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Grappa Und Die Seelenfaenger

Titel: Grappa Und Die Seelenfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Strapsen, die üblichen Kerzen und ein Pappschild mit der Aufschrift Danke für alles.
    »300 Euro«, forderte Traum-Bärchen.
    »Zu viel«, entgegnete ich entsetzt. »Und das Schild geht gar nicht.«
    Bärchen lächelte und reichte mir eine neue Pappe – unbeschriftet – und einen dicken Filzschreiber. »Schreib selbst, was du mir wünschst.«
    Ich überlegte. Eigentlich wünschte ich ihm gar nichts – noch nicht mal was Schlimmes.
    Trotzdem nahm ich den Schreiber und kritzelte Die Stimme seines Herrn auf die Pappe. Wie von Zauberhand erschien daneben die bekannte Zeichnung des Terriers, der ins Grammofon lauscht.
    Den Rest der Nacht schlief ich tief und traumlos.

Jackos Schwester und ganz viele Pailletten
    Das Casting wurde nicht live ausgestrahlt, sondern zeitnah zum Sendetermin aufgezeichnet. Klar, nicht alle Kandidaten konnten gezeigt werden – der Sender entschied sich für die ganz schlechten, die Fremdschämen und harte Sprüche von Pitt Brett garantierten, und die wenigen, die wenigstens so singen konnten, dass die Zuhörer nicht gleich ins Wachkoma fielen.
    Die Jury bestand aus drei Experten. Pitt Brett war seit Beginn der Serie dabei, garniert von weniger bekannten Größen aus dem Showbusiness. Diesmal waren es eine brasilianische Sängerin, die aussah wie die Zwillingsschwester von Michael Jackson, und ein singender Schönling, der in einer Boygroup trällerte.
    In der Halle war es wuselig. Die Kandidaten warteten in einem Vorraum, hermetisch abgetrennt von der Jury. Überall Kameraleute, Maskenbildnerinnen und Gott-weiß-was-noch-für-Personen.
    Birsen wurde von ihrer Mutter begleitet – einer kleinen Person mit Kopftuch. Sie wirkte völlig verloren in dieser Hektik. Ihre Tochter übte Tanzschritte – oder das, was sie dafür hielt. Birsen hatte ihre natürliche Schönheit mit Pfunden von Schminke und Augen-Make-up verdeckt. Sie sah nicht mehr aus wie sechzehn, sondern wie dreißig. Ihre Brüste hatte sie nach oben geschnürt, das Paillettenkleid endete kurz unter der Scham und die Stilettos eigneten sich als Stichwaffen.
    Birsens Mutter vermied den Blick auf ihre aufgemotzte Tochter.
    Pöppelbaum sah mich an und verdrehte die Augen. Ich wusste, was er dachte.
    »Da musst du durch«, sagte ich. »Knips alles, was sich bewegt …«
    »… und das, was sich nicht mehr bewegt. Klar, Grappa!«, vollendete er den Satz. »Am besten, wenn der Brett was auf die Mappe kriegt wegen seiner frechen Schnauze.«
    Birsen unterbrach ihre Tanzübungen und posierte für Wayne.
    »Was wirst du singen, Birsen?«, erkundigte ich mich.
    »Das von der Ballermann. Es tut ja so doll weh, wenn ich dich mal seh …«
    »Kannst du nur dieses eine Lied?«, fragte ich. »Manchmal will Brett ja noch was Englisches hören.«
    »Ich kann nur das. Was willst du überhaupt? Ich bin schon aufgeregt genug. Und jetzt muss ich mich konzentrieren, menno.«
    Sie zappelte wieder los.
    Frustriert suchte ich mir einen guten Platz vor dem Monitor, auf dem das übertragen wurde, was sich im Juryraum abspielte.
    »Noch fünf Minuten bis zur Aufzeichnung«, meldete eine Mikrofonstimme. »Kandidat eins bitte fertig machen. Und los!«
    Ein pickeliger Junge mit einer umgedrehten Baseballmütze auf dem Kopf tänzelte zur Tür, die in den Juryraum führte. Sein Hosenboden hing fast in den Kniekehlen. Wayne belehrte mich, dass die Kids die Jeans jetzt so trugen und das für megacool hielten.
    Der riesige Monitor zeigte den Jungen vor der Jury. Pitt Brett trug einen weißen Anzug mit glitzernden Pailletten, die Brasilianerin war tief dekolletiert und der Boygroup-Sänger hatte seinen Body in ein grell bedrucktes T-Shirt gepresst.
    Das alles interessierte mich nicht. Schnell rechnete ich nach, wie viele Jahre ich noch bis zur Rente hatte. Zu viele. Mein Frust nahm zu.
    Der Bengel versuchte zu singen. Es hörte sich grauenhaft an.
    Pitt Brett und die anderen Mitglieder der Jury schienen mindestens so frustriert zu sein wie ich.
    »Dein Gesang hat die Intensität von einem Flohrülpser!«, polterte Brett. »Aber eins muss ich dir sagen … Du hast eine gute Treffsicherheit beim Danebensingen.«
    »Wieso glaubst du, dass du singen kannst?«, fragte das weibliche Jurymitglied. »Schaust du nicht mal Videoclips an oder so?«
    »Ich singe ja nicht für mich«, bekannte der Junge. »Sondern für meinen Papa.«
    »Was ist mit deinem Vater?«
    Wayne hatte sich neben mir niedergelassen. »Gleich kommt die Geschichte mit der Krebskrankheit, wetten?«, raunte

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