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Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Titel: Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Carl Grimm , Jacob Ludwig Carl Grimm
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sein Auge reichte, sah er nichts als die Gipfel der Bäume. Da begab er sich von dem Baume wieder herunterzusteigen, aber der Hunger quälte ihn, und er dachte: Wenn ich nur noch einmal meinen Leib ersättigen könnte. Als er herabkam, sah er mit Erstaunen unter dem Baum einen Tisch, der mit Speisen reichlich besetzt war, die ihm entgegendampften.
     
    »Diesmal«, sprach er, »ist mein Wunsch zu rechter Zeit erfüllt worden«, und ohne zu fragen, wer das Essen gebracht und wer es gekocht hätte, nahte er sich dem Tisch und aß mit Lust, bis er seinen Hunger gestillt hatte. Als er fertig war, dachte er, es wäre doch schade, wenn das feine Tischtüchlein hier in dem Walde verderben sollte, legte es säuberlich zusammen und steckte es ein.
     
    Darauf ging er weiter, und abends, als der Hunger sich wieder regte, wollte er sein Tüchlein auf die Probe stellen, breitete es aus und sagte: »So wünsche ich, daß du abermals mit guten Speisen besetzt wärest«, und kaum war der Wunsch über seine Lippen gekommen, so standen so viel Schüsseln mit dem schönsten Essen darauf, als nur Platz hatten.
     
    »Jetzt merke ich«, sagte er, »in welcher Küche für mich gekocht wird; du sollst mir lieber sein als der Berg von Silber und Gold«, denn er sah wohl, daß es ein Tüchleindeckdich war. Das Tüchlein war ihm aber doch nicht genug, um sich daheim zur Ruhe zu setzen, sondern er wollte lieber noch in der Welt herumwandern und weiter sein Glück versuchen.
     
    Eines Abends traf er in einem einsamen Walde einen schwarz bestaubten Köhler, der brannte da Kohlen und hatte Kartoffeln am Feuer stehen, damit wollte er seine Mahlzeit halten. »Guten Abend, du Schwarzamsel«, sagte er, »wie geht dir’s in deiner Einsamkeit?« – »Einen Tag wie den andern«, erwiderte der Köhler, »und jeden Abend Kartoffeln; hast du Lust dazu und willst mein Gast sein?« – »Schönen Dank«, antwortete der Reisende, »ich will dir die Mahlzeit nicht wegnehmen, du hast auf einen Gast nicht gerechnet, aber wenn du mit mir vorlieb nehmen willst, so sollst du eingeladen sein.« – »Wer soll dir anrichten?«, sprach der Köhler, »ich sehe, daß du nichts bei dir hast, und ein paar Stunden im Umkreis ist niemand, der dir etwas geben könnte.« – »Und doch soll’s ein Essen sein«, antwortete er, »so gut, wie du noch keins gekostet hast.«
     
    Darauf holte er sein Tüchlein aus dem Ranzen, breitete es auf die Erde und sprach: »Tüchlein, deck dich«, und alsbald stand da Gesottenes und Gebratenes und war so warm, als wenn es eben aus der Küche käme. Der Köhler machte große Augen, ließ sich aber nicht lange bitten, sondern langte zu und schob immer größere Bissen in sein schwarzes Maul hinein.
     
    Als sie abgegessen hatten, schmunzelte der Köhler und sagte: »Hör, dein Tüchlein hat meinen Beifall, das wäre so etwas für mich in dem Walde, wo mir niemand etwas Gutes kocht. Ich will dir einen Tausch vorschlagen, da in der Ecke hängt ein Soldatenranzen, der zwar alt und unscheinbar ist, in dem aber wunderbare Kräfte stecken; da ich ihn doch nicht mehr brauche, so will ich ihn für das Tüchlein geben.« – »Erst muß ich wissen, was das für wunderbare Kräfte sind«, erwiderte er.
     
    »Das will ich dir sagen«, antwortete der Köhler, »wenn du mit der Hand darauf klopfst, so kommt jedesmal ein Gefreiter mit sechs Mann, die haben Ober- und Untergewehr, und was du befiehlst, das vollbringen sie.« – »Meinetwegen«, sagte er, »wenn’s nicht anders sein kann, so wollen wir tauschen«, gab dem Köhler das Tüchlein, hob den Ranzen von dem Haken, hing ihn um und nahm Abschied.
     
    Als er ein Stück Wegs gegangen war, wollte er die Wunderkräfte seines Ranzens versuchen und klopfte darauf. Alsbald traten die sieben Kriegshelden vor ihn, und der Gefreite sprach: »Was verlangt mein Herr und Gebieter?«
     
    »Marschiert im Eiltempo zu dem Köhler und fordert mein Wünschtüchlein zurück.«
     
    Sie machten linksum, und gar nicht so lange, so brachten sie das Verlangte und hatten es dem Köhler, ohne viel zu fragen, abgenommen. Er hieß sie wieder abziehen, ging weiter und hoffte, das Glück würde ihm noch heller scheinen. Bei Sonnenuntergang kam er zu einem andern Köhler, der bei dem Feuer seine Abendmahlzeit bereitete. »Willst du mit mir essen«, sagte der rußige Geselle, »Kartoffeln mit Salz, aber ohne Schmalz, so setz dich zu mir nieder.« – »Nein«, antwortete er, »für diesmal sollst du mein Gast sein«,

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