Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition)
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
wie Kinder. Wir sind alle wieder unschuldig, Joe, und wo die Unschuld regiert, hat Zynismus nichts zu suchen. Nicht hier im Wunderland der Abenteuer.«
    Joe Winder sagte: »Wegen Ihnen habe ich wieder diese Scheißkopfschmerzen. Hoffentlich sind Sie jetzt zufrieden.«
    Charles Chelsea richtete sich auf und versuchte Autorität zu verströmen. »Dies ist ein ernster Vorfall für uns, Joey. Auf unserem Gelände hat ein Raub stattgefunden. Verbrecher sind in den Vergnügungspark eingedrungen. Mr. X paßt genau auf, wie wir das regeln. Wir alle, Joe, die ganze Presseabteilung, sind in ständiger Alarmbereitschaft, bis die Sache ausgestanden ist. Wenn wir einen Fehler machen, dann wird daraus eine Horrorstory über Verbrechen im Wunderland. Wenn wir die Sache umdrehen können, dann wird daraus eine Geschichte über ein Verbrechen gegen die NATUR. NATUR in Großbuchstaben. Die Vernichtung einer ganzen Rasse. Wo ist Ihr Notizblock?«
    »Unten, auf meinem Schreibtisch.«
    »Hören Sie gut zu, Sie sind mein As im Ärmel. Was man mir vor den Latz knallt, gebe ich sofort an Sie weiter.«
    Joe Winders Kopf schmerzte so sehr, daß er glaubte, seine Augen würden jeden Moment platzen. Er wollte gar nicht Chelseas As im Ärmel sein.
    Chelsea sagte: »Und, Joe, wo wir gerade bei diesem Thema sind, was habe ich Ihnen über die Haare gesagt? Keine Zöpfchen.«
    »Aber das ist doch der letzte Schrei«, sagte Winder.
    »Lassen Sie sie abschneiden, ehe Kingsbury Sie so sieht. Bitte, Joe, Sie sehen aus wie der Alptraum von einem Apachen.«
    »Nett gesagt, Charlie.«
    »Setzen Sie sich«, sagte Chelsea, »und spitzen Sie Ohren und Bleistift.«
    »Ich würde ja gerne genauso schick aussehen wie Sie, aber Sie haben ja sämtliche Oxfordhemden in Miami aufgekauft. Entweder das, oder Sie tragen jeden Tag dasselbe.«
    Chelsea hörte gar nicht zu. »Ehe wir anfangen, gibt es noch einige Punkte, die Sie wissen müssen.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Ihre Namen.«
    »Wessen Namen?«
    »Von den Wühlmäusen«, sagte Charles Chelsea. »Vance und Violet – zwei hilflose, liebenswerte, kuschelige kleine Pelzkugeln. Füreinander bestimmt, auf ewig treu. Die letzten ihrer Rasse, Joey.«
    Mit ernstem Gesicht wiederholte Winder die Namen der verschwundenen Tiere. »Vance und Violet Wühlmaus. Das klingt allerliebst.« Er sah auf seine Uhr und stellte fest, daß es schon halb sechs war. »Charlie«, sagte er, »Sie haben nicht zufälligerweise Kopfschmerztabletten?«
    Chelsea sagte: »Ich fände es gut, wenn Sie alles aufschreiben würden.«
    »Wofür das denn, zum Teufel?«
    »Für die Story. Die Story, wie Francis X. Kingsbury alles in seiner Macht Stehende versucht hat, die blauzüngige Mangowühlmaus vor dem Aussterben zu bewahren.«
    »Nur damit sie schließlich das Opfer gemeiner Räuber wurden?«
    »Sie haben es erfaßt«, sagte Charles Chelsea. »Machen Sie Überstunden, wenn nötig, und nehmen Sie dafür nächste Woche einen Tag frei – ich brauche bis morgen früh tausend Worte. Ich habe Corporate eine Pressemappe versprochen.« Er stand auf und wartete darauf, daß Joe Winder das gleiche tat. »Gehen Sie zu Koocher und besorgen Sie sich weitere Daten über die abgängigen Tiere. Er hat außerdem jede Menge Fotos, falls Sie eine Inspiration brauchen. Übrigens, haben Sie sie überhaupt schon mal gesehen?«
    Winder kam sich seltsam losgelöst vor. »Die Wühlmäuse? Nein, nicht persönlich«, sagte er. »Ich wußte noch nicht einmal, daß sie richtige Namen hatten.«
    »Jetzt haben sie welche.«
    An der Tür zwinkerte Charles Chelsea und schüttelte Joe Winders Hand. »Wissen Sie, Joe, einige Leute im Betrieb waren nicht gerade begeistert, als wir Sie an Bord holten. Ich meine, nach dem, was oben in Disney World passiert war.«
    Winder nickte höflich. Chelseas Hand fühlte sich feucht und leblos an, wie ein Stück Schellfisch.
    »Aber, bei Gott, ich wußte, daß Sie sich machen würden. Die Rede heute, Joey, war ein Meisterstück, geradezu klassisch.«
    »Klassisch, aha.«
    Charles Chelsea boxte ihm gegen den Oberarm und öffnete die Tür.
    »Wie wär’s mit einer Belohnung?« fragte Winder. »Soll ich in der Pressemeldung bringen, wir setzen eine Belohnung aus?«
    Während er darüber nachdachte, massierte Chelsea sich beinahe die Sonnenbräune vom Kinn. »Das könnte eigentlich nicht schaden«, sagte er schließlich. »Was meinen Sie?«
    »Für zwei Ratten? Zehn Riesen ist ganz gut.«
    »Wühlmäuse, Joe. Sprechen Sie niemals von Ratten. Und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher