Grundlagen Kreatives Schreiben (German Edition)
dem Tode schon anheimgegeben." Somit ahnt er, dass der Protagonist nicht mehr lange zu leben hat. Wer „Tristan" nicht kennt, wird jedoch ohne groß zu stolpern über diesen Satz hinweggehen können. Dieser Hinweis gibt also Insidern einen Spannungsvorsprung und ermuntert zum Mitdenken.
Realität und Fiktion verknüpfen
Wenn man sehr fremde Welten kreiert, etwa im Fantasy- oder Science Fiction-Bereich, kann es besonders schwierig werden, das Interesse des Lesers an diesem fernen Geschehen zu wecken. Man kann den Leser „abholen", indem man der fremden fiktionalen Welt eine reale Basis unterlegt. Wenn sich Strukturen unserer Realität in der fiktionalen Welt zeigen, erleichtert das dem Leser sich darauf einzulassen und Stück für Stück kann man sich dann weiter von unserer Realität entfernen. Ein Beispiel dafür ist Harry Potter. Wie zwei Folien auf einem Overhead Projektor werden die Fantasywelt und das gewöhnliche Leben in einer britischen Boarding School übereinandergelegt.
Doch nicht nur Fantasy und Science Fiction erschaffen fremde Welten, auch Autoren anderer Genre müssen ihre Leser von der fiktionalen Wirklichkeit überzeugen. Dan Brown muss die Sakrileg-Leser dazu bringen, ominöse Theorien zu glauben. Dabei hilft es dem Autor, seine Handlung an berühmten „echten" Orten spielen zu lassen. Die Recherchehinweise zu Beginn sind keineswegs nur eine Danksagung sondern signalisieren eine Verknüpfung mit der Wissenschaft, die noch einmal durch den Hinweis einer Figur auf real existierende Bücher verstärkt wird. Auch hier wird eine reale Folie auf die fiktionale Folie gelegt.
Das alles können nur erste Hinweise sein, wie es gelingen kann, die Leser in die G eschichte hineinzuziehen.
Die passende Erzählperspektive auswählen
Die Perspektive ist ein Filter, durch den man die Geschichte, die man auf unendliche viele verschiedene Weisen erzählen könnte, dem Leser präsentiert. Für welche Perspektive sich der Autor entscheidet, hat also einen immensen Einfluss auf den Text. Doch wie entscheidet man, welche Erzählperspektive für den entstehenden Text die beste ist? Zu experimentieren ist immer ein guter Weg, einfach ein Stück Text von einem anderen Erzähler präsentieren zu lassen, kann zu wahren Erleuchtungen führen.
Um besser abschätzen zu können, welche Perspektive zu welchen Auswirkungen auf den Text führt, folgt hier ein grober Überblick:
Die auktoriale Erzählperspektive
Der auktoriale oder allwissende Erzähler schwebt gewissermaßen über dem Geschehen. Er kennt die Vergangenheit und die Zukunft aller Figuren, weiß über ihre Gedanken und Handlungen Bescheid und kann beliebig den Ort des Geschehens wechseln. Dieser Erzähler besitzt eine relativ große Distanz zu den Figuren und auch zu den Lesern, das Herumspringen von Figurengruppe zu Figurengruppe kann eventuell auch verwirren, doch der auktoriale Erzähler ist besonders dann die richtige Wahl, wenn sich die Geschichte über einen langen Zeitraum erstreckt, wenn eine komplexe Handlung mit vielen Figuren erzählt wird und wenn die Handlung im Zentrum der Geschichte steht und nicht die Persönlichkeit einer Figur.
Die personale Erzählperspektive
Bei der personalen Erzählperspektive wird die Geschichte aus der Perspektive einer Figur erzählt. Man nennt sie dann den Perspektivträger, sie ist die Kamera, mit der die Geschichte aufgenommen wird. Der Erzähler schaut dieser Figur über die Schulter und berichtet, was sie sieht, erfährt, hört, und auch was sie fühlt und denkt. Allen anderen Figuren kann der Erzähler nur vor den Kopf schauen und man darf auch nichts mitteilen, was der Erzähler gar nicht wissen kann. Mittels der personalen Erzählperspektive verfügen die Leser und die Figur über die gleichen Informationen, die Leser machen die gleichen Erfahrungen und das führt zu Nähe zwischen Leser und Figur. Gut geeignet ist diese Perspektive für eine Geschichte mit einem linearen Handlungsverlauf mit wenigen Nebenhandlungen und einer klaren Hauptfigur. Beim Perspektivträger muss es sich nicht um die Hauptfigur handeln, die Figur muss aber zwingend Zugang zu allen wichtigen Handlungen haben. Auch diese Perspektive ist gut geeignet, wenn die äußeren Geschehnisse wichtiger sind als die inneren.
Der Ich-Erzähler
Der Ich-Erzähler ist eine Figur, die an der Geschichte teilnimmt und sie in der Vergangenheitsform oder in der Gegenwart erzählt. Sie kann als Haupt- oder
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