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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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wurden von den Bauern getragen, die sich auf der untersten Stufe der Pyramide befanden. Durch die Gleichschaltung der Gesellschaft jedoch erfasste jede durch politische Fehler heraufbeschworene Katastrophe notwendigerweise das ganze Land, und die Betroffenen konnten dem durch nichts und nirgendwo entgehen.
    Damals hielt Mao Zedong die militärische und politische Macht in Händen und war außerdem die höchste ideologische Autorität im Staat. Damit verwirklichte er die »Einheit von Macht- und Wahrheitszentrale«. Hier durfte man keine parteikritischen Stimmen erwarten, sämtliche abweichenden Meinungen wurden zur Häresie. Die Regierung hatte die Macht, jeden zu bestrafen und zu entmachten. Strafen und Entmachtungen produzierten Angst. Angst produzierte Lügen. Angst und Lüge wiederum waren die grundlegende Voraussetzung, die das System in Gang hielt: Je mehr einer besaß, um so schlimmer war seine Angst, und die Beamten und die Intellektuellen hatten sehr viel mehr als die einfachen Menschen, deshalb hatten sie auch sehr viel mehr Angst, deshalb waren sie dem System sehr viel »treuer«.
    Aus Gründen der Anpassung und der Selbsterhaltung haben sie sich in ihren Lügereien gegenseitig überboten und alle haben so getan, als glaubten sie ihre eigenen Lügen. In den Reden der Beamten, in den Sozialwissenschaften, in Literatur und Kunst, in den Nachrichten, in der Erziehung, ja selbst in den Wandzeitungen rechts und links der Straße wurden Jahr für Jahr und Tag für Tag Lügen produziert und verbreitet, mit denen man das Volk betrog und versklavte.
    Im Kaisersystem früher waren die einfachen Menschen eine schweigende Macht; im totalitären System wurde den einfachen Menschen auch diese, schweigende, Macht entrissen. Die andauernden politischen Kampagnen verlangten von jedem Einzelnen, »Position zu beziehen«, »seine Ansichten zu offenbaren« und »sein Innerstes der Partei anzuvertrauen«. Jeder musste seine geheimsten Gedanken offenlegen, damit die Partei sie begutachten konnte. Bei dieser andauernden Selbsterniedrigung haben die Menschen unablässig mit Füßen getreten, was sie früher einmal verehrten, und Dinge umschmeichelt, die sie früher verachteten. Auf diese Weise erreichte es das totalitäre System, dass das Volk verkam. Dass die Menschen sich während des Großen Sprungs und der Kulturrevolution derart von Sinnen und derart grausam gezeigt haben, war die direkte Folge dieser Verkommenheit und ein direkter »politischer Erfolg« des totalitären Systems.
    Die Regierung machte die Verwirklichung der kommunistischen Ideale zum höchsten Ziel der gesamten Volksmasse, für diese Ziele hat sie Zwangsmittel eingesetzt und schreckte auch nicht davor zurück, für sie buchstäblich alles zu opfern. Den wesentlichen Teil der Kosten für die Verwirklichung dieser Ideale haben die Bauern getragen: die Kosten für die Industrialisierung, die Kosten für die Kollektivierung, die Kosten für die Niedrigpreispolitik in den Städten, die Kosten für das luxuriöse Leben der Beamten. Und das alles wurde ermöglicht durch die staatliche Aufkaufs- und Verkaufspolitik. Den Bauern blieb nichts anderes übrig, als ihre Produkte zu Preisen, die unter den Herstellungskosten lagen, an den Staat zu verkaufen. Das von den Bauern produzierte Getreide befriedigte zunächst die Bedürfnisse der Städte, deren Bevölkerung rasch zunahm.
    Das System hat über Zwangsmaßnahmen die Industrialisierung vorangetrieben, es brauchte rasch wachsende Bevölkerungszahlen in den Städten, es brauchte den Export von Agrarprodukten im Tausch gegen Maschinen. Deshalb konnte man nicht zulassen, dass die Bauern satt werden, also hat man ihnen über den Staatsaufkauf das Getreide weggenommen. Liu Shaoqi hat das einmal ganz unverblümt zugegeben:
    »Gegenwärtig gibt es einen Konflikt zwischen den Getreidemengen, die der Staat braucht, und dem, was die Bauern gerne verkaufen würden, ein Konflikt, der sich zuspitzt. Wenn es nach dem Willen des Bauern geht, verkauft er an den Staat nur das, was übrig bleibt, wenn er selbst satt ist. Wenn wir aber zulassen, dass alle Bauern satt werden und nur, was übrig bleibt, durch den Staat aufkaufen, dann haben wir selbst nichts mehr zu essen, ebenso wenig wie die Arbeiter, Lehrer, Wissenschaftler und all die anderen in den Städten. Aber wenn diese Menschen nichts zu essen haben, können wir die Industrialisierung nicht durchführen, wir können keine Landesverteidigung aufbauen und müssen die Armee

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