Grüne Tomaten: Roman (German Edition)
ich!‹
›Sicher nicht, Baby!‹, entgegnete Poppa. ›Du wirst die schönste Braut von ganz Alabama sein.‹ Er hatte einen großen Schnauzbart, und der zuckte, als er uns anschaute und fragte: ›Ich hab’ doch recht, Kinder?‹ Wir stimmten ihm alle zu und taten unser Bestes, damit sie sich wieder besser fühlte und den Mund hielt. Alle außer Buddy, der einfach nur dasaß und kicherte. Idgie war sein Liebling, und er fand alles, was sie trieb, ganz großartig.
Leona aß ihren Kuchen auf, und als sie schon glaubte, sie hätte sich beruhigt, schrie sie so laut, dass unsere Sipsey in der Küche was fallen ließ. ›O Poppa, was wird passieren, wenn einer von uns stirbt?‹
Ein komischer Gedanke, nicht wahr?
Wir alle schauten Momma an, die ihre Gabel auf den Tisch legte. ›Kinder, eure Schwester wird gewiss Zugeständnisse machen und ein anständiges Kleid tragen, wenn es der Anlass erfordert. Sie ist zwar eigensinnig, aber nicht unvernünftig.‹
Ein paar Wochen später hörte ich, wie Momma mit Ida Simms sprach, der Schneiderin, die sie für die Hochzeit engagiert hatte. Sie erklärte, sie brauche für Idgie einen grünen Samtanzug mit Fliege.
Ida schaute Momma ganz komisch an. ›Einen Anzug?‹
›Ich weiß, ich weiß, Ida‹, erwiderte Momma, ›und ich habe wirklich versucht, ihr klarzumachen, dass sie ein festliches Kleidchen tragen müsste. Aber dieses Kind hat nun mal seinen eigenen Willen.‹
Ja, den hatte Idgie, bereits in diesem Alter. Sie wollte ebenso wie Buddy sein. Oh, was diese beiden alles anstellten!« Die alte Dame lachte. »Einmal hatte sie einen Waschbär namens Cookie, und ich schaute stundenlang zu, wie er Cracker wusch. Sie hatten eine Schüssel mit Wasser in den Hinterhof gestellt, gaben ihm Cracker, und er wusch einen nach dem anderen und wusste nicht, wohin die Dinger verschwanden. Immer wieder starrte er verblüfft auf seine leeren kleinen Pfoten. Nie fand er heraus, was mit seinen Crackern geschah. Einen Großteil seines Lebens verbrachte er damit, Cracker zu waschen, auch Kekse, aber das war nicht so komisch. Einmal wusch er auch eine Eiscremetüte …
Oh, ich höre lieber auf, an diesen Waschbär zu denken, sonst glauben die Leute noch, ich wäre so verrückt wie Mrs. Philbeam weiter unten am Flur. Gott steh ihr bei – sie bildet sich ein, sie wäre an Bord eines Liebesdampfers und auf dem Weg nach Alaska. Viele dieser armen Seelen hier draußen wissen nicht mehr, wer sie sind.«
Evelyns Mann Ed kam zur Tür des Salons und winkte ihr. Sie knüllte die Einwickelpapierchen von ihren Süßigkeiten zusammen und steckte sie in die Handtasche, dann stand sie auf. »Entschuldigen Sie mich, da ist mein Mann. Ich glaube, ich muss gehen.«
Überrascht hob Mrs. Threadgoode den Kopf. »Oh, wirklich?«
»Ja, er möchte aufbrechen. Ich gehe wohl besser.«
»War nett, mit Ihnen zu reden. Wie heißen Sie denn, Schätzchen?«
»Evelyn.«
»Kommen Sie doch mal wieder. Ich hab’ mich so gern mit Ihnen unterhalten. Auf Wiedersehen!«, rief sie Evelyn nach und wartete auf den nächsten Besuch.
T HE W EEMS W EEKLY
(W HISTLE S TOP , A LABAMA , W OCHENBLATT )
15. Oktober 1929
E IGENTUMSRECHTE BEZÜGLICH DES M ETEORITEN UNGEKLÄRT
Mrs. Vesta Adcock und ihr Sohn Earl jun. behaupteten, sie seien die rechtmäßigen Besitzer des Meteoriten. Da Mrs. Adcock das vom Meteoriten getroffene Haus an die Otises vermietet habe, handle es sich um ihr Haus und ihren Meteoriten.
Mr. Biddie Louise Otis wurde zu dieser Angelegenheit befragt und vertrat den Standpunkt, der Meteorit gehöre ihr, da er ihr Radio zertrümmert habe. Ihr Mann Roy, Bremser bei Southern Railroad, hatte zum fraglichen Zeitpunkt eine Nachtschicht absolviert und war nicht daheim gewesen. Aber er fand den Zwischenfall nicht ungewöhnlich; 1833 seien zehntausend Meteoriten in einer einzigen Nacht herabgestürzt. Diesmal sei es nur einer gewesen, also bestehe kein Grund, so ein Aufhebens zu machen.
Biddie erklärte, sie wolle ihn trotzdem als Souvenir behalten.
Übrigens, bilde ich mir das nur ein, oder werden die Zeiten wirklich schwieriger? Meine zweite Hälfte sagte, letzte Woche seien fünf neue Landstreicher im Café aufgetaucht, um was Essbares aufzutreiben.
Dot Weems
D AVENPORT , I OWA
L ANDSTREICHERCAMP
15. Oktober 1929
Fünf Männer kauerten um ein schwaches Feuer herum. Orangegelbe und schwarze Schatten tanzten auf ihren Gesichtern, während sie dünnen Kaffee aus Blechdosen tranken: Jim Smokey Phillips, Elmo Inky
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