Grolar (German Edition)

ihre Familien anrufen, während der andere duschte, um so schnell wie möglich ihren Hunger und ihren Durst zu stillen, nach getaner Arbeit. Burger und Fries im Golddigger's Heaven, dazu zwei Pitcher Pale Ale. Da hatten sie den gleichen Geschmack. Und das Bier würde umso besser schmecken, wenn sie hier ihre Arbeit gut gemacht hätten. Maximal noch eine Viertelstunde.
    Also rief Ned, »Die fünf Minuten machen es auch nicht.«
    »Ein Grund mehr«, sagte Barry, seine Stimme so leise, als würde er flüstern, »für ein paar Meter feuert uns niemand in diesem Gelände, das findet sowieso keiner raus. Hat doch keiner eine Ahnung.«
    Ned rief, mit einem Auge durch die Linse schauend, seinen Lieblingssatz, »Gibst du einmal dem inneren Schweinehund nach, ist das Eis gebrochen, der Wille schwach, d...«
    »Ja, ja, ja, ja, komm, sag an!«, drangen die Worte durch den Regen.
    »Weiter zurück! Sechs Meter.«
    Toll, dachte sich Barry und benutzte den Fluchtstab als Gehhilfe, während er auf dem rutschigen Untergrund weiter in den Wald stakste. Aufstützen konnte er sich nicht auf sein Arbeitsgerät, da dieses Modell aus Kunststoff war. Den aus Stahl hatten sie im Van gelassen, der wäre hier auf Dauer zu schwer gewesen.
    Endlich erreichte ihn das ersehnte »Stop!« von Ned, und er rammte den Fluchtstab in den bemoosten Untergrund, bohrte und drehte, bis er einigermaßen fest und gerade stand.
    Von seinem Kollegen auf der Lichtung war nun kaum noch etwas zu sehen, eine Millimeterpeilung durch die Äste und das Buschwerk. Bei diesem Wetter.
    Barry freute sich auf heute Abend, auf den Burger, das Bier und auf Janice, die im Golddigger's Heaven kellnerte. Ein paar freundliche Worte, das war alles. Er war glücklich mit Anna und ihren Zwillingen, die gerade das Laufen lernten. Am liebsten hatte er die Wettrennen zwischen den beiden. Auf ‚Los' rannten sie zu Anna oder ihm, je nachdem, hin und zurück, bis sie nicht mehr konnten, wie Pinguine über Kartoffeln, meinte Anna mal, ein Riesenspaß.
    Aber ein bisschen Herumspaßen mit einer jungen fremden Frau in einer fremden Stadt, unverbindlich, das tat ihm einfach gut und keinem weh, und es tat ihrem Trinkgeld gut, und das wusste Janice so gut wie er.
    Ein Ast brach hinter ihm und fiel zu Boden. Immer wieder passierte das, auch wenn es nicht regnete, und deswegen trugen die beiden stets ihre Helme. Bei diesem Wolkenbruch kam fast so viel runter wie bei starkem Wind, weil sich das Holz voll Wasser sog.
    Fehlt noch, dass ich hier erschlagen werde, dachte er, holte tief Luft und rief, »Ned! Dauert es noch?«
    Wieder krachte es hinter ihm, lauter diesmal.
    Die Einschläge kommen näher, formulierte er für sich. Das könnte aus seiner Lieblingsfernsehserie stammen, die er zuhause auf DVD schaute, wenn seine Liebe früher ins Bett ging: Brothers in Arms. Er drehte sich um.
    »Kleinen Moment noch!«, antwortete ihm Ned von der Lichtung aus und wischte sich einen Tropfen aus dem Kragen. Sehen konnte er Barry nicht mehr, lediglich den Fluchtstab, wie eine seltene exotische rot-weiße Pflanze im kanadischen Busch. Mit seinen kalten und feuchten Fingern stellte er den Tachymeter ein und nahm Maß.
    Sein Hals war dafür umso trockener. Er hätte natürlich einen Schluck Wasser aus der Flasche nehmen können, aber er freute sich auf das Bier später.
    Ned trank jeden Tag, aber er betrank sich nie, höchstens ein Sixpack, oder einen Pitcher in der Bar.
    Ihm war, als hätte er ein Geräusch aus dem Wald gehört. Hatte Barry ihn gerufen? Er richtete sich auf aus seiner gebückten Haltung.
    »Ja?«, rief er in die Peilrichtung.
    Keine Antwort.
    »Egal«, murmelte er vor sich hin, schloss das linke Auge und presste das andere an die Gummimuschel.
    Der Fluchtstab war verschwunden.
    »Das gibt es doch nicht.«
    Die Peilung stimmte noch, er erkannte das Geflecht aus Zweigen und Ästen im Sucher. Der Tachymeter hatte sich nicht verschoben, die Stange musste umgefallen sein, bei dem Terrain und dem Wetter kein Wunder, aber dafür stand Barry schließlich daneben!
    Warum stellte er den Stab nicht wieder auf? Der war doch jetzt nicht etwa pissen gegangen, ohne ihm Bescheid zu sagen?
    »Barry!«
    Nur das Platschen der Regentropfen auf Blättern und nasser Erde.
    »Barry!«
    Das Pladdern der Regentropfen auf seiner Goretexjacke und der