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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Grim darauf zu. Er würde sich nicht zum Narren halten lassen. Er riss die Tür auf — und fand sich in einem Büro im altenglischen Stil wieder. Breite Bücherregale zierten die Wände, vor den hohen Fenstern hingen samtene Vorhänge und hinter einem Mahagonischreibtisch saß der Kartenmann auf einem rotledernen Sessel. Er trug einen blutroten Anzug, auf den in unregelmäßigen Abständen Spielkarten genäht waren. Auf seinem Kopf saß ein violetter Zylinder, der sein Gesicht vollständig verbarg und nur dicke Büschel von grünem Haar sehen ließ.
    Die Hände des Kartenmanns bewegten sich rasend schnell, während er drei ebenhölzerne Becher auf seinem Tisch hin und her schob. Plötzlich hielt er inne und Grim konnte die Hände sehen — Hände mit schwarzen Nägeln und einer Haut wie uraltes Pergament. In dem weißen Fleisch waren Brandnarben, sie zeigten die Farben eines Spielkartensatzes: Kreuz, Pik, Herz, Karo. Mit unnatürlich schneller Bewegung riss die rechte Hand den mittleren Becher zurück. Darunter lag ein menschliches Auge. Die linke Hand schoss vor, spießte das Auge mit knackendem Geräusch auf den Nagel des kleinen Fingers und schob es unter den Zylinder. Sofort hörte Grim genüssliches Schmatzen. Langsam hob der Kartenmann den Kopf.
    Ein breiter Mund mit schmalen, blutigen Lippen schob sich zuerst aus dem Schatten, gefolgt von einer schmalen Nase und hellen, farblosen Augen. Auch im Gesicht trug er die Zeichen eines Kartenspiels, und rings um sein linkes Auge prangte das schwarze Pik. Er starrte Grim an, während er kaute, und seine Augen veränderten sich. Sie füllten sich wie ein sich vollsaugender Schwamm mit Farbe, bis sie vollständig schwarz waren. Wenn Grim seinem Gegenüber nun in das linke Auge schaute, war es, als stürzte er in die Dunkelheit. Kaum hatte er das gedacht, entfachte sich im Blick des Kartenmanns ein Feuer. Zwei lodernde Flammen ersetzten seine Pupillen und ließen Grim nicht los. Mit genüsslichem Schmatzen schluckte er die Reste seiner Mahlzeit hinunter und entblößte für einen Moment messerscharfe Zähne.
    »Du hast von Schuld gesprochen«, sagte er mit leiser, warmer Stimme. »Ich bin ganz Ohr.«
    Grim warf das Bündel in seiner Hand auf den Tisch. Der Kartenmann hob die Arme und schlug das Tuch zurück. In den inneren Lagen hatte Blut den Stoff verfärbt. Der Kartenmann beugte sich so weit hinunter, dass sein Mund beinahe das Herz des Kahlkopfs berührte. Seine Nasenflügel zitterten, gierig sog er die Luft ein.
    »Ein Hybrid«, flüsterte er.
    »Er wurde ermordet«, sagte Grim. »Aber ich weiß nicht von wem. Er gehört zu einer Gruppe Hybriden. Sie sind neu in der Stadt und verfügen über große Kräfte.«
    Der Kartenmann sah ihn an, ohne den Kopf zu heben, und grinste verschlagen. »Größere Kräfte als du? Wie ungewöhnlich!«
    Grim presste die Zähne aufeinander. »Ich bin hier, weil ich wissen will, wer diese Kerle sind und was sie in Ghrogonia wollen. Deswegen habe ich dir sein Herz gebracht, denn ...«
    »... nur der Kartenmann kann aus toten Herzen lesen.« Der Kartenmann schob seinen Stuhl zurück und summte eine Melodie. Sie klang wie die verzerrte Imitation eines Kinderliedes. Sofort ging eine Erschütterung durch den Raum. Gleich darauf klappten sich die Bücherregale in die Wand, der Tisch verwandelte sich in einen Altar aus Marmor, und die Wände überzogen sich mit blutroter Farbe. Der Kartenmann erhob sich, biss sich in den Finger und ließ drei Blutstropfen auf das Herz fallen. Grim schauderte, als er sah, wie das Herz sich zusammenzog. Es begann zu pumpen, röchelnd und gurgelnd. Dann schnippte der Kartenmann mit dem Finger.
    Im nächsten Moment fand Grim sich in der Lagerhalle wieder, in der er den toten Hybriden gefunden hatte. Nicht weit von ihm lag der Kahlkopf auf seinen Knien, quicklebendig, aber wimmernd wie ein kleines Kind. Dunkel erhoben sich die Gestalten von Hybriden, sie hatten einen Kreis um ihn gebildet. Und vor ihm stand — eine Lichtgestalt in der Dämmerung — Seraphin von Athen. Voller Verachtung schaute er auf den Kahlkopf hinab.
    »Du warst es«, hörte Grim seine Stimme. »Du hast mich hintergangen. Du hast sie ermordet, dabei hättest du ihre Kraft nehmen sollen — nicht mehr!«
    Der Kahlkopf rang die Hände, Schweiß tropfte ihm von der Stirn. »Verzeih«, heulte er in wirrer Verzweiflung. »Ich habe die Kontrolle verloren. Ich schwöre, dass es nicht noch einmal vorkommt, bitte, ich ...«
    »Du«, fuhr Seraphin

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