Grün war die Hoffnung
das sich ausdrückt. Ich bin von vielen Dingen sehr überzeugt, aber ins Predigen zu verfallen wäre tödlich für die Kunst. Was gute Kunst allerdings vermag, ist, dich in denselben Raum zu führen, den der Künstler betreten hat, und dich zum Nachdenken anzuregen. Und wie die meisten Schriftsteller heutzutage schreibe ich manchmal über gesellschaftlich relevante Themen, wie über die Umwelt in Wenn das Schlachten vorbei ist, oder über illegale Einwanderung in América . Natürlich gibt es in letztgenanntem Buch auch einen Subtext: Wer ist der Feind der Umwelt? Die Menschen. Zumindest in den USA sind Umweltschützer im Allgemeinen politisch eher liberal eingestellt – außer, wenn es um Einwanderung geht, legal oder illegal. Denn wer wird die Umwelt zerstören? Mehr Menschen. Das sind alles Probleme, die ich thematisiere, aber natürlich unterbreite ich keine Lösungsvorschläge. Ich eröffne lediglich die Debatte und weite sie möglicherweise aus und mache sie etwas menschlicher, indem ich die Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln zeige und veranschauliche, wie komplex sie sind.
TH: Wäre es für Sie in Ordnung, wenn Sie mit Ihrem Roman Ein Freund der Erde jemanden dazu inspirierten, aktiv zu werden und Dinge in Brand zu stecken, so wie Ihr Protagonist Ty Tierwater es beispielsweise mit Rodungsmaschinen vormacht?
TCB: Wenn ich Leute dazu anregen sollte, umweltbewusster zu sein und entsprechend zu handeln, wunderbar. Doch ich befürchte eher, dass ein Buch wie Ein Freund der Erde sie so sehr deprimieren wird, dass sie denken, was soll’s, es geht ja sowieso alles den Bach runter. Warum also nicht den einen Liter Benzin mehr verfahren, Müll im Wald entsorgen und dann noch hier und da ein wenig dem Kannibalismus frönen? Das ist auch eine Gefahr bei solch einem Buch. – Wissen Sie, die Leute fordern: Rettet die Erde. Damit meinen sie, bewahrt die Umwelt, die es uns ermöglicht, zu gedeihen. Aber offenbar machen wir unsere Sache nicht besonders gut. Wir in den wohlhabenden Gesellschaften haben zu viel. Und gleichzeitig hat in diesem Augenblick ein Drittel der Weltbevölkerung nicht genug zu essen und verhungert. Ich denke, es ist eben diese Verkettung von Irrsinn, die uns vor die Hunde gehen lassen wird. Und ein Drittel der Welt geht bereits vor die Hunde! Das sind die Dinge, die mir Sorge bereiten und über die ich nachdenke, indem ich Geschichten schreibe und überlege, was das alles bedeutet.
RB: Sie haben gesagt, für einen Romanschriftsteller besteht die Gefahr, zu moralisieren oder zu belehren. Haben Sie je darüber nachgedacht, ein Sachbuch zu schreiben?
TCB: Nein, Sachbücher oder Essays habe ich nie in Erwägung gezogen. Ich habe schon vor langer Zeit erkannt, dass ich einfach Künstler bin. Ich handle intuitiv und möchte lieber diese Seite an mir ausleben als die analytische. Dennoch bin ich über verschiedenste Dinge informiert und muss es sein, um schreiben zu können. In Wenn das Schlachten vorbei ist geht es beispielsweise um Inselbiogeographie. Eine Insel ist ein geschlossenes Ökosystem, genau wie die Erde. Wenn man dem Ökosystem etwas hinzufügt oder etwas wegnimmt, hat das unvorhersehbare Folgen. Die Geschichten in Wenn das Schlachten vorbei ist haben sich tatsächlich in den letzten zehn Jahren so im Channel-Islands-Nationalpark, auf den Inseln Anacapa und Santa Cruz vor der kalifornischen Küste abgespielt. Dieses Herumspielen mit den dortigen Lebewesen durch Ökologen und Naturschützer – wer entscheidet darüber, was dorthin gehört und was nicht? Renaturierung, die Wiederherstellung naturnaher Lebensräume, – was nimmt man hier als den natürlichen Zustand an? Den Moment, bevor Menschen auf die Insel kamen? Und warum? Nehmen wir die Ratten der Insel Anacapa. Sie gelangten vor 150 Jahren mit dem Schaufelraddampfer Winfield Scott dorthin. Die Winfield Scott war von San Francisco aus unterwegs zur Ostküste, über Kap Hoorn – den Panamakanal gab es damals noch nicht –, als sie vor Anacapa auf Grund lief. Die Passagiere konnten alle gerettet werden, und die Hausratten, die auf jedem Schiff leben, gelangten auf die Insel. Sie vermehrten sich untereinander und lebten dort die nächsten 150 Jahre. Dann aber wurde auf den Channel Islands ein Nationalpark eingerichtet und es wurde beschlossen, die Ratten zu beseitigen, da es auf der Insel bodenbrütende Vögel gibt, eine Art, die dort in Ermangelung natürlicher Feinde entstanden war. 150 Jahre lang hatten die Ratten diese Vögel
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