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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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nicht leichter geworden, sie zu akzeptieren. Wenn überhaupt, dann verstärkte sich sein Unmut angesichts dieser ergebnislosen Diskussionen eher noch. Die besagten Traditionen waren mehr als Kleinstadtschrullen. In Claysville herrschten andere Gesetze, und Byron war überzeugt, dass sein Vater wusste, was es damit auf sich hatte.
    Andere Städte holten ihre Ausreißer nicht zurück.
    Die meisten Einwohner von Claysville zogen niemals weg. Sie wurden hier geboren und starben auch hier, verbrachten ihr ganzes Leben in dieser Stadt. Byron hatte erst erkannt, wie tief er verwurzelt war, als er gegangen war – und sofort den Drang zur Rückkehr verspürt hatte. Er hatte geglaubt, dieses Gefühl werde abnehmen, doch im Lauf der Zeit war das Heimweh stärker und nicht schwächer geworden. Nachdem er dem Bedürfnis acht Jahre lang widerstanden hatte und die Sehnsucht nie losgeworden war, hatte er ihr vor fünf Monaten schließlich nachgegeben.
    Während dieser Jahre in der Außenwelt hatte er versucht, immer in Kleinstädten zu leben, und sich gesagt, vielleicht sei er nicht für die Großstadt geschaffen. Dann redete er sich ein, es sei der falsche Ort, die falsche Stadt. Er hatte es mit kleinen Städten versucht, die nur ein Fliegenpunkt auf der Landkarte waren, und mit größeren, schließlich mit richtigen Metropolen. Er hatte versucht, in Nashville, in Chicago, in Portland, in Phoenix und in Miami zu leben. Er hatte sich selbst etwas vorgemacht und jeden neuen Umzug auf das Wetter, die Umweltverschmutzung, die falsche Kultur, die falsche Beziehung oder den falschen Arbeitsplatz geschoben. Auf alles andere als die Wahrheit. In den acht Jahren hatte er an dreizehn verschiedenen Orten gelebt – wenn auch zugegebenermaßen in einigen nur wenige Monate –, und jedes einzelne Mal war er den Gedanken nicht losgeworden, dass er beim nächsten Umzug endlich ein Zuhause finden würde. Doch in dem Moment, als er die Stadtgrenze von Claysville überschritten hatte, war jeder Funke des Fernwehs erloschen, das er nicht hatte stillen können, und der Druck, der sich im Lauf der Jahre wie ein Schraubstock immer fester um seine Brust gelegt hatte, war plötzlich gewichen.
    Ob Beks genauso empfand?
    Sie hatte nur ein paar Jahre in Claysville gelebt, war mit ihrer Mutter hergekommen, als sie mit der Highschool angefangen hatte, und vor ihrem Abschluss wieder weggezogen. Irgendwie hatten diese drei Jahre das Fundament für die letzten neun Jahre seines Lebens gelegt. Ella starb, Rebekkah ging fort, und Byron verbrachte die nächsten neun Jahre damit, die beiden zu vermissen.
    Byron hörte die Stimme seines Vaters im Zimmer der Büroleiterin. Er bekam mit, wie er sich nach den Vorbereitungen für die Totenwache und das Begräbnis erkundigte. Nachdem William sich vergewissert hatte, dass alles in Ordnung war, würde er in den Vorbereitungsraum zu Maylene hinuntergehen. Man hatte sie gewaschen und angezogen. Frisiert und geschminkt wirkte sie frischer. Doch sie war, wie es Tradition in Claysville war, nicht einbalsamiert worden. Ihr Körper würde in die Erde zurückkehren und nicht mehr Gifte hinterlassen als die Spuren dessen, was sie im Lauf der Jahre durch Lebensmittel aufgenommen hatte.
    Tradition.
    Das war die einzige Antwort, die er auf diese und eine Unzahl anderer Fragen je erhalten hatte. Manchmal hatte er gedacht, dass das bloße Wort nichts weiter als ein wohlfeiler Vorwand war, eine Art zu sagen: Ich will nicht darüber reden. Und Byrons Erfahrung nach schienen die meisten Bewohner von Claysville keinerlei Anlass zu sehen, etwas an den Traditionen zu ändern. Es war auch kein einfacher Generationenkonflikt, denn alle ohne Ausnahme schienen verwirrt, wenn Byron die Traditionen der Stadt hinterfragte.
    Mit einem dumpfen Knall schob Byron seinen Stuhl zurück und ging seinem Vater nach. Er holte ihn oben an der Treppe ein, die in die Vorbereitungs- und Lagerräume führte. »Dad, ich sehe mich im Barrow-Haus um. Es sei denn, du brauchst mich …«
    »Ich brauche dich immer.« Williams Gesicht zeigte sowohl Lach- als auch Sorgenfalten, doch wie man sie auch nannte, sie erinnerten Byron daran, dass sein Vater alt wurde. Bei Byrons Geburt war er fast fünfzig gewesen. William war also zum ersten Mal Vater geworden, als die meisten seiner Freunde schon Enkelkinder hüteten. Viele dieser Freunde waren – wie Maylene – inzwischen tot, obwohl die meisten im Unterschied zu ihr eines natürlichen Todes gestorben waren.
    Byron

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