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Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Grüne Tomaten: Roman (German Edition)

Titel: Grüne Tomaten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Flagg
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Williams, Bo Weevil Jake, Crackshot Sackett und Chattanooga Red Barker – fünf von den schätzungsweise zweihunderttausend Männern und Jungs, die in jenem Jahr das Land durchstreiften.
    Smokey Phillips blickte auf, sagte aber nichts, und die anderen sagten dasselbe. Sie waren müde und bedrückt, denn die kalte Nachtluft kündigte den Beginn eines neuen, bitteren, herzlosen Winters an. Smokey wusste, dass er bald mit den großen Gänsescharen nach Süden aufbrechen musste, wie er es schon seit vielen Jahren tat.
    Er war an einem eisigen Morgen geboren worden, hinten in den Smoky Mountains von Tennessee. Sein Daddy – ein Schwarzbrenner mit Knubbelknien, verliebt in sein eigenes Produkt – hatte den fatalen Fehler begangen, eine »anständige Frau« zu heiraten – ein einfaches Landmädchen, dessen Leben sich um die Pine Grove Free Will-Baptistenkirche drehte.
    Einen Großteil der Kindheit verbrachten Smokey und seine kleine Schwester Bernice auf harten Holzbänken, mit Gesängen und Fußwaschungen. Während der regelmäßigen Gottesdienste zählte seine Mutter zu jenen Frauen, die gelegentlich aufstanden und, völlig von Sinnen, irgendwas in einer fremden Sprache faselten. Während sie immer heftiger vom Heiligen Geist erfüllt wurde, ließ dessen Einfluss auf den Vater zusehends nach, und schließlich hörte er ganz auf, die Kirche zu besuchen. »Ich glaube an Gott«, erklärte er seinen Kindern, »aber ich denke, man muss sich nicht verrückt machen, um das zu beweisen.«
    Im Frühling, als Smokey acht Jahre alt wurde, spitzte sich die Lage zu. Die Mutter behauptete, der Herr habe ihr gesagt, ihr Mann sei böse und vom Teufel besessen. Deshalb habe sie ihn beim Finanzamt verpfiffen.
    Smokey erinnerte sich noch gut an den Tag, wo man seinen Daddy aus der Brennerei geholt und ein Schießeisen auf seinen Rücken gerichtet hatte. Als er an seiner Frau vorbeiging, starrte er sie verdutzt an und fragte: »Weißt du, was du getan hast? Du hast dich selber ums tägliche Brot gebracht.«
    Damals sah Smokey ihn zum letzten Mal.
    Nachdem man den Vater abgeführt hatte, drehte die Mutter erst richtig durch und ließ sich mit hinterwäldlerischen Sektierern ein, die besonderen Gefallen an Schlangen fanden. Eines Nachts heulten sie eine Stunde lang und schlugen auf die Bibel. Der Prediger mit den roten Backen und der wild zerzausten Haarmähne feuerte seine bloßfüßige Gemeinde zu wilder Ekstase an. Sie sangen und stampften umher, dann griff er plötzlich in einen Kartoffelsack und zog zwei riesige Klapperschlangen heraus. Die schwenkte er durch die Luft, ganz im Bann des Heiligen Geistes.
    Smokey saß ängstlich da und drückte die Hand seiner Schwester. Der Prediger tanzte herum und rief die Gläubigen auf, die Schlangen zu ergreifen und ihre Seelen im Geiste Abrahams zu reinigen. Da rannte die Mutter zu ihm, entriss ihm eine der Schlangen und starrte ihr ins Gesicht. Sie faselte irgendetwas in einer Fremdsprache, und dabei schaute sie unverwandt in die gelben Schlangenaugen. Alle in der Kirche begannen zu schwanken und zu stöhnen. Während sie mit der Schlange umherging, sanken die Leute zu Boden, zuckten und schrien, wälzten sich zwischen die Kirchenbänke und durch den Mittelgang. Alles tobte, während sie kreischte: »HOSSAÜ! HELAMNA … HESSAMIA …«
    Ehe Smokey merkte, was geschah, riss sich die kleine Bernice von ihm los, lief zu ihrer Mutter und zupfte an deren Rocksaum. »Momma, nicht …«
    Mit wild funkelnden Augen, völlig in Trance, blickte die Frau auf ihr Kind hinab, und im selben Moment griff die Schlange an und biss sie in die Wange. Benommen wandte sich die Mutter zu dem wütenden Tier, das wieder blitzschnell zuschnappte und diesmal die Halsschlagader traf. Die Mutter ließ die erboste Schlange fallen, die dumpf am Boden aufprallte und verächtlich den Mittelgang hinabkroch.
    Die Mutter schaute sich in der Kirche um, wo jetzt Grabesstille herrschte. Verblüfft blinzelte sie, dann wurden ihre Augen glasig. Langsam brach sie zusammen. Eine knappe Minute später war sie tot.
    Im selben Augenblick wurde Smokey von seinem Onkel zur Tür hinausgeführt. Bernice zog zu einer Nachbarin, der Junge blieb bei seinem Onkel. Als er dreizehn war, wanderte er die Bahngleise entlang ins Nirgendwo, um nie wieder zurückzukehren. Das einzige, was er mitnahm, war ein Foto von seiner Schwester und sich selbst. Das holte er manchmal hervor. Die verblichene Aufnahme zeigte zwei Kinder mit rosa kolorierten Lippen und

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