Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
verlegten Gehweg. »Hallo, Mickey. Lange nicht gesehen.« »Verdammt viel zu lang«, bekräftigte Mickey und deutete auf einen Stuhl für Jury, bevor er sich selbst wieder hinsetzte. »Wie läuft's denn so, Rieh?«
    »Gut.« Diese Art von Wortwechsel hätte zwischen den meisten Leuten recht banal geklungen, doch bei Mickey steckte aufrichtiges Interesse dahinter. Sie unterhielten sich eine Weile über Liza und die Kinder, dann schob Jury ihm die mitgebrachte Akte über den Tisch. »Sieht nach einer Ausgrabung aus. Ist das ein Fall, an dem Sie gerade arbeiten? Erwarten Sie jetzt eine aufschlussreiche Antwort von mir? Mit forensischer Anthropologie kenne ich mich nicht so gut -«
    Mickey schüttelte den Kopf. »Ich wollte bloß, dass Sie sich die Akte mal ansehen, damit Sie sich besser vorstellen können, wovon ich rede. Ja, es ist ein Fall, an dem ich gerade arbeite. Ich ganz persönlich. Sagen wir mal, es handelt sich um eine inoffizielle Angelegenheit. Oder sagen wir, ich will eigentlich gar nicht, dass sonst noch jemand davon erfährt. Es ist was Privates.« Er drehte ein Foto herum. Inmitten der Trümmer lagen zwei Skelette.
    Wenigstens meinte Jury, zwei erkennen zu können. »Was ist das, Mickey?«  
    »Skelette, die man aus einem Ruinengrundstück geborgen hat.« 
    »Ruinengrundstück? Wo?«
    »Hier. In der City. In der Nähe von Ludgate Circus. Wenn Sie es sich anschauen wollen, es ist nicht weit von St. Paul's Cathedral, die Straße heißt Blackfriars Lane.« Mickey skizzierte einen kleinen Plan und reichte ihn ihm herüber. »Die letzte Kriegsruine in London.«
    Fragend wanderten Jurys Augenbrauen ein Stückchen höher. »Sie wissen schon, vom Zweiten Weltkrieg?«
    Jurys Lächeln reichte nicht bis zu seinen Augen. »Ja, habe ich schon davon gehört.«
    Mickey nahm die Zigarre, die in einem großen blauen Aschenbecher zu seiner Rechten vor sich hin geglommen hatte. Als er den Rauch ausstieß, sah Jury sehnsüchtig hinterher. Obwohl er seit fast zwei Jahren keine Zigarette angerührt hatte, war sein Verlangen danach nicht geschwunden. Das machte ihn ganz wütend. Er lächelte. »Also, weiter.« Aus einem anderen Ordner nahm Mickey einen weiteren Bericht. »Zwei Skelette hat man dort gefunden.«
    »Was ist das?«
    »Das stammt von den Anthropologen an der University of London. Die haben die Skelette zu Studienzwecken mitgenommen. Sie interessierten sich natürlich dafür. Dachten wohl, die Überreste seien Funde aus grauer Urzeit.«
    »Waren sie aber nicht?«
    Mickey schüttelte den Kopf. »Es sind die Skelette einer weiblichen Person, Anfang zwanzig, und eines Babys, erst ein paar Monate alt, vermutlich zwei oder drei.«
    »So genau können die das bestimmen? Bei einem Baby? Da werden die Knochen aber doch erst noch gebildet.«
    »Die Zähne. Sie können sogar die Entwicklung eines Fötus an den Zähnen bestimmen. Die Zähne entwickeln sich im Kiefer. Das hier waren die einzigen Skelette, die man geborgen hat. Auf dem Ruinengrundstück stand früher mal ein Pub, das dann im Blitzkrieg zerstört wurde. 1940 war das, am 29. Dezember 1940, um ganz genau zu sein. Das Grundstück wurde jetzt von einem Bauunternehmer aufgekauft, der es erschließen will. Jetzt ist dort eine Baustelle.«
    Jury lehnte sich wortlos zurück. Jedes Mal, wenn er über den Krieg nachdachte, überkam ihn ein gewaltiger Schmerz. Doch die intensiven Gefühle, die er mit dieser Zeit verband, verliehen ihr auch etwas seltsam und unangenehm Anziehendes.
    Mickey nahm die Zigarre vom Aschenbecher und rauchte. Er dachte nach.
    Das gehörte mit zu den Dingen, die Jury an ihm mochte: Er war ein Mensch, der gerne seinen eigenen Gedanken nachhing. Wie Jury selbst zog er keine voreiligen Schlussfolgerungen, handelte gleichzeitig aber auch nach Instinkt. Jury wusste, dass es schwer war, beides zu verbinden. Er erinnerte sich, wie er mit Mickey einmal in einem Pub gesessen hatte, als sie vor neun oder zehn Jahren zusammen an einem Fall gearbeitet hatten, und zehn Minuten lang kein einziges Wort zwischen ihnen gefallen war. Mickey erinnerte Jury an Brian Macalvie -alle beide brachten die Leute von der Spurensicherung mit ihrem ausgedehnten Schweigen zur Weißglut.
    Im Polizeirevier war es merkwürdig ruhig. Es mutete fast wie Grabesruhe an. »Wer hat die Überreste gefunden?«
    »Die Bauarbeiter. Sie haben sie nicht berührt.« Mickey drehte das Foto mit den beiden Skeletten herum, damit Jury es sehen konnte. »Was sagen Sie dazu?«
    »Sieht aus, als

Weitere Kostenlose Bücher