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Granger Ann - Varady - 01

Titel: Granger Ann - Varady - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nur der Tod ist ohne Makel
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Wir hielten
durch wie Legionäre in einem Wüstenfort.
Die Geschichte entwickelte sich zu einem Machtkampf
zwischen uns und den tobenden Randalierern, als die sich
die Offiziellen der Stadt immer mehr entpuppten.
Die Unsicherheit führte dazu, dass wir immer weniger
wurden. Die Stadt, gefangen in der eigenen Schlinge, verschaffte Lucy und ihren beiden Kindern, von denen eines
unter Asthma litt, eine neue Wohnung. Auch Declan verschwand, und niemand wusste wohin. Er erwähnte etwas
von einer Band, die einen Bassisten suche. Eine Woche zuvor waren zwei zwielichtige Typen an der Tür gewesen und
hatten nach Declan gefragt, daher vermuteten wir, dass er in
irgendwelchen Schwierigkeiten steckte. Doch wer von uns
steckte nicht in Schwierigkeiten? Wir stellten keine persönlichen Fragen.
Terry hingegen war neu hinzugekommen. Eine kleine,
depressive Gestalt mit dunkelblondem Haar, das in der Mitte gescheitelt war und zu beiden Seiten ihres verkniffenen
kleinen Gesichts herabhing wie die langen Ohren eines Spaniels. Ihr Auftauchen fiel mit dem Abstellen des Stroms zusammen, sodass sie für mich gleich von Anfang an die Verschlechterung unserer Situation symbolisierte. Es war herzlos von mir, so zu denken, und doch, wie sich herausstellen
sollte, absolut zutreffend.
An jenem Montagmorgen hatte ich eigentlich geglaubt,
dass die Dinge nicht mehr schlimmer werden könnten – bis
zu jenem Augenblick, an dem wir unsere Vorladungen erhalten hatten. Der Manager der Verpackungsabteilung des
Versandhandels, wo ich gearbeitet hatte, besaß die üblichen
Vorurteile gegen Hausbesetzer, und er hatte mich nicht
schnell genug feuern können. Es hatte nicht das Geringste
mit meiner Arbeit zu tun – abgesehen von der Tatsache,
dass sie langweilig und schlecht bezahlt war. Ich war nie zu
spät gekommen oder früher gegangen. Ich hatte nie etwas
kaputt gemacht oder aus Versehen einen falschen Artikel
eingepackt oder einem Kunden zum Scherz etwas vollkommen Unangebrachtes geschickt. Doch seiner Ansicht nach war
ich »in Bezug auf die Lebensumstände nicht ehrlich« gewesen,
und »die Firma hat ihre Politik«.
Ich hätte diesen Job nicht angenommen, wenn ich einen
anderen bekommen hätte. Ich verdiente kaum mehr als den
Sozialhilfesatz, und die Bedingungen, unter denen wir arbeiteten, glichen denen in den Büchern von Dickens. Trotzdem, es war besser als gar keine Arbeit. Jetzt war ich arbeitslos, rein technisch betrachtet (und praktisch bald ebenfalls)
ohne Wohnsitz, und ich hatte die Nase von alledem gestrichen voll.
Unser Schweigen schien den Mann von der Stadt noch
mehr aus der Fassung zu bringen, denn er fügte hastig hinzu:
»Hören Sie, Sie müssen wirklich bis Freitag draußen sein,
sonst wird man Sie gewaltsam entfernen lassen! Die Polizei
wird bereitstehen, und es wäre keine gute Idee, auf das Dach
zu klettern oder sich anzuketten oder sich mit den Füßen in
Beton zu stellen. Es würde alles nur noch schlimmer machen.«
Wir sahen ihn nur schweigend an. Eine Bemerkung wie
diese war keiner Antwort würdig. Nicht einmal Squib wäre
auf so einen Gedanken gekommen.
»Jeder, der auf das Dach klettert, würde geradewegs hindurchbrechen«, sagte Nev. »Das soll doch wohl ein Scherz
sein!«
Ich empfand ein wenig Mitleid für unseren Besucher, also
fragte ich ihn, ob wir ihm eine Tasse Tee anbieten könnten.
Wir hatten gerade welchen gemacht. Nev hatte ein Feuer im
Kamin angezündet. Das Holz stammte von einer alten Gartenbank, die er hinter dem Haus gefunden hatte. Über dem
Feuer hing ein Wasserkessel an einem Haken, der in den
Bogen des Kaminrosts eingeschraubt war.
Declan hatte den Rost repariert, als er noch bei uns gewesen war. Es war zu dem Zeitpunkt gewesen, als man uns den
Strom abgestellt hatte. Er meinte, seine Großmutter in Irland hätte ihr ganzes Leben lang auf diese Weise gekocht,
mit einem Kessel am Haken über dem Kaminfeuer, und sie
hätte eine dreizehnköpfige Familie satt kriegen müssen.
Declan steckte voller derartiger Geschichten. Sicher war die
Hälfte davon erfunden, doch man wusste einfach nie, was
der Wahrheit entsprach und was nicht.
Wir kochten nicht all unsere Mahlzeiten im Kessel. Wir
besaßen einen Gasherd, der mit Flaschen betrieben wurde.
Doch das Gas kostete Geld, und so benutzten wir den Kaminkessel und das offene Feuer, wann immer es sich einrichten ließ.
Der Mann von der Stadt lehnte mein Angebot ab, doch
seine Nervosität schien ein wenig zu verfliegen. Stattdessen
plusterte

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