Die Satojerin (German Edition)
AUF NACH ASUDA
„Was? Nein. Das kann nicht wahr sein! Ich
glaube das einfach nicht! Und überhaupt ... Sind sie sich da eigentlich
bewusst, was sie von mir verlangen?“ Ally, mit vollem Namen Lady Rigani
Allegra von Asuda stand in ihrem Badezimmer. Sie schaute zum Fenster hinaus und
hielt sich zitternd am Rahmen fest. Sie konnte es nicht glauben. Tot?! Dachte
sie. Sie können doch nicht tot sein! Nicht auch noch sie! Und nicht jetzt!
Für Juna und mich hatte doch gerade erst wieder ein halbwegs normales Leben
begonnen! Plötzlich klopfte es an der Türe. Ally antwortete nicht, aber die
Person schien nicht locker zu lassen. Es klopfte erneut. „Ally? Ally, was ist
passiert?! Geht es dir gut?“ Ein kurzes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Juna! E s war fast vorauszusehen, dass du genau jetzt nach Hause kommst.
Sie öffnete die Türe und schaute ihren kleinen Bruder an.
Er war das komplette Gegenteil von ihr. Er strich sich durch seine hellblonden
Haare, wie die meisten im Königreich von Asuda sie hatten. Mit seinen blauen
Augen, die so hell wie ein Gebirgsbach waren und einen schönen Kontrast zu
seiner leicht gebräunten Haut ergaben, fixierte er sie. Natürlich war er – wie
immer – in sich ruhend, besonnen und bedacht. Es schien fast, als sei er der
große Bruder und sie die kleine Schwester. Das tat es eigentlich immer, dabei
war es doch anders herum. Sie fühlte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten,
und drehte sich weg. Juna ließ nicht locker und wurde forscher. „Ally, jetzt
sag mir bitte endlich, was hier los ist. Ich komme nach Hause, will zu dir und
unser Haus ist voll von Onkel Kers Leibgarde. Ich habe mich fast zu Tode
erschreckt! “ Ally drehte sich herum und schloss ihren
Bruder in die Arme. „ Lass uns zu ihnen gehen,
Hauptmann Simm wird dir alles erklären. “
Als sie das Arbeitszimmer betraten, wartete er bereits auf
sie. Ally strich ihr Hemd glatt, legte ihre verwirrten Haare nach hinten und
rief eine Magd herbei. „Bitte veranlassen Sie, dass Zimmer in unserem Gästehaus
für Lord Simm und seine Begleiter zurechtgemacht werden. Sie sind unsere Gäste
und ich wünsche, dass sie auch so behandelt werden. “ Ihre
Magd nickte und machte sich sofort an die Arbeit. „ Und du
sorgst bitte daf ü r, dass es ihnen und den
Pferden an nichts fehlt. “ Auch ihr Dienstm ä dchen
nickte und huschte davon. Dann galt ihre Aufmerksamkeit wieder Lord Simm, der
bereits an dem kleinen Tisch in ihrem Arbeitszimmer sa ß . „ Falls
Sie noch W ü nsche haben, so lassen Sie es mich bitte
wissen. Und nun erz ä hlen Sie bitte die ganze
Geschichte noch einmal meinem Bruder. “
Allys Blick lag auf Lord Simm, den sie von
Kindesbeinen an kannte. Sie starrte ihn an, doch eigentlich starrte sie durch
ihn hindurch. Sie spürte einen Anflug von ungezähmter Energie, die ihr das
Gefühl gab, sie müsse entweder explodieren oder sich bewegen. Laufen, rennen,
reiten. In Bewegung geraten, die Gedanken und ihre Energie verdrängen, denn
anders bekam sie diese Situation nicht in den Griff und sie konnte für nichts
garantieren. Da dies aber nun nicht ging, musste sie sich fürs Erste
zusammenzureißen. Egal, wie schwer ihr dies fiel. Dabei hatte der Tag doch
so gut angefangen. Ally war für ein riesiges Anwesen verantwortlich. Es war
viel mehr als ein Bauernhof, viel mehr als ein Teil Land, es war eine ganze
Lordschaft. Alles lief gut, ihr fehlte es an nichts und heute war das erste Mal,
seitdem Ihr Vater vor fünf Jahren am Fieber gestorben war, dass sie nun
wirklich alles im Griff hatte und sowohl ihre Bediensteten als auch ihre
Geschäftspartner sie akzeptierten. Dies hatte sie nicht durch Härte,
Bestrafung, Einschüchterung oder Ähnliches erreicht, wie es die meisten Lords
taten. Sondern durch Können, Hartnäckigkeit, Gerechtigkeit,
Verantwortungsgefühl, Ehrlichkeit und Liebe zu dem, was ihr Erbe war. Da Allys
Mutter gestorben war, als sie gerade einmal drei Jahre alt war, hatte sie sie
nicht wirklich lange gekannt. Ihr Vater aber war ihr Ein und Alles. Natürlich
kam es Ally hinsichtlich ihres Erbes zugute, dass sie nicht gerade die
Eigenschaften einer Frau besaß, die man gerne heiratete. Sie war definitiv
keine sich unterordnende Lady, wie sie sich die Lords erwünschten. Sie war vor
ein paar Monaten fünfundzwanzig Jahre alt geworden, mittelgroß, schlank und
sportlich, aber ihr Körper war sicherlich nicht perfekt, wie es der von vielen
Frauen war, die sie kannte. Im Vergleich zu Ihrem Bruder
Weitere Kostenlose Bücher