Grounded (German Edition)
meine Schwester steht jetzt übrigens fest“, sagte Nathalie, um das Thema auf etwas Erfreulicheres zu lenken.
Unsere Mutter war vor vier Jahren an einer Lebensmittelvergiftung gestorben, nachdem sie tagelang mit Fieber und schlimmen Krämpfen im Krankenhaus gelegen hatte. Wir sprachen nicht viel davon, aber Dad war seitdem sehr empfindlich, was Essen anging und achtete, wann immer wir gemeinsam aßen, genauestens darauf, was wir zu uns nahmen und in welchem Zustand sich das Essen befand. Zutaten, Haltbarkeitsdatum, Geruch, Konsistenz; alles wurde von ihm akribisch überprüft. Dass er mich und Ell damit beinahe zur Weißglut trieb, interessierte ihn nicht weiter.
„Wann ist es denn soweit?“
„Nächsten Monat. Meine Mutter ist so aufgeregt, ich glaube, bis zur Hochzeit macht sie kein Auge zu.“
„Ich bring Conny nächstes Mal eine Packung Baldrian-Tee mit, hilft ganz gut, wenn man so aufgeregt ist. Jule schwört auf das Zeug.“
„Sag mal, feiern die beiden eigentlich auch Junggesellenabschied? Und Polterabend und solchen Kram?“, wollte Ell wissen.
„Auf jeden Fall, das ganze Programm. Die la ssen kein Klischee aus.“
„Wenn ich mal heirate, verzichte ich auf diesen Schnickschnack, mal ehrlich. Junggesellinnenabschiede sind so was von peinlich, dieses Gegacker und die blöden T-Shirts und Verkleidungen! Ich finde das zum Kotzen. Man muss sich doch den Abend vor seiner Hochzeit nicht in der gesamten Gegend lächerlich machen.“
„Es zwingt dich ja keiner. Naja, es sei denn, deine Freundinnen sind da total versessen drauf.“
„Mir doch egal. Sollen die sich selber zum Klops machen, ohne mich. Junggesellenabschied ist so ein Scheiß, wirklich.“
„Na, vielleicht will dein Freund aber so einen Abend haben.“
„Soll er. Mir egal. Aber ohne Stripperinnen! Wenn er sich mit irgendeiner Stripperin vergnügt, dann kann er das mit der Heirat vergessen, so was ist doch einfach nur widerlich. Wenn man in der Gegend rumgrabbeln will, braucht man nicht zu heiraten, so einfach.“
„Du hast dir ja schon sehr genaue Gedanken gemacht“, sagte Dad grinsend. „Gibt es denn bereits einen möglichen Bräutigam?“
„Boah, Papa! So was fragt man nicht“, maulte Ell und schob sich zur Tarnung ihres Unwohlseins eine Ladung Cornflakes in den Mund.
„Was denn? Ich werde mich doch wohl noch für das Leben meiner Tochter interessieren dürfen.“
„Wenn es jemanden gäbe, würde ich ihn dir vorstellen, okay?“ Ell rollte mit den Augen und blickte dann finster in ihre Kaffeetasse. Dad meinte es nicht böse, aber er hatte ein Talent dafür, Ell immer wieder genau an ihren wunden Punkten zu treffen. Sie datete fleißig Mitschüler oder Typen, die sie bei ihren fragwürdigen Singlebörsen kennenlernte, so war es nicht, aber richtiges Glück hatte sie dabei bisher nicht gehabt. Vielmehr stolperte sie von einer skurrilen Real-Satire in die nächste. Prinzipiell ließ sie sich davon nicht die Laune verderben, frei nach dem Motto: Neuer Tag, neues Glück. Dennoch war ihr anzumerken, dass die permanenten Pleiten ihr hin und wieder doch aufs Gemüt schlugen. Zu Recht. Die Freak-Shows, von denen sie teilweise berichtete, würden auf Dauer vermutlich auch die abgebrühteste Person aus den Latschen hauen.
„Anna entwirft gerade die Einladungsschreiben. Wie siehts denn bei euch aus? Habt ihr alle am zwölften Zeit?“
„Ich bin dabei, hab ich dir ja schon gesagt. Vielleicht kann ich mir frei nehmen, mal sehen, muss ich mal mit dem Chef abkaspern, aber sollte an sich kein Problem sein.“
Dad starrte an die Wand und überlegte kurz, dann schlug er die Hand vor den Mund. „Oh oh. Das ist genau in der Zeit, wo ich und Elena im Urlaub sind.“
„Nein! Wie schade. Das hatte ich befürchtet.“
„Man kann nicht alles haben. Dad und ich gucken uns hinterher einfach die Videos und Fotos an, das ist nicht schlimm“, winkte Elena ab. „Außerdem ist es am Strand im Sonnenschein eh unschlagbar toller.“
„Aber die Hochzeit wird sicher auch sehr schön.“
„Papa, niemand zwingt dich, mit mir wegzufahren“, fauchte Ell beleidigt.
„Nein, nein. Schon gut. Sonne, Meer und Strand – uns wird es hervorragend gehen“, beschwichtigte Dad.
„Na siehst du. Wir schicken Anna und Jan ne Karte und ihr bestellt einfach schöne Grüße und so. Das passt schon.“ Mit diesen Worten stand meine Schwester auf, räumte gewissenhaft ihr Geschirr beiseite und verabschiedete sich in ihr Zimmer. Falls sie sich später nicht
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