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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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politische System war in Maos eigenen Worten »Marx plus Qin Shihuangdi«. Und selbst Marx war ein durch die Hände von Lenin und Stalin gegangener Marx. Die hochkollektivierte Despotie der Sowjetunion wurde auf das despotische System aufgepfropft, das der Erste Kaiser von China vor über 2000 Jahren errichtet hatte und das über die Jahrhunderte und über die Dynastien immer weiter gestrafft worden war. Auf diese Weise war der Missbrauch der Exekutivgewalt größer als in der frühen Sowjetunion und in den alten chinesischen Kaiserdynastien. Es war ein totalitäres System. Es hat strikt Politik, Wirtschaft, Kultur, Denken und Leben der gesamten Gesellschaft kontrolliert. Die Zwangsgewalt der Diktatur reichte bis in die entlegensten Dörfer, sie erreichte die einzelnen Mitglieder einer Familie, sie griff in die Köpfe und die Leiber der Menschen ein. Wenn ich sage, dass es ein totalitäres System war, dann heißt das, dass die Ausdehnung seiner Macht ein nicht mehr zu steigerndes Maximum erreicht hatte.
    Die Volksrepublik China hielt sich an die traditionelle »Machtpyramide«, wie sie der Erste Kaiser aufgebaut hatte. Die kleine Gruppe von Menschen an der Spitze, also der Ständige Ausschuss des Politbüros des Zentralkomitees der KPCh war das Entscheidungsgremium. Und Mao Zedong war das Herz des Ständigen Ausschusses, er hatte in jeder Hinsicht die absolute Entscheidungsgewalt und hatte in der Tat eine Stellung wie ein Kaiser. Mao Zedong vereinigte in sich nicht nur den Parteiführer und Staatsvorsitzenden, er war auch Vorsitzender des Militärkomitees, hatte die schweren Truppenkontingente in der Hand und verfügte über einen großen militärischen Einschüchterungsapparat. Die anderen Personen an der Spitze der Machtpyramide folgten Mao Zedong blind, aus Angst und aus Ehrfurcht, und sie hingen mit Haut und Haaren an ihren eigenen Positionen. Auf diese Weise wurde die Diktatur des Proletariats der KPCh zu einer persönlichen Diktatur Mao Zedongs. Dem Namen nach war Mao Zedong der Führer einer Republik, in Wirklichkeit aber war er der letzte Kaiser Chinas und gleichzeitig der mächtigste Kaiser, den China je gesehen hat.
    In dieser Machtpyramide war jeder Beamte der Sklave der nächsthöheren Ebene, bei der er sich auf hundertfältige Weise lieb Kind machte; für die nächstuntere Ebene war er Chef und Gewaltherrscher. Da jeder gerne auf die nächsthöhere Chefebene aufrücken wollte, war die Angst, den Sklaven, der jetzt auf dieser Position war, nicht verdrängen zu können, besonders groß. Alles hing abergläubisch an den Führungspersonen, die Macht wurde vergöttert, alles schwamm mit dem Strom und machte gute Miene zu jedem bösen Spiel. Und je mehr sich die Macht konzentrierte, um so heftiger waren die Auseinandersetzungen im Inneren der Macht. Und je heftiger die Kämpfe wurden, um so stärker empfand Mao Zedong die Leute in seinem Umfeld als Bedrohung seiner Position und führte unablässig Säuberungen durch. In diesen erbitterten und heftigen Machtkämpfen haben die Beamten aus reinem Selbsterhaltungstrieb gelogen und betrogen, was das Zeug hielt, und schreckten nicht davor zurück, für einen »Passierschein« zur nächsthöheren Machtstufe ihre Freunde zu verraten.
    Nach Mao Zedongs Ansicht sollten die wirtschaftlichen Leitlinien 1955 »nach vorn schnellen«, hohe Planziffern, hohes Tempo führten 1956 dazu, dass die gesamte Volkswirtschaft angespannt war. Aufgrund des hohen staatlichen Getreideaufkaufs sind bereits 1956 in den ländlichen Gebieten viele Menschen verhungert. Unter anderen haben sich Zhou Enlai und Chen Yun, im Grunde ungewollt, Mao Zedong widersetzt und allein über die Linie des Realbedarfs gegen die Politik des »Nach vorn Schnellens« Maßnahmen ergriffen. Mao Zedong war außer sich und um ein Haar hätte Zhou Enlai sein Amt verloren.
    1958 überschlugen sich die Ideen Mao Zedongs und die anderen Führungskräfte ließen sich anstecken. Als die schlimmen Folgen sichtbar wurden, hat man Ende 1958, Anfang 1959 einige Verbesserungsmaßnahmen getroffen. Doch als Peng Dehuai auf der Lushan-Konferenz Kritik am Großen Sprung nach vorn übte, hat sich Mao Zedong sofort mit ihm überworfen und nicht nur die ursprünglich geplanten korrigierenden Maßnahmen fallen lassen, sondern die falsche Politik von 1958 in intensivierter Form weitergeführt, was zur Folge hatte, dass eine Politik, die dem Volk den Hunger brachte, über drei Jahre hinweg fortgeführt wurde.
    Die katastrophalen Folgen

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