifft es ziemlich genau. Gedörrtes Menschenfleisch.
    Und jetzt wollen wir sie ablegen. Ganz vorsichtig!«
    »Das mit den Sporen war absolut ernst gemeint«, sagte Frost.
    »Ich habe da eine Sendung gesehen…«
    »Sprechen Sie etwa vom Fluch des Pharao?«, fragte Maura.
    »Genau!«, rief Frost. »Genau den meine ich. Die ganzen Leute, die gestorben sind, nachdem sie in Tutanchamuns Grab gewesen waren. Sie haben irgendwelche Sporen eingeatmet und sind davon krank geworden.«
    »Aspergillus«, warf Robinson ein. »Als Howard Carter mit seinen Leuten die Grabkammer aufbrach, atmeten sie wahrscheinlich Sporen ein, die sich im Lauf der Jahrhunderte darin angesammelt hatten. Manche von ihnen starben angeblich an einer Lungenentzündung, die durch Aspergillus-Sporen ausgelöst wurde.«
    »Dann ist also doch was dran an dem, was Frost sagt?«, fragte Jane. »Es gab diesen Fluch der Mumie tatsächlich?«
    Robinsons Augen blitzten verärgert auf. »Selbstverständlich gab es keinen Fluch. Sicher, ein paar Leute sind gestorben, aber nach allem, was Carter und seine Leute Tutanchamun angetan hatten, hätte es vielleicht einen Fluch geben sollen.«
    »Was haben sie ihm denn angetan?«, fragte Jane.
    »Sie haben ihn brutal misshandelt. Sie haben ihn aufgeschnitten, seine Knochen gebrochen und ihn praktisch auseinander gerissen, als sie nach Juwelen und Amuletten suchten. Sie haben ihn in Stücke geschnitten, um ihn aus dem Sarg herauszubekommen, und ihm Arme und Beine abgerissen. Sie haben seinen Kopf abgetrennt. Das war keine Wissenschaft. Das war Leichenschändung.« Er blickte auf Madam X hinab, und Jane sah Bewunderung, ja Zärtlichkeit in seinen Augen. »Wir wollen nicht, dass das Gleiche mit ihr passiert.«
    »Ich habe ganz bestimmt nicht die Absicht, sie zu verstümmeln«, sagte Maura. »Ich würde sagen, wir wickeln sie jetzt einfach so weit aus, dass wir sehen können, womit wir es hier zu tun haben.«
    »Sie werden sie wahrscheinlich nicht einfach so auswickeln können«, bemerkte Robinson. »Wenn die inneren Leinenschichten der Tradition entsprechend in Harz getränkt wurden, werden sie so fest zusammenkleben, als wären sie geleimt.«
    Maura warf noch einmal einen Blick auf das Röntgenbild und griff dann nach einem Skalpell und einer Pinzette. Jane hatte Maura schon viele Leichen aufschneiden sehen, aber noch nie hatte sie es erlebt, dass ihre Freundin so lange gezögert hatte.
    Mit der Klinge dicht über der Wade der Mumie hielt sie inne, als scheute sie vor dem ersten Schnitt zurück. Was sie zu tun im Begriff war, würde Madam X irreparabel beschädigen, und Robinson und Pulcillo beobachteten sie mit unverhohlener Missbilligung.
    Maura führte den ersten Schnitt. Aber anders als sonst schlitzte sie die Haut nicht mit einer einzigen souveränen Bewegung auf. Stattdessen benutzte sie die Pinzette, um die Leinenbinden vorsichtig anzuheben, sodass sie die einzelnen Stoffschichten eine nach der anderen auftrennen konnte. »Sie lässt sich relativ mühelos auswickeln«, kommentierte sie.
    Dr. Pulcillo runzelte die Stirn. »Das entspricht aber nicht der

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