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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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Sicherheitswächter sind nicht zum Dienst erschienen?«
    »Wachen Sie endlich auf, Sie Dummfick! Ich bin allein hier, comprende? Kein Pedro, keine Wächter, nada .«
    Dummfick? Charles Chelsea richtete sich im Bett auf und schüttelte den Kopf wie ein Spaniel. Verdiene ich es wirklich, Dummfick genannt zu werden? Ist das der Lohn für meine nimmermüde Loyalität?
    Kingsbury tobte weiter. »Wo im Namen Gottes sind alle? Ausgerechnet heute – gibt es da etwas, das ich wissen müßte, Charlie?«
    »Ich habe nichts gehört. Ich überprüfe das mal.«
    »Tun Sie das!« Und die Leitung war tot.
    Chelsea schleppte sich in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine ein. In weniger als zwei Stunden würde irgendein glücklicher Besucher sich durch die Drehkreuze des Wunderlands der Abenteuer schieben und zum fünfmillionsten Besucher erklärt werden. Zumindest offiziell. Chelsea war sich ziemlich sicher, daß wenigstens ein eifriger Journalist sich die Zeit nehmen würde, um die Besucherzahlen des Parks zu überschlagen und die Werbeaktion als den Betrug zu entlarven, der sie war. In den letzten Tagen war Chelseas Büro mit Anfragen für Pressezulassungen von Publikationen überschwemmt worden, die niemals zuvor irgendwelches Interesse bekundet hatten, über das Sommerfest des Wunderlands zu berichten. Chelsea war nicht so naiv anzunehmen, daß die New Yorker Daily News ernsthaft an einem Bericht über den Ingenieur interessiert waren, der die Wet-Willie-Wasserrutschbahn konstruiert hatte; nein, deren Anwesenheit erklärte sich aus eindeutiger, offener Sensationslust. Die gekidnappten Mangowühlmäuse, der tote Zoologe, der verendete Mörderwal Orky, der beinahe tote Jake Harp, brennende Planierraupen, getürkte Schlangeninvasionen – eine unwiderstehliche Bündelung von Gewalt, Chaos und Tod!
    Charles Chelsea begriff, daß die Meldungen, die schon bald über das Wunderland der Abenteuer in Umlauf gesetzt würden, weder freundlich noch warm noch wohltuend sein würden. Sie wären eher düster und unheimlich und eisig. Sie würden von einer himmelschreienden Verletzung der öffentlichen Ordnung berichten, von einer Kultur in den letzten Todeszuckungen.
    Und das würde ganz gewiß eine abschreckende Wirkung auf den Tourismus haben.
    Na ja, dachte Chelsea, ich habe mein Bestes gegeben.
    Er tauchte in seinen Kühlschrank ein und förderte eine weiche Semmel zutage und begann sie gedankenlos zu mampfen. Als er an der Tür ein Klopfen vernahm, glaubte er, daß der krankhaft ungeduldige Kingsbury ihn mit einem Wagen abholen ließ.
    »Einen Moment!« rief Chelsea und zog einen Bademantel an.
    Als er die Tür öffnete, sah er vor sich das unveränderliche, schnurrhaarige Grinsen von Robbie Raccoon.
    Der in seiner dreifingrigen Polyesterpfote eine Pistole hielt.
    Die auf Charles Chelseas Kehle zielte.
    »Was soll das?« krächzte der Pressemann.
    »Die Show beginnt«, sagte Joe Winder.

32
    Die Luft im Waschbärkostüm war muffig und abgestanden, doch sie roch beruhigend nach Carries Haar und Parfum. Durch Schlitze in den Wangen konnte Joe Winder die Prozession sehen: Bud Schwartz, Danny Pogue und der gefangene Charles Chelsea, die durch das Tor des Wunderlands der Abenteuer traten.
    Um Robbie Raccoons typische Gesten und Aktionen nachzuahmen, machte Winder schwerfällige übertriebene Schritte (wie Carrie es ihm gezeigt hatte) und ließ ausgelassen seinen buschigen Schweif kreisen. Draußen entluden die Schienenbahnen Scharen von vergnügungssüchtigen Touristen – Kinder, die wild auf die noch verriegelten Drehkreuze zustürmten; Frauen, die tapfer ihre Säuglinge und Designer-Babytragen schleppten; Männer mit Camcordern auf den Schultern, die sie auf alles richteten, was sich bewegte. Bunte Luftballons zierten jeden Lampenmast, jeden Strauch, jede Bude; Broadwaymelodien dröhnten aus den blechernen Boxen der Lautsprecheranlage. Pantomimen und Jongleure und Musikanten übten noch an den Ecken der Parkwege und -straßen, während mißgelaunte Wartungstrupps Zigarettenkippen, Eiskremstiele und Kaugummipapier vom Pflaster aufsammelten. Ein Cowboy aus der Wild Bill Hiccup Show testete seinen Sechsschüsser, indem er Platzpatronen auf Petey Possums zerzaustes Hinterteil abfeuerte.
    »Showbusineß«, sagte Joe Winder, »ist mein Leben.« Die Worte hallten in dem aus Gips geformten Tierschädel wider.
    Wenn das Kostüm ein wesentliches Manko aufwies (abgesehen von der nicht funktionierenden Klimaanlage), dann war es der winzige

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