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Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Titel: Grappa 02 - Grappas Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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schnaubte er, denn er war fett und jede Bewegung brachte ihn in Atemnot. »Junge Frau, vergewaltigt, mit mindestens 30 potentiellen Zeugen.«
    »Wissen wir schon. Es kam über Funk. Warum, zum Teufel, sind Sie noch nicht dort? Vielleicht kriegen wir die Blechkiste mit der Leiche noch ins Bild. Geh du mit, damit du endlich mal was lernst«, schrie Jansen den Volontär an. »Knipst alles, was sich bewegt, und versucht 'ne Stellungnahme des Staatsanwaltes zu bekommen. Der ist bestimmt auch da. Und quetscht die Leute von der Mordkommission aus. Seid ihr noch nicht weg!«

»Perverse Lolitas« kommen per Post
    In Lauras Haus und in Lauras Straße würde alles so ablaufen wie immer. Fragen an die Nachbarn: Was war das für eine? Erzählen Sie doch mal! Und wenn die Leute zurückhaltend waren, dann würde die nächste Platte aufgelegt: Sie sind doch auch daran interessiert, dass die Sache aufgeklärt wird, oder? Die Öffentlichkeit interessiert sich sehr dafür, das verstehen Sie doch? Sie können sich darauf verlassen, dass Ihr Name nicht genannt wird. Ihr Nachbar hat mir übrigens auch Informationen gegeben.
    Doch die meisten Zeugen aus der Nachbarschaft redeten schon viel früher. Wir Journalisten sorgten schon dafür, dass anfängliche Hemmungen bald verschwanden. Wir gaben den Leuten das Gefühl, eine wichtige Informationsquelle zu sein, stellten sie für wenige Minuten in den Mittelpunkt unseres beruflichen Interesses, lechzten nach jedem Wort und drückten auf den Auslöser einer Fotokamera.
    Peter Jansen musste das Blatt umstricken, er rief der Kulturredakteurin zu: »Blümchen, die Theaterkritik wandert auf die Fünf und darf nicht länger als 50 Zeilen sein. Wir haben einen Mord!« Und zu mir gewandt: »Wir reißen den Mord auf der Eins an und bringen auf der Drei die Fortsetzung.« Ich schaute ihn an und hatte das Gefühl, neben mir zu stehen.
    Kulturredakteurin Blume hob nur kurz den Kopf, verzog die Lippen zu einem verächtlichen Lächeln und brütete dann weiter über dem Computer. Sie war es gewohnt, dass ihre Kultur im Blatt zusammengestrichen wurde, wenn was Aktuelles passierte. Niemand nahm mehr von mir Notiz. Ich setzte mich an den Schreibtisch und sortierte meine Post. Es war Montagmorgen, ein schöner sonniger Tag, Mitte August. Es musste in der Nacht geregnet haben, denn auf den Alu-Rolläden blitzten Wassertropfen wie Diamanten. Ich musste das tun, was ich immer tat, um nicht die Balance zu verlieren. Meine Finger öffneten automatisch die Briefumschläge. Einladungen, Honorarabrechnungen von Zeitschriften, für die ich ab und zu arbeitete, Anfragen, Anregungen und Beschwerden. Ein Verlag bot mir sein neuestes Kochbuch zur Rezension an. Es trug den Titel 300 mal schön und schlank. Ich blätterte. Von der Bier-Diät über die Manager-Tage bis hin zur Ein-Nährstoff-Kur war alles drin. Die oberflächliche Lektüre der Diät-Programme machte für mich zur Gewissheit, was ich schon immer vermutet hatte: Der einzige Weg, dünner zu werden, ist die sofortige Einstellung der Nahrungsaufnahme!
    Ich seufzte tief und dachte an Gänseleberpastete mit frischen Trüffeln. Ich schämte mich und legte das Buch beiseite. Weit weg, aber nicht so weit, dass ich es nicht wiederfinden würde. Ich nahm den nächsten Umschlag vom Stapel und hielt ein Heftchen in der Hand. Perverse Lolitas prangte auf dem Titelblatt. Ich sah das Gesicht eines Mädchens. Es streckte dem Betrachter die Zunge entgegen. Kein übliches »Zungerausstrecken« war das, sondern ganz eindeutig eine sexuelle Pose. Die Kleine auf dem Titelbild war höchstens dreizehn. Ich schaute auf den Briefumschlag. Keine Briefmarke, jemand hatte den Umschlag direkt in den Redaktionsbriefkasten eingeworfen. Eine merkwürdige Post! Ich hatte von solchen Magazinen, die unter den Ladentischen von Erotik-Shops verkauft werden, schon gehört, aber in der Hand hatte ich noch nie eins gehabt. Ich schlug das Heft auf, hob es hoch und schüttelte es. Vielleicht gab es innen einen Hinweis. Nichts! Kein eingelegter Zettel, kein Anschreiben, kein Absender.
    Der Inhalt bestand fast nur aus Anzeigen und Fotos, schlechte Schwarzweiß-Qualität meist, einiges in Farbe. Mädchen – höchstens elf Jahre alt – in den unterschiedlichsten Posen. Ein kleines Mädchen saß rittlings auf der Armlehne eines Polstermöbels, es war nackt und lachte in die Kamera. In der rechten Hand hielt es einen Telefonhörer, die dunklen Haare waren zu einem Zopf geflochten, an dessen unterem Ende eine

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