Grappa Und Die Seelenfaenger
Kiemen.«
»Kleinen Augenblick«, bat ich. »Ich muss mir noch ein paar Notizen machen. Hast du den Mann eben gesehen? Das war bestimmt Birsens Vater. Gut, dass er nicht mitbekommen hat, wie Brett seine Tochter fertiggemacht hat.«
»Der sah schon wütend genug aus. Hier!« Wayne zeigte mir den Schuss, den er gemacht hatte: Birsen heulend in den Armen der Mutter und der mutmaßliche Chef der Familie mit wutverzerrtem Gesicht, die beiden Frauen vor sich herschiebend.
»Die beiden kriegen Ärger«, prophezeite ich. »Hoffentlich endet das nicht in einem Ehrenmord oder so was.«
»Dann hätten wir endlich eine gute Geschichte!«
Der Bluthund hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, als die Tür zum Saal aufging und eine Gruppe von drei Männern hereintanzte. Sie trugen die gleichen weißen Anzüge mit Pailletten wie Pitt Brett und sahen ihm verblüffend ähnlich. Alle drei hatten eine Maske vor dem Gesicht: Brett fett grinsend. Im letzten Karneval waren diese Teile der Renner gewesen.
Einer der Männer trug einen Gettoblaster auf der Schulter, aus dem Musik schepperte.
You’re my head, you’re my life …
Die drei bewegten sich zum Rhythmus der Musik. Die Kandidaten und ihre Begleiter klatschten und sangen mit. Einige tanzten.
Die Combo verschwand im Juryraum.
»Komische Einlage«, kommentierte ich. »Was sollte das?«
»Vielleicht Brett-Fans«, meinte Pöppelbaum. » You’re my head, you’re my life … Das ist ja ein ganz berühmter Song von vor tausend Jahren. Als Brett noch mit Benno Genau die Band Last Eternity war.«
»Die Texte waren genau so blöd wie heute«, meinte ich. »Hast du die drei gerade abgelichtet?«
»Nee, sollte ich?«, fragte Wayne.
»Besser wär’s.«
»Dann warte ich hier, bis sie wieder rauskommen«, kündigte Pöppelbaum an. »Kannst du mir ein paar Schnittchen ranschaffen, Grappa-Baby? Und eine Cola oder so was.«
»Klaro.«
Ich erhob mich. Musik erschallte.
»Da kommen sie ja schon«, sagte ich zu Wayne. »Mach die Fotos und gut ist es.«
You’re my head, you’re my life …
Die drei tänzelten uns entgegen. Applaus.
Wayne fotografierte. Ich grinste, die Brett-Masken wirkten sehr skurril.
Einer der drei hatte sich wohl völlig verausgabt, denn die beiden anderen hatten ihn unter den Armen gepackt und zogen ihn mit sich.
Ein merkwürdiger Gedanke kroch in mein Hirn, doch ich bekam ihn nicht zu fassen.
Die drei verschwanden ins Freie. Wayne packte die Kamera ein. »Komm, Essen fassen, Grappa.«
Nebenan erwartete uns ein prächtiges Buffet im arabisch-türkischen Stil. Ich schaufelte Couscous mit geschmortem Gemüse auf den Teller, während Pöppelbaum vor einer Schüssel roter Suppe saß, die einen höllenscharfen Eindruck machte.
»Zeigst du mir mal kurz deine Fotos?«, fragte ich.
Er reichte mir die Kamera und ich öffnete die Diashow. Die letzten Bilder zeigten die Männer mit den Brett-Masken, wie sie den Saal verließen. Irgendetwas irritierte mich an den Fotos und ich drückte die Zoomfunktion.
Der Hintergrund wurde kleiner und die Männer waren besser zu erkennen. Ich scannte das Bild mit meinen Augen genau ab – und dann hatte ich es. Der Mann in der Mitte hatte den rechten Handrücken zur Kamera gedreht, ein fetter Goldring mit Skarabäus zierte seinen Finger! Ich zückte mein Telefon und rief Kleist an.
Bärchen ist schon unterwegs
Eine halbe Stunde später war das Gelände abgeriegelt. Die Kunde von Pitt Bretts Entführung hatte blitzschnell die Runde gemacht. Der Pop-Titan war mitten aus seiner eigenen Show geklaut worden!
Und ich war die Heldin, die es zuerst entdeckt hatte, denn ich hatte den Goldring in Erinnerung gehabt. Brett hatte ihn bei dem Interview im Hotel getragen.
Niemand durfte die Hallen verlassen, niemand durfte sie betreten – außer den Ermittlern und den Kollegen von der Spurensicherung. Die Journalistenmeute hatte sich vervielfacht, aber niemand wurde durchgelassen.
Kripobeamte vernahmen die beiden anderen Juroren. Die Männer hatten sie mit Waffen bedroht, gefesselt und geknebelt. Das machte gleich die Runde.
»Wayne, deine Fotos sind Gold wert«, stellte ich fest. »Besonders das letzte – das hat nämlich keiner außer dir.«
Mein Handy klingelte.
Schnack. »Geht es Ihnen gut, Frau Grappa?«, fragte er.
»Klar«, entgegnete ich, überrascht von seiner plötzlichen Fürsorge. »Wir sind mitten in der Geschichte drin. Haben sozusagen alles im Kasten. Wir kommen nur nicht weg. Die Polizei lässt
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