Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
länger verweigern, er wurde mit ihr vermählt, und lebten sie in einer vergnügten Ehe.
Auf eine Zeit, als er durchs Feld spazieren ging, begegneten ihm seine beiden ehemaligen Kameraden, die so treulos an ihm gehandelt hatten. Sie kannten ihn nicht, er aber erkannte sie gleich, ging auf sie zu und sprach: »seht, das ist euer ehemaliger Kamerad, dem ihr so schändlich die Augen ausgestochen habt, aber der liebe Gott hat es mir zum Glück gedeihen lassen.« Da fielen sie ihm zu Füßen, und baten um Gnade, und weil er ein gutes Herz hatte, erbarmte er sich ihrer, und nahm sie mit sich, gab ihnen auch Nahrung und Kleider. Er erzählte ihnen danach wie es ihm ergangen, und wie er zu diesen Ehren gekommen wäre. Als die zwei das vernahmen, hatten sie keine Ruhe, und wollten sich eine Nacht unter den Galgen setzen, ob sie vielleicht auch etwas Gutes hörten.
Wie sie nun unter dem Galgen saßen, flatterte auch bald etwas über ihren Häuptern, und kamen die drei Krähen. Die eine sprach zur andern »hört, Schwestern, es muss uns jemand behorcht haben, denn die Königstochter ist gesund, die Kröte ist fort aus dem Teich, ein Blinder ist sehend geworden, und im der Stadt haben sie einen frischen Brunnen gegraben, kommt, lasst uns den Horcher suchen, und ihn bestrafen.« Da flatterten sie herab, und fanden die beiden, und eh sich die helfen konnten, saßen ihnen die Raben auf den Köpfen, und hackten ihnen die Augen aus, und hackten weiter so lange ins Gesicht, bis sie ganz tot waren. Da blieben sie liegen unter dem Galgen. Als sie nun ein paar Tage nicht wieder kamen, dachte ihr ehemaliger Kamerad »wo mögen die zwei herumirren«, und ging hinaus sie zu suchen. Da fand er aber nichts mehr, als ihre Gebeine, die trug er vom Galgen weg, und legte sie in ein Grab.
Hans mein Igel
E s war einmal ein Bauer, der hatte Geld und Gut genug, aber wie reich er war, so fehlte doch etwas an seinem Glück; er hatte mit seiner Frau keine Kinder. Öfters, wenn er mit den andern Bauern in die Stadt ging, spotteten sie und fragten, warum er keine Kinder hätte. Da ward er endlich zornig, und als er nach Haus kam, sprach er: »Ich will ein Kind haben und sollt’s ein Igel sein.«
Da kriegte seine Frau ein Kind, das war oben ein Igel und unten ein Junge, und als sie das Kind sah, erschrak sie und sprach: »Siehst du, du hast uns verwünscht.« Da sprach der Mann: »Was kann das alles helfen, getauft muß der Junge werden; aber wir können keinen Gevatter dazu nehmen.«
Die Frau sprach: »Wir können ihn auch nicht anders taufen als Hans mein Igel.« Als er getauft war, sagte der Pfarrer: »Der kann wegen seiner Stacheln in kein ordentlich Bett kommen.« Da ward hinter dem Ofen ein wenig Stroh zurechtgemacht und Hans mein Igel daraufgelegt. Er konnte auch an der Mutter nicht trinken, denn er hätte sie mit seinen Stacheln gestochen.
So lag er da hinter dem Ofen acht Jahre, und sein Vater war ihn müde und dachte: Wenn er nur stürbe! Aber er starb nicht, sondern blieb da liegen. Nun trug es sich zu, daß in der Stadt ein Markt war, und der Bauer wollte hingehen; da fragte er seine Frau, was er ihr sollte mitbringen. »Ein wenig Fleisch und ein paar Wecke, was zum Haushalt gehört«, sprach sie. Darauf fragte er die Magd, die wollte ein paar Toffeln und Zwickelstrümpfe. Endlich sagte er auch: »Hans mein Igel, was willst du denn haben?« – »Väterchen«, sprach er, »bring mir doch einen Dudelsack mit.« Wie nun der Bauer wieder nach Haus kam, gab er der Frau, was er ihr gekauft hatte, Fleisch und Wecke; dann gab er der Magd die Toffeln und die Zwickelstrümpfe, endlich ging er hinter den Ofen und gab dem Hans mein Igel den Dudelsack.
Und wie Hans mein Igel den Dudelsack hatte, sprach er: »Väterchen, geht doch vor die Schmiede und laßt mir meinen Göckelhahn beschlagen, dann will ich fortreiten und will nimmermehr wiederkommen.« Da war der Vater froh, daß er ihn loswerden sollte, und ließ ihm den Hahn beschlagen, und als er fertig war, setzte sich Hans mein Igel darauf, ritt fort, nahm auch Schweine und Esel mit, die wollt’ er draußen im Walde hüten. Im Wald aber mußte der Hahn mit ihm auf einen hohen Baum fliegen; da saß er und hütete die Esel und Schweine und saß lange Jahre, bis die Herde ganz groß war, und wußte sein Vater nichts von ihm. Wenn er aber auf dem Baum saß, blies er seinen Dudelsack und machte Musik, die war sehr schön.
Einmal kam ein König vorbeigefahren,
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