groß in Form
hat uns in unserer Freizeit herumlaufen lassen, wie wir wollten“, sagte Cindy, die Klassensprecherin.
„Damals hattet ihr auch richtigen Turnunterricht. Der fehlt jetzt und ich bin für euch verantwortlich.“
Der Ton zwischen der ersten Klasse und Marianne wurde immer böser. Carla, die meist mit Marianne zusammen als Aufsicht eingesetzt war, versuchte zu vermitteln. Aber sie zog den Kürzeren, wie bei jedem Streit mit der heftigen Freundin.
Dann beklagten sich die Kleinen bei den Mädchen aus der vierten Klasse.
Am deutlichsten drückte sich Pütti aus, als sie ihrer Schwester schilderte, wie Marianne sich aufführte. Corni redete mit den Zwillingen. „Ich kann mir alles genau vorstellen“, sagte sie. „Ich brauche bloß an unseren Spaziergang neulich zu denken.“
Daraufhin versuchten die Zwillinge gemeinsam mit Hilda, Marianne gut zuzureden.
„Was fällt euch ein?“, antwortete Marianne entrüstet. „Kümmere ich mich vielleicht darum, was ihr macht, wenn ihr Aufsicht führt?“
„Wir wollen doch bloß nicht, dass es Krach gibt.“
„Krach? Warum sollte es Krach geben?“
„Weil die Kleinen sich nicht tyrannisieren lassen.“
„Aha, ich tyrannisiere sie! Darf ich fragen, wie ihr sie beaufsichtigt? Ihr habt doch auch ein paarmal während ihrer Freizeit auf sie aufpassen müssen.“
„Wir haben gefragt, was sie machen wollen. Wenn sie spielten, haben wir mitgespielt. Oder wir sind spazieren gegangen – immer so, dass wir in Rufweite waren. So machen es die Lehrerinnen ja auch.“
„Ich nicht. Und ich möchte euch dringend bitten, eure guten Ratschläge zu unterlassen.“
Marianne war stur. Es war nichts mit ihr anzufangen. Je mehr jemand auf sie einredete, desto verbockter wurde sie.
Die erste Klasse hatte seit ihrem Mitternachtsfest ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Mamsell. Es waren gerissene Gören, sie merkten genau, wie sehr Mamsell sich über ihr Vertrauen freute. Doch es war auch echte Zutraulichkeit dabei. Sie erzählten ihr manche Dinge, die sie den größeren Mädchen und schon gar einer anderen Lehrerin nie anvertraut hätten. Da sagte eines Tages Sylvi in der Französischstunde: „Ach Mamsell, heute können Sie uns ruhig viel Arbeit aufgeben. Dann müssen wir lange lernen und die Freizeit ist nur kurz.“
Das war eine sonderbare Auffassung. Verwirrt fragte die Lehrerin, was Sylvi meinte. Die anderen nickten und lachten und Monika erklärte: „Heute hat Marianne die Aufsicht. Dann ist von Freizeit keine Rede. Die zwiebelt uns bloß. Lieber französische Verben lernen.“
Eigentlich musste das ja Musik in Mamsells Ohren sein. Aber es klang so unwahrscheinlich. „Sie zwiebelt euch? Was ist das? Was tut sie da?“
„Sie plagt uns, sie piesackt uns, sie kommandiert uns herum!“, rief die Klasse durcheinander. Und sie erzählten ihr ...
„Aber das ist doch!“ Mamsell war empört. „Ich werde etwas unternehmen“, versprach sie den Kindern. Und das tat sie auch. Sie wartete, bis sie Marianne mal mit der ersten Klasse draußen im Hof sah, und ging wie zufällig langsam vorbei. Tatsächlich! Marianne hatte einen rauen, einen geradezu barschen Ton an sich! Grob fuhr sie die Mädchen an und jagte sie herum.
In der nächsten Stunde, die Mamsell in der Vierten gab, rief sie zwischendurch Marianne auf, ließ sich einen französischen Text übersetzen und sagte dann – wie nebenbei – zu ihr: „Marianne, ich habe zufällig gestern, als ich über den Hof ging, gehört, wie streng du mit den Kleinen aus der ersten Klasse umgehst. Meinst du nicht, dass du ihnen etwas mehr Freiheit lassen solltest?“
Sie hatte es nett, fast liebevoll und mütterlich gesagt. Aber Marianne schwoll der Kamm. Fing die nun auch noch an? Was verstand diese alte dicke Mamsell schon vom Sport? Entrüstet erhob sich Marianne und erwiderte pampig: „Von der französischen Sprache verstehen Sie viel mehr als ich. Aber wie man die faulen kleinen Dinger zum Sport erzieht, das müssen Sie schon mir überlassen.“
„Marianne!“ Die ganze Klasse schrie es entsetzt. Was fiel dem Mädchen ein? Mamsell hatte ja recht. Das wussten sie alle und sie hatte es gut gemeint. Außerdem war sie eine ältere Dame, eine Lehrerin, der man nicht so eine patzige Antwort gab – noch dazu, wenn sie im Recht war!
Mamsell war einen Augenblick starr, dann wurde ihr Gesicht ganz traurig und müde. Sie fuhr wortlos ein paarmal mit den Händen übers Pult, stand auf und wollte den Raum verlassen. Aber da stürmten ein
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