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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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dir denn los? Was schlägst du wie ein Irrer gegen ...«
    »Musstest du so bremsen?«
    Er hockte sich hin und setzte seinen linken Fuß auf den Metallrahmen.
    »War keine Absicht.«
    »Ich breche mir noch den Hals.«
    Klatschend kamen die Sohlen seiner Arbeitsstiefel auf dem nassen Asphalt auf. Er durfte sich auf keinen Fall verletzen, nicht in diesem Sommer. Wenn er nicht arbeiten konnte, dann würde er auch kein Geld verdienen. Die Regeln waren einfach hier.
    »Es war ja keine Absicht«, ihre Stimme wurde leiser, sie rutschte wieder durch auf die Beifahrerseite.
    Er besah sich das Blech an der Fahrerseite, wo die Lawine den Ford getroffen hatte. Etliche Beulen waren dazugekommen.
    Egal bei der Karre.
    Sie rief, »Worauf wartest du?«
    »Ich gehe nur mal um den Wagen rum.«
    »Im Regen?«
    »Ja, im Regen.«
    Ihm war, als könnte er ewig um den Pick-up herumlaufen, sinnlos auf den Haufen Blech starren, die Beulen und Kratzer und die rostigen Stellen zählen, als würde er sie auswendig lernen wollen und danach einen Preis bekommen, den großen Glückspreis: Zufriedenheit. Das war seit einiger Zeit schon sein einziges Ziel. Zufriedenheit. Frieden.
    Kalt war ihm nicht, im Gegenteil, der Regen kühlte angenehm die Hitze in seinem Gesicht durch die aufgestaute Wut und die Anstrengung.
    Mehr als eine Runde machte er nicht, das wäre in der Tat lächerlich gewesen, außerdem spürte er den Blick seines Sohnes an ihm haften.
    Er blieb neben der Fahrertür stehen und spähte die Straße entlang, über den Schlammteppich, der die Furchen durch die Reifenspuren langsam wieder verschluckte. In ein paar Minuten würde niemand vermuten, dass sie hier festgesteckt hatten.
    War das wirklich eine gute Idee von ihm gewesen, die beiden hierherzubringen? Raus aus ihrer gewohnten Umgebung? Die ganze Sache?
    Tara rief von innen, »Macht dir das Spaß da draußen, oder was träumst du herum?«
    Er stieg ein und zog die Tür zu.
    »Vorsichtig, der Fahrer träumt vom großen Gold!«
    Er holte Luft, um etwas zu sagen, doch Cliff kam ihm dazwischen, »Daddy.«
    »Ja?«
    Der Motor schnurrte unruhig im Leerlauf, er schaltete in D.
    »Da war ein großes Tier.«
    »Was für ein großes Tier, Cliff?«
    »Weiß nicht.«
    »Ein Bär?«, sein Kopf kreiste in alle Richtungen.
    »Weiß nicht, ein ganz, ganz, ganz großer Bär?«
    »Gott, ein Grizzly?«, fragte Tara.
    Sie rollten in Schrittgeschwindigkeit. Mit einem Ohr horchte Jon auf den Motor, ob der etwas abbekommen hatte. Er hörte sich so krank an wie immer. Die Ventile.
    »War er braun?«, fragte er zurück.
    »Nein.«
    »Schwarz?«
    »Nein.«
    »Grün?«
    »Nein, Daddy«, er lachte, »Grüne Bären gibt es nicht.«
    »Na, welche Farbe dann?«
    »Rot.«
    »Er war rot? Ein roter Bär. Gibt es rote Bären?«
    »Nur der Kopf.«
    »Und sonst?«
    »Weiß nicht.«
    Jetzt lachte Jon, »Roter Kopf, so Bären gibt es nicht.«
    »Doch.«
    »Nein.«
    »Habe ich aber gesehen.«
    »Gibt's nicht.«
    »Lass ihn doch«, schaltete sich Tara ein.
    »Du guckst zu viel Fernsehen!«
    Tara klatschte in die Hände, »Der Mustervater. Dann sei du doch mal zuhause und pass du auf ihn auf, dann beschäftige du ihn doch mal die ganze Zeit.«
    »Das habe ich nicht als Kritik gemeint.«
    »Natürlich nicht.«
    »Das war keine Kritik, ich ...«
    »Nur nicht«, sie wendete ihren Kopf ab.
    Jon schaute in den Rückspiegel, wo die Abgaswolken wieder ihren Weg markierten.
     
     
Das röhrende und stinkende Viech kroch am Grolar vorbei. Er wollte ihm den Weg abschneiden, doch nun passierte es ihn, als wären seine Beine zwischen den Bäumen im Boden verwurzelt.
    Er hatte diese Viecher schon häufiger gesehen und weitaus öfter gerochen, war aber noch nie so nah an eines herangekommen. Die meisten waren kleiner als er. Konnte er sie im Kampf besiegen? Fressen? Letzteres bezweifelte er bei dem Gestank. Aber er hatte wieder sichere Beute gewittert, wenn ihm seine Nase nicht täuschte, und sie täuschte ihn selten.
    Das Erdreich im Wald war zu tief und zäh gewesen, so dass er einen Bogen hatte laufen müssen und zu spät ankam.
    Enttäuscht war er über den vermeintlichen Fluss.

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