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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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K apitel 1

    I ch erinnere mich an den Flugzeugabsturz.
    Nicht direkt an den Aufprall, aber an die Augenblicke davor – und obwohl es wirklich nur Augenblicke gewesen sein können, dauert es im Rückblick viel länger.
    Ich schaute, die Stirn an das winzige Fenster gedrückt, durch die wolkenlose Luft auf Bauernhöfe und Siedlungen, die unter mir dahinzogen, als der Motor explodierte und das Flugzeug in eine irre Schieflage brachte, dass es mich auf meinem Sitz herumschleuderte. Die eigentliche Explosion war überraschend leise – gedämpft vom isolierten Flugzeugrumpf, nehme ich an –, aber die wogenden Wolken von kohlschwarzem Rauch, die aus dem Flügel strömten, waren nicht zu übersehen.
    Jeder einzelne Nerv in meinem Körper vibrierte, doch meine Augen blieben auf den wabernden Rauch gerichtet, der von dem Motor aus nur knapp unter meinem Fenster entlangzog. Mit schmerzenden Fingern klammerte ich mich an die Armlehnen, um mich gerade zu halten, während das Flugzeug sich nach vorn neigte und dann abstürzte. Die Fliehkraft drückte mich in den Sitz.
    Das Herunterfallen und Zischen von Hunderten von Sauerstoffmasken, die aus der Decke sprangen wie Giftschlangen, erschreckte mich und lenkte meine Aufmerksamkeit von dem rauchenden Flügel ab. Reflexe, die von Dutzenden von heruntergeleierten Sicherheitsvorträgen feingeschliffen waren, ließen Hände vorschießen, um die Sauerstoffmasken zu packen; die Erwachsenen drückten die Öffnungen fest auf Mund und Nase. Danach halfen sie mitreisenden Kindern .
    Aber ich kümmerte mich nicht um meine.
    Nicht einmal, als meine Mutter sie mir hinhielt. In ihren Augen flackerte das Entsetzen, und sie umklammerte den Arm meines Vaters so fest, dass ich wusste: Ihre Fingernägel kratzten ihn blutig.
    Es war ein Flugbegleiter, der es mir begreiflich machte. Zwei von ihnen standen im Gang, versuchten, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und demonstrierten die Aufprallposition – als würde das etwas helfen. Aber ich konzentrierte mich auf den Dritten. Er versuchte nicht, die Passagiere anzuschnallen oder ihnen zu helfen; er stand nur da, seltsam reglos inmitten des Chaos, und schaute aus dem Fenster, während ihm zwei Tränen über die Wangen rollten.
    Da wusste ich, wir würden alle sterben.
    Und in diesem Augenblick schmolz meine Angst dahin und ich fühlte mich vollkommen friedlich. Kein Leben, das vor meinem inneren Auge ablief, oder plötzliche schmerzliche Reue. Nur ein überwältigender Friede.
    Ich entspannte mich, hörte auf zu kämpfen und sah durch das Fenster zu, wie der Boden auf mich zuraste, um mich zu verschlucken.

    Ich starre voller Entsetzen auf die Fotos. Es muss wahr sein; es gibt keine andere Erklärung.
    Der Zeitpunkt hätte nicht günstiger sein können.
    Oder ungünstiger.
    »Sie ist weg ?«, frage ich mit meiner eisigsten Stimme. Ich bin nicht sauer auf ihn; ich bin sauer auf mich selbst, weil ich es nicht früher gesehen habe. Ich hätte es früher erkennen müssen. Das Ganze steht auf Messers Schneide und das könnte alles zerstören.
    Oder retten.
    »Wir tun, was wir können.« Er faselt von ihren Fortschritten, aber ich habe nicht die Geduld, ihm zuzuhören. Ich gehe hinüber zum Fenster, die Arme vor der Brust verschränkt, starre hinunter in den üppig grünen Garten und sehe nichts.
    Nicht nichts. Ich sehe ihr Gesicht. Dieses Gesicht, an das ich mich fast länger als an mein eigenes erinnern kann. Ich hatte gedacht, ich sei endlich von diesem Gesicht befreit.
    Nur dass ich jetzt niemals frei sein kann. Ich brauche sie. Wir brauchen sie. Es ist schwer, nicht an dieser bitteren Ironie zu ersticken, dass wir sie, nach allem, was sie getan hat, brauchen. Ohne sie würde alles zusammenbrechen.
    Es würde noch schlimmer, als es sowieso schon ist.
    Und ich hätte sie beinahe umgebracht.

K apitel 2

    T herapie ist der Inbegriff des Besten und des Schlimmsten in meinem Leben. Ich sitze stocksteif auf dem Sofa, den Tränen nahe, doch ich blinzle sie weg. Nicht weil es mir peinlich ist – ich habe schon literweise davon vor Elizabeth geweint. Ich habe es nur gründlich satt zu weinen.
    Ich mag nicht über meine Eltern reden, aber es ist Elizabeths Job, mich ab und zu dazu zu zwingen. Wie heute. Sie hat versucht, sich auf glückliche Erinnerungen zu konzentrieren, aber diesmal hat sie mich damit nur daran erinnert, dass es all das nie wieder geben wird. Dieses Kapitel meines Lebens ist vorbei.
    Für immer.
    Ein riesiges, klaffendes »für

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