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Grrrimm (German Edition)

Grrrimm (German Edition)

Titel: Grrrimm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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nach frischen Leichen durchwühlt, würden sie das garantiert nicht lustig finden. Und hierherreisen würden sie auch nicht mehr.
    Anfangs waren meine Mutter und meine Geschwister dagegen, dass ich den Wolfhund behielt. Ich wollte ihn ja selbst nicht haben, aber Großmutter bestand darauf, und vor Großmutter hatten wir alle Respekt. Dann kriegten meine Geschwister heraus, dass sie bloß etwas Gemeines zu mir zu sagen brauchten, um Rocky dazu zu bringen, in meine Füße zu beißen. Nun gefiel ihnen der Hund, und sie quälten mich noch öfter, als sie es vorher schon getan hatten, und wenn Rocky sich dann auf mich stürzte, konnten sie gar nicht aufhören zu lachen. Meistens fing Petronella an und sagte etwas über meine Kappe, und dann sagten Luzie oder Enna etwas darüber, was für einen hübschen Verehrer ich hätte, und dann sagte einer meiner Brüder, was für ein Glück es sei, dass Stepan diesen Unfall gehabt hätte, sonst hätte er sich sicherlich ein hübscheres Mädchen ausgesucht und sie wären mich nie losgeworden. Rocky kam manchmal kaum noch zu Atem, so oft musste er sich immer wieder auf meine Füße stürzen. Ich trug die dick gefütterten Moonboots inzwischen auch im Haus.
    »Die wirst du mir ersetzen müssen, die sind ja schon völlig zerfleddert«, sagte meine Mutter und wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
    »Komisch«, sagte Großmutter, die jetzt zweimal die Woche nach Vifor kam, um die Gräber von Vater und Istvan Brani zu kontrollieren, »bei mir macht er so etwas nie.«
    Ich rief die dicke Frau vom Tierschutzverein an, die ihn mir gegeben hatte, aber sie sagte bloß, ich solle Rocky eine Schleppleine anhängen, und jedes Mal, wenn er mich anfiele, sollte ich ihm damit einen Ruck geben. Außerdem würde er mich ja gar nicht richtig beißen, sondern nur so schnappen. Da müsste ich mit Souveränität drüber hinweggehen, dann würde das irgendwann von selber aufhören. Aber es war praktisch unmöglich, Rocky an der Schleppleine zu packen, wenn er mit gefletschten Zähnen auf mich zusprang. Als ich die dicke Frau einige Tage später noch einmal anrief, sagte sie, jetzt wäre der Hund sowieso nicht mehr weiterzuvermitteln, weil ich ihn falsch konditioniert und dadurch versaut hätte. Und danach ging sie nicht mehr ans Telefon.
    »Wir sollten ihn an einer Autobahnraststätte anbinden«, sagte Stepan. Ich wusste nicht, ob er das ernst meinte. Seit seinem Unfall war er irgendwie merkwürdig. Er war viel mutiger und selbstbewusster geworden, und ich fand ihn trotz seiner Narben und der Augenklappe ziemlich gutaussehend, aber er wirkte auch immer ein wenig abwesend. Selbst wenn er mich um einen Kuss bat, schien es ihm ganz gleich zu sein, wenn er den Kuss dann nicht bekam. Trotzdem war er immer noch mein bester Freund, und solange er bei mir war, wagten meine Geschwister nicht, mich zu ärgern, seit er deswegen einmal Jaromir verprügelt hatte. Wenn er dann wieder fort war, trieben sie es dafür umso ärger.
    Irgendwann konnte ich es einfach nicht mehr aushalten. Es war vermutlich gar nicht so besonders schlimm, was Petronella zu mir gesagt hatte – irgendetwas wegen der roten Kappe, ich kann mich nicht einmal mehr erinnern –, aber ich sehe noch genau vor mir, wie sie grinste und sich Beifall heischend nach meinen Geschwistern umsah und wie meine Geschwister freudig gespannt auf Rocky schauten und wie Rocky von dem Napf, den ich ihm gerade gefüllt hatte, aufsah und sich duckte, um sich mal wieder auf meine Füße zu stürzen. Und plötzlich trat ich einen Schritt vor, direkt auf Rocky zu, der völlig überrascht zurückwich, und schlug Petronella ins Gesicht. Und weil es sich so gut anfühlte, das zu tun, schlug ich sie gleich noch einmal und noch einmal, rechts, links, rechts, klatsch, klatsch, klatsch. Sie heulte empört auf, und in diesem Moment stürzte sich Rocky auf Petronella und schnappte nach ihren Füßen. Und weil Petronella bloß Socken trug, tat das wohl ziemlich weh, denn sie schrie ganz erbärmlich. Ich ließ den Arm wieder sinken. Meine Geschwister starrten mich finster an.
    »Was fällt dir ein«, rief mein Bruder Jaromir, »bist du nicht ganz dicht?« Er kam auf mich zu, aber Rocky stellte sich dazwischen, zog die Lefzen bis zum Anschlag hoch und ließ sein fiesestes Knurren hören: »Grrrimm!«
    Jaromir erstarrte.
    »Na komm doch her«, sagte ich, »du kannst dir auch gleich noch ein paar fangen.«
    Mir wurde ein bisschen schwindlig, als ich das sagte. Ich hatte so etwas

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