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Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Titel: Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Carl Grimm , Jacob Ludwig Carl Grimm
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sie die Augen aufschlug, da war die Taube verschwunden.
     
    Und weil sie dachte, Menschen können dir da nichts helfen, so stieg sie zur Sonne hinauf und sagte zu ihr: »du scheinst in alle Ritzen und über alle Spitzen; hast du keine weiße Taube fliegen sehen?« – »Nein«, sagte die Sonne, »ich habe keine gesehen, aber da schenk ich dir ein Schächtelchen, das mach auf, wenn du in großer Not bist.« Da dankte sie der Sonne und ging weiter bis es Abend war und der Mond schien, da fragte sie ihn: »du scheinst ja die ganze Nacht, durch alle Felder und Wälder: hast du keine weiße Taube fliegen sehen?« – »Nein«, sagte der Mond, »ich habe keine gesehen, aber da schenk ich dir ein Ei, das zerbrich wenn du in großer Not bist.« – Da dankte sie dem Mond und ging weiter, bis der Nachtwind wehte, da sprach sie zu ihm: »du wehst ja durch alle Bäume und unter alle Blätterchen weg, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?« – »Nein«, sagte der Nachtwind, »ich habe keine gesehen, aber ich will die drei andern Winde fragen, die haben sie vielleicht gesehen.«
     
    Der Ostwind und der Westwind kamen und sagten, sie hätten nichts gesehen, der Südwind aber sprach: »die weiße Taube hab’ ich gesehen, sie ist zum roten Meer geflogen, da ist sie wieder ein Löwe geworden, denn die sieben Jahre sind herum, und der Löwe steht dort im Kampf mit einem Lindwurm, der Lindwurm ist aber eine verzauberte Prinzessin.«
     
    Da sagte der Nachtwind zu ihr: »ich will dir Rat geben, geh’ zum roten Meer’ am rechten Ufer da stehen große Ruten, die zähl’ und die eilfte schneid’ dir ab und schlag’ den Lindwurm damit, dann kann ihn der Löwe bezwingen und beide bekommen auch ihren menschlichen Leib wieder; dann schau dich um und du siehst den Vogel Greif am roten Meer sitzen, schwing’ dich auf seinen Rücken mit dem Prinzen, der Vogel wird euch übers Meer nach Haus tragen; da hast du auch eine Nuss, wenn du mitten über dem Meer bist, lass sie herab fallen, alsbald wird ein großer Nussbaum aus dem Wasser hervorwachsen, auf dem sich der Greif ruht, und könnte er nicht ruhen, wär’ er nicht stark genug, euch hinüber zu tragen, und wenn du es vergisst, wirft er euch ins Meer hinunter.«
     
    Da ging sie hin und fand alles, wie der Nachtwind gesagt hatte und schnitt die elfte Rute ab, damit schlug sie den Lindwurm, alsbald bezwang ihn der Löwe und da hatten beide ihren menschlichen Leib wieder. Und wie sich die Prinzessin, die vorher ein Lindwurm gewesen war, frei sah, nahm sie den Prinzen in den Arm, setzte sich auf den Vogel Greif und führte ihn mit sich fort. Also stand die arme, weitgewanderte und war wieder verlassen, sie sprach aber: »ich will noch so weit gehen als der Wind weht und so lang als der Hahn kräht, bis ich ihn finde.«
     
    Und ging fort, lange lange Wege, bis sie endlich zu dem Schloss kam, wo beide zusammen lebten, da hörte sie daß bald ein Fest wäre, wo sie Hochzeit mit einander machen wollten. Sie sprach aber, Gott hilft mir doch noch, und nahm das Schächtelchen, das ihr die Sonne gegeben hatte, da lag ein Kleid darin, so glänzend, wie die Sonne selber. Da nahm sie es heraus und zog es an und ging hinauf in das Schloss und alle Leute sahen sie an und die Braut selber; und das Kleid gefiel ihr so gut, dass sie dachte, es könnte ihr Hochzeitkleid geben und fragte, ob es nicht feil wäre?
     
    »Nicht für Geld und Gut«, sagte sie, »aber für Fleisch und Blut.«
     
    Die Braut fragte, was sie damit meine, da sagte sie: »lasst mich eine Nacht in der Kammer schlafen, wo der Prinz schläft.« Die Braut wollte nicht und wollte doch gern das Kleid haben, endlich willigte sie ein, aber der Kammerdiener musste dem Prinzen einen Schlaftrunk geben. Als es nun Nacht war, und der Prinz schon schlief, ward sie in die Kammer geführt, da setzte sie sich ans Bett und sagte: »ich bin dir nachgefolgt sieben Jahre, bin bei Sonne, Mond und den Winden gewesen und hab’ nach dir gefragt, und hab’ dir geholfen gegen den Lindwurm, willst du mich denn ganz vergessen?«
     
    Der Prinz aber schlief so hart, dass es ihm nur vorkam, als rausche der Wind draußen in den Tannenbäumen. Wie nun der Morgen anbrach, da ward sie wieder hinausgeführt, und musste das goldene Kleid hingeben; und als auch das nichts geholfen hatte, ward sie traurig, ging hinaus auf eine Wiese, setzte sich da hin und weinte. Und wie sie so saß, da fiel ihr das Ei noch ein, das ihr der Mond gegeben hatte und sie schlug es

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