Großadmiral Thrawn 01 - Erben des Imperiums
für die Prinzessin gehalten.
Winter hatte es wahrscheinlich nicht vergessen. Wer wie sie ganze Gespräche Wort für Wort wiedergeben konnte, sollte auch in der Lage sein, genau anzugeben, wie oft sie mit einer Prinzessin verwechselt worden war.
Leia hatte sich oft gefragt, was die übrigen Mitglieder des Provisorischen Rates denken würden, wenn sie wüßten, daß die schweigsame Assistentin, die bei offiziellen Anlässen neben ihr saß oder bei zwanglosen Gesprächen an ihrer Seite stand, jedes einzelne Wort behielt, das sie von sich gaben. Einigen, so vermutete sie, würde es ganz gewiß nicht gefallen.
»Soll ich Ihnen noch etwas Milch bringen, Eure Hoheit?« fragte Winter. »Oder einige Kekse?«
»Nein, danke.« Leia schüttelte den Kopf. »Im Moment macht mein Magen keine Probleme. Es… nun, du weißt es. Es ist Luke.«
Winter nickte. »Immer noch das gleiche Problem, das ihn seit neun Wochen beschäftigt?«
Leia runzelte die Stirn. »Geht es schon so lange?«
Winter zuckte mit den Schultern. »Sie sind sehr beschäftigt gewesen«, meinte sie mit der ihr eigenen Diplomatie.
»Du sagst es«, entgegnete Leia trocken. »Ich weiß es nicht, Winter – ich weiß es wirklich nicht. Er hat Dreipeo erzählt, daß er Ben Kenobi vermißt, aber ich weiß, daß es nicht nur das ist.«
»Vielleicht hat es mit Ihrer Schwangerschaft zu tun«, vermutete Winter. »Das würde auch erklären, warum es vor neun Wochen angefangen hat.«
»Ja, ich weiß«, stimmte Leia zu. »Aber zur selben Zeit haben auch Mon Mothma und Admiral Ackbar den Regierungssitz nach Coruscant verlegt. Und zur selben Zeit erhielten wir die ersten Berichte aus den Grenzregionen über das geheimnisvolle taktische Genie, das das Kommando über die imperiale Flotte übernommen hat.« Sie machte eine hilflose Geste. »Such dir etwas aus.«
»Ich schätze, Sie werden warten müssen, bis er bereit ist, mit Ihnen darüber zu reden.« Winter überlegte. »Vielleicht kann ihn Captain Solo nach seiner Rückkehr aus der Reserve locken.«
Leia preßte Daumen und Zeigefinger zusammen, überwältigt von zorniger Einsamkeit. Daß Han erneut eine dieser dummen Kontaktmissionen übernommen und sie allein zurückgelassen hatte…
Der Zorn wich, verwandelte sich in Schuld. Ja, Han war wieder fort; aber selbst wenn er hier war, schienen sie sich kaum zu sehen. Die meiste Zeit war sie mit der schwierigen, kräftezehrenden Aufgabe beschäftigt, eine neue Regierung zu bilden, und es gab Tage, an denen sie kaum zum Essen kam – wie sollte sie dann Zeit für ihren Mann finden?
Aber das ist meine Aufgabe, sagte sie sich grimmig; und es war eine Aufgabe, die unglücklicherweise nur von ihr erledigt werden konnte. Im Gegensatz zu fast allen anderen führenden Köpfen der Allianz war sie in den theoretischen und praktischen Aspekten der Politik gründlich ausgebildet worden. Sie war im Königshaus von Alderaan aufgewachsen und hatte von ihrem Pflegevater gelernt, wie man ganze Sonnensysteme regierte — so gut gelernt, daß sie ihn bereits als Heranwachsende im Imperialen Senat vertreten konnte. Ohne ihren Sachverstand drohte alles zusammenzubrechen, vor allem in diesem kritischen frühen Entwicklungsstadium der Neuen Republik. Noch ein paar Monate – nur noch ein paar Monate –, und sie konnte endlich ein wenig ausspannen. Dann würde sie bei Han alles wiedergutmachen.
Die Schuldgefühle ließen nach. Aber die Einsamkeit blieb.
»Vielleicht«, sagte sie zu Winter. »In der Zwischenzeit sollten wir dafür sorgen, daß wir genug Schlaf bekommen. Wir haben morgen einen anstrengenden Tag vor uns.«
Winter hob leicht die Brauen. »Tatsächlich?« meinte sie trocken.
»Sieh an, sieh an«, sagte Leia spöttisch. »Für eine Zynikerin bist du viel zu jung. Aber ich habe es ernst gemeint — ins Bett mit dir.«
»Sind Sie sicher, daß ich nichts mehr für Sie tun kann?«
»Ich bin mir sicher. Los, verschwinde.«
»In Ordnung. Gute Nacht, Eure Hoheit.«
Sie eilte hinaus und schloß die Tür hinter sich. Leia sank aufs Bett, zog die Decke hoch und schüttelte die Kissen auf. »Gute Nacht, ihr beiden«, sagte sie leise zu ihren Babys und strich sacht über ihren Bauch. Han hatte mehr als einmal festgestellt, daß jemand, der mit seinem eigenen Bauch sprach, leicht verrückt sein mußte. Aber sie vermutete, daß in Hans Augen jeder leicht verrückt war. Sie vermißte ihn schrecklich.
Mit einem Seufzer griff sie nach dem Nachttisch und knipste das Licht aus. Nach kurzer
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