Grimes, Martha - Mordserfolg
Schlitzen verengten. Ja, das wäre wirklich etwas, was nach Vergeltung verlangte. Paul war fast enttäuscht, dass er ihnen nicht die simple Lösung, den klaren, unverfälschten Beweggrund dafür geben konnte, wieso er getan hatte, was er getan hatte. Ein Problem war, dass er sich selber des Motivs gar nicht mehr sicher war.
Er sagte: »Ich will Ihnen mal was zeigen.« Er rollte wieder zurück und ließ den Stuhl wippend stehen, während er eine Schreibtischschublade öffnete. Er hatte das Blatt aufbewahrt, auf dem er sich seine Auswahlliste von Verlagen und Autoren notiert hatte. Dieses überreichte er Karl nun mit den Worten: »Hier finden Sie eine Liste von drei Verlagen und drei Schriftstellern. Sie wissen ja, dass ich zu jedem dieser Häuser gehen könnte –«
Candy nickte, ziemlich stolz darauf, dass er sich eine Menge Insiderwissen über Verlage angeeignet hatte. »Klar, weil Sie die Erstauflage von einer Million Exemplaren garantiert in null Komma nichts verkaufen.«
Paul musterte ihn etwas seltsam und zuckte die Achseln. »Nun einmal angenommen, ich halte Verleger heutzutage für die letzten Scheißkerle – nicht alle, wohl gemerkt, ein paar gute gibt es immer noch. Die meisten aber, glaube ich, sind gierig, rücksichtslos, unmoralisch und fies. Diese drei jedenfalls ganz bestimmt. Ich war neugierig – nein, mehr als neugierig: Ich wollte sehen, wie weit sie gehen würden, um mich in ihren Stall zu kriegen. Ein entsetzlicher Ausdruck! Und jetzt zu den drei Schriftstellern, alle sehr gut, wirklich integer, weshalb sie es auch schaffen, im Verlagssumpf nicht unterzugehen. Diese drei sehr guten Schriftsteller also –«
»Aber Ned ist der beste«, warf Karl ein. Ihr Kandidat sollte doch der Gewinner sein!
»Ja, das stimmt. Blieb jedoch die Frage: Wem von diesen dreien, wenn überhaupt einem, konnte man mit einem furchtbaren Knick seiner Karriere drohen, wessen Vertrag konnte man für null und nichtig erklären, über wen konnte man Gerüchte streuen, in Wirklichkeit hätte seine Frau die Bücher geschrieben, und wer würde es aushalten, wenn die Verlagsbranche irgendwelche Breitseiten gegen seinen guten Ruf abschoss? Welcher von ihnen würde nicht in Panik geraten? Wer würde kein Heer von Anwälten anheuern und vor Gericht ziehen? Wem ginge es – grob gesprochen – schlicht und einfach am Arsch vorbei?«
Paul fuhr fort: »Diese Eigenschaft hatten wir wohl alle einmal. Sie ging aber den Bach runter, als das erste Buch veröffentlicht wurde.« Wie um sich zu trösten, schaukelte Paul auf seinem Stuhl vor und zurück, vor und zurück, und sah aus dem kleinen Fenster auf den dürren Ast eines Baumes. »Nach jenem ersten Buch, über dessen Veröffentlichung wir uns überschwänglich freuten, kam dann das große Gemecker von wegen, wie viel Werbung und Verkaufsförderung kriege ich. Und wie viel Geld im Voraus – Was? Ich kriege nicht so viel wie King oder Grisham? Dann leckt mich doch am Arsch. Ich kriege keine Lesereise? Dann leckt mich doch kreuzweise. Und was ist mit dieser schnöseligen Rezension in der Kirkus Review ? Und mit der sternchengesegneten Rezension in Publishers Weekly ? Rezensionen, Rezensionen, Rezensionen – wir rupfen uns die Haare aus, zerfressen von Eifersucht darüber, wie der eine oder die andere aufgenommen wurde, es gibt Streitereien über Filmrechte, Nachdruckrechte, Auslandsrechte, elektronische Nutzungsrechte und so weiter und so fort.
Früher ging es uns ums Schreiben, heute geht es darum, ob wir unsere eigenen Sonderflächen kriegen, wie wir bei Barnes & Noble platziert werden. Jetzt geht es um zweitägige Werbeaktionen, um die TBR -Bestsellerliste.« Paul hatte einen Bleistift genommen, den er immer noch schaukelnd auf seiner Armlehne hin und her rollte. »Autoren laufen Sturm gegen den Schund, der regelmäßig auf den Bestsellerlisten auftaucht und wochenlang, ja monatelang darauf bleibt und dadurch das Erscheinen ihrer Bücher effektiv verhindert. Aber wissen Sie, was mich wundert? Nicht dass dieser Schund auf der Liste erscheint, sondern –überlegen Sie mal – dass an jedem beliebigen Sonntag von Tausenden von Büchern nur fünfzehn auf dieser Liste landen. Von Zehntausenden – was mich umhaut, ist diese pure Arroganz jedes x-beliebigen Schriftstellers, der meint, sein Buch sollte auf dieser Liste stehen.«
Candy und Karl hörten interessiert zu und nickten dabei zustimmend, als ob Paul ihre eigene Geschichte erzählte.
Karl sagte: »Mann, das ist schon ein
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