002 - Die Angst erwacht im Todesschloss
Der Lichtstrahl der Taschenlampe lag zitternd wie ein großer Geisterfinger
auf dem rauen, feuchten Gewölbe. Der Mann hielt den Atem an. Lauschend reckte
er den Kopf, als erwarte er bestimmte Geräusche. Doch alles rundum war still.
Totenstill ... Sie waren also nicht da. Das war gut so. Nun würde er allein
endlich erfahren, was er wissen wollte.
Der finstere Gewölbegang machte einen Knick nach rechts. Eine schwere,
massive Holztür kam in Sicht, Eisenbeschläge sicherten sie zusätzlich.
Der Mann hatte einen Nachschlüssel. Mit ihm ließ sich das Schloss
problemlos öffnen. Hinter der Tür dehnte sich ein großer, ovaler Raum. Deutlich
waren die massiven Wände des Schlossfundamentes zu erkennen. Der geheimnisvolle
Eindringling hielt einen Augenblick in der Bewegung inne, um sich zu
orientieren. Er wollte sicher sein, dass sich niemand außer ihm in dem Gewölbe
aufhielt.
Weder der Duke of Huntingdon noch ein Angehöriger seiner Familie und erst
recht nicht jemand aus dem Kreis, dem er selbst angehörte ...
Er wollte die überlisten, mit denen er eigentlich gemeinsame Sache hatte
machen wollen.
Sie würden sich wundern!
Doch dazu kam es nicht ... Der Schatten tauchte plötzlich wie ein Blitz aus
dem Boden neben ihm auf.
Der Fremde warf den Kopf herum. Im nächsten Moment wurde er von vier Händen
gleichzeitig gepackt und nach vorn gerissen, ehe er auch nur die geringste
Gegenwehr starten konnte.
Die Taschenlampe fiel zu Boden, schepperte über das kahle Gestein und senkte
ihren Strahl gegen einen hölzernen Richtblock, der in der Ecke stand. Er war
uralt und von zahllosen Kerben bedeckt.
»Was wollt ihr von mir?«, brach es aus dem Mann heraus. »Lasst mich los!«
Seine Stimme überschlug sich.
Doch durch die massiven Wände des unterirdischen Gewölbes drang kein Schrei
nach außen.
Die Gestalten, die ihn festhielten, trugen lange, dunkle Kutten und hatten
Kapuzen über ihre Gesichter gestülpt. Diese Masken waren mit Augenschlitzen
versehen. Es waren die einzigen Öffnungen.
Alles geschah so schnell, dass der Eindringling überhaupt nicht verstand,
worum es ging. Und als er es begriff, war es schon zu spät.
Sie schleiften ihn zum Richtblock.
Er konnte überhaupt nichts gegen seine geheimnisvollen Widersacher
unternehmen.
Ehe er es sich versah, lag er auf dem Holz, und schon zurrten sie ihm die
Hände und Füße in lederne Schlaufen, so dass er nicht mehr in der Lage war,
sich zu bewegen.
Rechts neben ihm stand der Henker. Er hielt in seiner Hand ein großes Beil.
Das Mittelalter schien in diesem düsteren Gewölbe neu erwacht zu sein.
»Lasst mich los! Lasst mich frei ...«
»Nein!«, sagte die Stimme eines Vermummten links hinter ihm. »Du wirst
hingerichtet, weil du ein Verräter bist!«
»Wie kommst du denn darauf?« rief der auf dem Block Gefesselte mit spröder
Stimme.
»Du wolltest auf eigene Faust deine Schäfchen ins Trockene bringen. Du
kennst unseren Kodex. Du hast dich nicht daran gehalten. Also – musst du
sterben!«
Die Stimme des Mannes hinter der spitzen Kapuze hörte sich dumpf und grausam
an.
Er gab ein Handzeichen.
Der Henker sah es und handelte. Der auf dem Richtblock Liegende kam nicht
mehr dazu, sich zu erklären.
Die vier Versammelten machten kurzen Prozess.
Das Henkersbeil sauste herab und trennte mit einem einzigen Schlag den Kopf
vom Rumpf des Verurteilten ...
●
Tausende von Meilen entfernt spielte sich eine ähnliche Szene ab. Und doch
war vieles ganz anders ...
Die Stimme war eiskalt. Jedes Wort ritzte wie ein Messer die Haut.
»Ihr Name ist Larry Brent. Sie gehören der PSA an. Sie sind in New York zu
Hause ...«
Larry saß auf einem harten Stuhl inmitten des kahlen, düsteren und
schmucklosen Raumes. Vor ihm stand wie ein breiter, wuchtiger Altar das Pult,
hinter dem drei Richter saßen. Sie hatten dunkle Kapuzen übergestülpt. Dadurch
konnte er ihre Gesichtszüge nicht erkennen. Das Kerzenlicht flackerte, und der
schwache rötliche Schein riss die schemenhaften Umrisse der vermummten
Gestalten aus dem Dunkeln.
Bis vor wenigen Minuten war Larry Brent noch der Meinung gewesen, alles sei
nur ein böser Traum. Spätestens jedoch, als man ihn mit Gewalt auf den Stuhl
zerrte und dünne Nylonschnüre, mit denen man ihm Hände und Füße band, ins
Fleisch schnitten, war ihm klar, dass dies alles andere als ein Alptraum war.
Es war die Wirklichkeit ...
Man versuchte, ihn einem geheimnisvollen Verhör zu unterziehen. Seine
rätselhaften Gegner
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