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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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läge das Skelett des Babys dicht neben dem der Erwachsenen - der Mutter?«
    »Ich will Ihnen eine kleine Geschichte erzählen.« Mickey hatte seine Schreibtischschublade aufgezogen und eine Hand voll Schnappschüsse herausgenommen, lauter alte Schwarzweißaufnahmen. Er griff nach der obersten und schob sie Jury hin. »Das wurde in Dagenham aufgenommen. Gleich zu Beginn der Evakuierung 1939. Die Kinder wurden mit dem Boot zu einem der Züge gebracht, die sie aufs Land bringen sollten.« Mickey schob ihm noch zwei Schnappschüsse hinüber.
    »Das ist in Stepney. Wieder während der Evakuierung. Mein Dad hat immer von dieser unheimlichen Stille erzählt. Lauter Kinder - und kaum ein Mucks zu hören.« Jury betrachtete das Grüppchen, die grauen Gesichter der Mütter, auf denen sich kein Lächeln zeigte.
    »Das war der Exodus 1940, während des so genannten >Sitzkriegs<, als London sich auf einen Krieg vorbereitete und dann eigentlich gar nichts passierte.«
    Jury hasste Gespräche über den Krieg. Was wollte Mickey mit all diesen Bildern? Worauf wollte er hinaus?
    Er schob ihm noch einen Schnappschuss hin. »Das hier sind vermutlich die Frau und das Kind, die in den Trümmern damals umgekommen sind. Alexandra Tynedale, ein- oder zweiundzwanzig Jahre alt, und ein etwa vier Monate altes Baby. Allerdings nicht ihr eigenes. Das Kindermädchen war mit Alexandras Baby an die frische Luft gegangen.« Mickey wirbelte wieder ein Foto auf Jurys Schreibtischseite hinüber. »Und so sieht das Baby heute aus: Maisie Tynedale.«
    Jury betrachtete das Foto. Die Frau war attraktiv, Anfang fünfzig, schätzte er, allerdings mehr durch Errechnen der seither vergangenen Jahre als durch ihr Aussehen. Dem Foto nach hätte sie auch vierzig sein können. Die Aufnahme war besser als die anderen, aufgenommen mit einer anspruchsvolleren Kamera als der, aus der die Schnappschüsse stammten. Jury legte es hin. Inzwischen hatte er fünf Bilder aufgereiht vor sich liegen. »Die zwei von der Evakuierung - was ist mit denen? Was hat es damit auf sich?«
    Statt einer Antwort schob Mickey ein weiteres Foto herüber. Auf ihm war eine junge Frau zu sehen, die der Kamera den Rücken zuwandte und zu einem Baby hinunter lächelte, dessen kleines rundes Kinn auf die Schulter der Frau gestützt war. Arm und Händchen lagen flach auf dem Rücken der Frau. Jury legte das Foto als Nummer sechs in die Reihe und sah Mickey fragend an.
    »Kitty, das Kindermädchen. Katherine Riordin und die kleine Erin.«
    Als ob er Spielkarten austeilte, schnippte Mickey ihm noch ein Foto hinüber. Zerbombte Gebäude waren darauf zu sehen, zerborstene rote Backsteine. Ein paar Leute bahnten sich mühsam einen Weg durch die Trümmer. Jury sagte: »Solche Szenen haben sich doch überall in London tausendfach abgespielt. Furchtbar, Mickey. Meine beiden Eltern sind im Krieg umgekommen.«
    »Tut mir Leid, Rieh. Es gibt da etwas -«
    Jury sah ihn beunruhigt an. »Stimmt was nicht, Mickey?«
    Er glaubte in den Augen des anderen tatsächlich Tränen zu erkennen. Oder auch nicht. »Hören Sie, ich habe es nicht eilig. Wo ist das?« Er hielt die Aufnahme von dem zertrümmerten Gebäude hoch, von der ganzen, dem Erdboden gleichgemachten Straße.
    »Das habe ich doch schon gesagt. Hier ist das Pub - war das Pub -, das Francis Croft gehörte. Hier -da stand es noch. The Blue Last, hieß es. Die beiden, die davor stehen, sind Alexandra Tynedale Herrick und Francis Croft. Sehen Sie die Lichterkette am Türrahmen. Das Foto muss also entweder kurz vor oder nach Weihnachten aufgenommen worden sein. Francis Croft war der Geschäftspartner und beste Freund eines Mannes namens Oliver Tynedale, Alexandras Vater. Sie waren seit ihrer Kindheit miteinander befreundet. Francis ist tot, aber Oliver lebt noch. Erstaunlich, er muss nämlich inzwischen schon neunzig sein. Sie waren wie Brüder, er und Croft.«
    »Das Baby des Kindermädchens wurde ebenfalls getötet; Erin hieß es. Kitty war Irin, kam wie Tausende von armen irischen Mädchen hierher, auf der Suche nach Arbeit und - nach ihrem Ehemann. Der hatte sie offenbar schlicht sitzen lassen. Alexandra stellte sie als Kinderfrau für Maisie ein. Kittys Tochter Erin war genauso alt wie Alexandras Baby.« Er fuhr sich seufzend mit der Hand durchs Haar.
    Jury lehnte sich zurück. »Tynedale. Von der Tynedale Brauerei? Eine der größten des Landes?« »Die gehörte eigentlich allen beiden. Tynedale und Croft.«
    »Francis Croft muss ja ein ziemlich

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